Staatliche Haupttendenz: nationale Findung

Nation definiert Rahmen der Öffentlichkeit

Nationalismus war ideologisch nicht eindeutig bestimmbar – er konnte von Liberalen und Konservativen vertreten werden – und auch inhaltlich diffus.

Der Nationalismus basierte auf der Idee, dass die Menschheit aus Nationen besteht, d.h. aus Gruppen von Menschen mit gemeinsamer Sprache und Kultur und dem Gefühl gemeinsamer Bestimmung oder schicksalhafter Verbundenheit.

(Altena/van Lente 2009, S. 153)

Sein diffuser Charakter beruhte darauf, dass solche „Gruppen (…) nicht leicht auszumachen oder abzugrenzen (sind). Häufig existierten sie nur in den Köpfen Intellektueller. Die Mehrheit der europäischen Bevölkerung, die Bauern, sprach nur einen lokalen Dialekt. Für sie waren die Bewohner des nächsten Dorfs oftmals schon Fremde.“ (Altena/van Lente 2009, S. 153)

Welches nationale Konzept verfolgt wurde, musste den Rahmen bestimmen, in dem Gültigkeit einer bestimmten Medienpolitik zu beanspruchen und Adressaten sowie Themen einer bestimmten amtlichen Öffentlichkeitsarbeit zu definieren waren.1 Da in Preußen traditionell Kommunikation stark in ihrer Funktionalität einerseits für Außen- und andererseits für Innenpolitik betrachtet und dies dabei auch unterschieden wurde, musste das Verständnis von Öffentlichkeit und ihren Grenzen zwangsläufig von der weiteren Entwicklung des Nationalgedankens abhängen.

Streben nach nationaler Findung: noch breites Spektrum nationaler Ideen

Abb.: Zug zum Hambacher Fest. Teilkolorierte Federzeichnung von 1832 (Erhard Joseph Brenzinger). Die Flaggen zeigen die damals so gewählten deutschen Landesfarben Gold-Rot-Schwarz. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Der Nationalismus war eine sehr wirkungsmächtige und explosive Doktrin. Er wurzelt in der Romantik und den Kriegen der Französischen Revolution – in Deutschland also vor allem in den Befreiungskriegen. „Der Nationalismus war emotional stärker geladen als die anderen Ideologien: er versuchte, ein Gefühl der Verbundenheit zu entwickeln, wo ältere soziale Bindungen zerbrochen waren.“ Explosiv war er, da er unterstellte, „dass jede Nation in einem eigenen Staat organisiert sein müsste. Die meisten Staaten des 19. Jahrhunderts deckten sich aber nicht mit Nationen.“ (Altena/van Lente 2009, S. 153)

Im Deutschland vor 1848 wurde die Bedeutung des Nationalismus allerdings dadurch relativiert, dass unterschiedliche Nationalideen kursierten.

Es gab eine ‚große Spannweite nationalpolitischer Ideen‘, und bis zur Revolution von 1848 hatten sich die Zukunftsvorstellungen und -erwartungen innerhalb der deutschen Nationalbewegung noch nicht ausschließlich auf den einheitlichen Nationalstaat verengt. Allerdings kündigte sich die den geschlossenen Nationalstaat anstrebende Bewegung bereits mit dem Philhellenismus an.2

(Bauer 2004, S. 56)

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Auch heute noch ist Demokratie überwiegend an den Nationalstaat gebunden. Und Öffentlichkeit orientiert sich in der Regel an sprachlich-kulturellen bzw. nationalen Grenzen. Im Vergleich zur „deutschen Öffentlichkeit“ kann nicht wirklich von einer „europäischen Öffentlichkeit“ gesprochen werden.

2 „Diese Richtung fand ihren institutionellen Ausdruck in den Vereinen der Turner und Sänger, die sich im Laufe des Vormärz zu nationalistischen Massenorganisationen entwickelten.“ (Bauer 2004, S. 56)