Pressearbeit der Länder in der Weimarer Republik

Gründungsoffensive von Pressestellen

Abb.: Wappen der Ende 1918 gegründeten Republik Baden, eines der Länder des demokratischen Deutschen Reiches. Zu sehen am Rathaus in Knittlingen, fotografiert im Juli 2011 von Reinhard Hauke. Quelle: Wikipedia, Datei Rathaus Knittlingen Rathaus 130175 / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

Mehrere Länder der Weimarer Republik, insgesamt die Mehrzahl, verfügten über eine eigene Pressestelle.1 Hatte es auch vorher schon amtliche Pressestellen gegeben, so war doch die Schnelligkeit, mit der sich diese in der Weimarer Republik ausbreiteten, neu.2 In der republikanischen Verfassung von 1919 war zum ersten Mal die Presse- und Meinungsfreiheit verfassungsrechtlich verankert. „Die Wiedereinführung der Zensur hätte nunmehr einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit bedurft.“ (Fischer 1981, S. 90)3 Die Länder entdeckten in der ersten demokratischen Periode deutscher Geschichte, dass staatliche Pressestellen eine stabilisierende Funktion haben und als vermittelnde Institution zwischen politischer Führung bzw. staatlicher Leitung und Massenmedien dienen können.

Allerdings hatten nicht alle Länder der Weimarer Republik eine „richtige“ Pressestelle. Oft wurde die Stelle eines Pressereferenten nicht hauptamtlich besetzt bzw. der Aufgabenbereich beschränkte sich auf Fremdenverkehrs- und Standortwerbung.4

Grundlegende Herausforderungen für die Länder

Die Länder teilten viele Probleme des Zentralstaates, der Weimarer Republik. Viele Deutsche, die der stabilen Kaiserzeit nachtrauerten, interpretierten die in der demokratischen Verfassungsordnung verankerten Autoritätszweifel als Zeichen der Schwäche. Regierungen waren jetzt auf parlamentarische Mehrheiten und damit auf eine vom Volk verliehene Souveränität angewiesen. „Im Gegensatz zu einer konstitutionellen Regierung mussten sie ihre Entscheidungen auch außerhalb der Parlamente öffentlich rechtfertigen.“ (Lau 2003, S. 41) In einer von Niederlagen belasteten Demokratie hatten es gerade die Koalitionsregierungen schwer, sich zu behaupten.5

Von manchen Problemen des Zentralstaates – beispielsweise außenpolitischen – waren die Länder aber nicht unmittelbar betroffen. Auch zeigten sich die Koalitionsregierungen der Länder meist stabiler als die auf Reichsebene. Dafür hatten die Teilstaaten aber eigene Probleme: Der deutsche Föderalismus blieb zwar erhalten, aber in abgeschwächter Form.6 Die Ländervertretung besaß von nun an gegenüber der Reichsregierung und dem Reichstag nur noch eine untergeordnete Stellung.

Pressepolitische Anfänge der Länder vor 1919

Auch wenn in der Weimarer Zeit viele neue Pressestellen entstanden, war die Idee an sich nichts Neues. So hatte zum Beispiel die preußische Staatsregierung schon zu Zeiten des Ersten Weltkrieges eine rege pressepolitische Aktivität entwickelt, deren Anfänge mindestens bis auf das zu Bismarcks Zeiten etablierte Literarische Büro zurückgingen.7 Auch Bayern, Sachsen und Württemberg hatten schon während des Ersten Weltkriegs, vor allem für Zensur zuständige, Nachrichtenstellen.8

Eine wirkliche pressepolitische Tradition gab es aber in keinem der Länder. Die als Pressestellen bezeichneten Dienststellen waren für die interne Nachrichtenversorgung und Nachrichten im Stil öffentlicher Bekanntmachungen zuständig. Darüber hinaus wurden sie vor der Weimarer Republik kaum aktiv. „Deshalb ist die organisatorische Verfestigung – im Vergleich zu den Kommunen verzögert und verspätet – ein Kennzeichen der zunehmenden Bedeutung staatlicher Pressearbeit.“ (Lau 2003, S. 41)

Autor(en): K.W.T.L.

Anmerkungen

1 Die Pressearbeit der Länder wurde erstmals 2003 von Lau untersucht. Seine Dissertation ist auch eine zentrale Quelle für die folgende Darstellung. „Matthias Lau hat für die Untersuchung der Aktionsräume staatlicher Öffentlichkeitsarbeit die sechs Länder Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Braunschweig und Hamburg ausgewählt, deren Pressestellen die organisatorischen und personellen Grundlagen für eine aktive Teilnahme am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung aufweisen.“ (Hartwig 2003)

2 Lau 2003, S. 26.

3 Die Meinungs- und Pressefreiheit wurde allerdings mehrmals – häufig durchaus zum Schutz der Republik – eingeschränkt. Vgl. dazu Goros 1998, S. 132-134.

4 Lau 2003, S. 16.

5 Zu den allgemeinen Rahmenbedingungen siehe auch: Goros 1998, S. 130ff. http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/index.html und http://www.demokratiegeschichte.eu/index.php?id=87

6 Sturm 2003, S. 16.

7 Vgl. Koszyk 1972, S. 113.

8 Vgl. Lau 2003, S. 38.

 

Bildnachweis für Beitragsfoto (Karte ganz oben, siehe auch detailgetreu hier darunter): Deutsches Reich 1925. Urheber: Korny78. Quelle: Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Karte der Länder des Deutschen Reiches mit ihren Hauptstädten 1925 (Saargebiet und Freie Stadt Danzig sind ebenfalls eingezeichnet)

Deutsches_Reich_1925_b_Laender (600 x 484)

Abb.: Deutsches Reich 1925. Urheber: Korny78. Quelle: Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en