Mediengeschichte: Freiheitsgrad und Themenspektrum

Kampf für Pressefreiheit

Die „Karlsbader Beschlüsse“ vom 20. September 1819 regelten die Zensur der deutschen Presse. Diese „Knebelung der Presse“ hatte insbesondere in den 1820ern Erfolg und „das politische Leben nachhaltig gelähmt“. (Deutsches Zeitungsmuseum 1988, S. 7)

Nach der französischen Juli-Revolution von 1830 kam es auch in Deutschland zu Protesten gegen die Medienzensur. Am meisten zeigte sich dies im Südwesten, der liberaler eingestellt war als Preußen. Baden hatte seit 1818 eine fortschrittliche Verfassung, die Mitsprache der Bürger über die Zweite Kammer des Parlaments ermöglichte.

Ihren größten Triumph errangen die ‚Kammerliberalen‘ unter Führung des Historikers Karl von Rotteck und des Publizisten Karl Theodor Welcker mit dem ‚Gesetz über die Polizei der Presse‘ vom 28.12.1831, das alle Formen der Zensur untersagte. Wie im benachbarten Württemberg musste auch diese gesetzliche Pressebefreiung auf Druck der Bundesversammlung schon bald zurückgenommen werden.

(Deutsches Zeitungsmuseum 1988, S. 26)

Das Hambacher Fest am 27. Mai 1832 in der damals zu Bayern gehörenden Rheinpfalz hatte Ausstrahlung auf ganz Deutschland. „Demokratie und Pressefreiheit sind in Hambach zu Synonymen geworden.“ Dieses Nationalfest hatte …

(…) seinen eigentlichen Träger und Organisator in dem am 29. Januar 1832 gegründeten ‚Deutschen Vaterlandsverein zur Unterstützung der fortschrittlichen Presse‘ (…) Nicht von ungefähr traten denn auch die Initiatoren des ‚Preßvereins‘, die Journalisten Johann Georg August Wirth und Philipp Jakob Siebenpfeiffer, in Hambach als Hauptredner auf. Neben der Verwirklichung der nationalen Einheit wurde die Durchsetzung der Presse- und Meinungsfreiheit als unerlässliche Voraussetzung einer künftigen demokratischen Staats- und Gesellschaftsform an die Spitze aller politischen Forderungen gestellt.

(Deutsches Zeitungsmuseum 1988, S. 28)

Das ließen sich die Herrschenden nicht gefallen und schlugen zurück. „Ausweisung, Haft und Entfernung aus den Redaktionen“ waren die Folgen für oppositionelle Journalisten.

„Erst in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts – im Südwesten etwas früher – formierte sich die demokratische Presse Deutschlands von neuem.“ (Deutsches Zeitungsmuseum 1988, S. 28). Selbst „einsichtigen Kräften im konservativen Lager“ erschien nun die Zensur zunehmend „als Anachronismus“ (S. 7).1 Preußens neuer König (ab 1840) Friedrich Wilhelm IV. lockerte die Zensur.2

Thematische Veränderungen in den Medieninhalten

Abb.: Zwei Dandys mit Zylinder und geschnürter Wespentaille (um 1830). Fotograf/Zeichner: unbekannt. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Entwicklungen in Industrie, Wirtschaft und Verkehr der 1820er-Jahre führten zu einem diesbezüglich höheren Informationsbedarf und -aufkommen. Die Ausweitung der Wirtschaftsberichterstattung in der Presse war in erster Linie Ausdruck der wachsenden Bedeutung menschlicher Tätigkeitsbereiche außerhalb von Staat und Politik. Ähnliches gilt auch für die Themenbereiche Literatur und Kunst.3

Teilweise stellten Verlagerungen in der Themenstruktur aber auch Ausweichfolgen der Unfreiheit bei politischen Themen dar. Von 1834 bis 1840 beispielsweise wurde die deutsche Presse durch die Zensur von der Innenpolitik auf die Behandlung außenpolitischer Themen gedrängt.4

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Ähnlich die Darstellung der Geschichte der Pressefreiheit in: Deutsches Zeitungsmuseum 2001.

2 Vgl. Naumann 2008, S. 38.

3 Vgl. Geschichte 1977, S. 25 und 122. Dazu auch dort auf S. 30ff. das Beispiel der Allgemeinen Zeitung aus Augsburg. In Bayern waren von 1825 bis 1829 Zensurbeschränkungen aufgehoben. Vgl. Geschichte 1975, S. 36ff.

4 Vgl. Geschichte 1975, S. 34.