Pressestellen zwischen Baum und Borke

Pressearbeit zwischen autoritärer Tradition und demokratischer Moderne

Abb.: Unterschriftenseite der Reichsverfassung von 1919 mit den Unterschriften von Ebert und des ersten Reichsministeriums nach der Revolution. Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-12356, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

Ein erheblicher Teil der Meldungen, die in den Zeitungen veröffentlicht wurden, war auf gezielte Nachrichtenversorgung zurückzuführen. In der Tradition des autoritären Staates war Pressearbeit also durchaus erfolgreich. Auch in der Weimarer Republik blieben die Pressestellen zumeist bei einer selektiven und gezielten Versorgung der Redaktionen mit Mitteilungen.1 Dessen waren sich nicht nur die Redakteure bewusst.2

 

 

 

 

 

Die Kontinuität des Misstrauens gehörte zu den Arbeitsbedingungen staatlicher Pressereferenten und prägte die Wahrnehmung.

(Lau 2003, S. 14)

Das mag auch daran gelegen haben, dass in den Medien in der Regel die Quellen einer Nachricht nicht angegeben wurden. Der Grundsatz, dass Informationen den nachhaltigsten Effekt erzielten, wenn ihre Urheber nicht erkennbar sind, bestimmte die Nachrichtenversorgung in den Ländern der Weimarer Republik.3 Dies war allerdings nicht nur „Schuld“ der Pressearbeit, sondern auch des Journalismus. Weil es in der Presse – eben als Gesinnungspresse – spätestens seit dem 19. Jahrhundert üblich war, nicht nur Nachrichten zu vermitteln, sondern diese auch zu bewerten, war es für Journalisten möglich und häufig auch für die von ihnen vertretene Gesinnung funktional, Pressemitteilungen der Regierung in den Zeitungen zu platzieren oder sie ideologisch (positiv oder negativ) zu benutzen, ohne dass der Leser dies erkennen konnte.4

Chefs aus den alten (und neuen Partei-) Eliten und junge Mitarbeiter mit wenig Erfahrung

Abb.: Die Revolution vom November 1918, hier kurz vor der Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann in einem Fenster der Reichskanzlei, veränderte vieles, beseitigte aber nicht die alten Eliten in der Verwaltung. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-P011502, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Die staatlichen Pressestellen unterlagen auch einem enormen Legitimationsdruck innerhalb der Behörden. Da neu, rekrutierten sie ihre Mitarbeiter häufig unter Außenseitern und stellten vor allem auch sehr viele junge, unerfahrene Journalisten ein. Denn ein älterer, erfahrener Journalist verdarb sich den Ruf, wenn er ‚die Seiten wechselte‘. Jüngere, von Krieg und dynamischer Revolutionszeit geprägte, Mitarbeiter konnten keine Unterstützung von Beamten erwarten, die ihre Laufbahn in der stabilen und autoritären Kaiserzeit begonnen hatten.5 Alles in allem hatten aber immerhin drei Fünftel der Mitarbeiter der Pressestellen der Länder redaktionelle Berufserfahrung.6

Die Leiter der Pressestellen waren in den meisten Fällen politische Funktionsträger und Angehörige der Ministerialbürokratie. Sie waren zu einem großen Teil parteipolitisch engagiert und arbeiteten im Umfeld der politischen Führung oder waren sogar ein Teil dieser.7

Ob jung oder alt, ob Mitarbeiter oder Chef, die Pressearbeiter waren gewiss nicht ohne Einfluss:

Als Beauftragte einer Delegationselite beeinflussten sie das Bild der Regierungsarbeit in der Öffentlichkeit, als Regulatoren des Nachrichtenflusses hatten sie eine Schlüsselstellung in der medialen Vermittlung politischer Entscheidungen.

(Lau 2003, S. 30)

Autor(en): K.W.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Lau 2003, S. 199.

2 Lau 2003, S. 14.

3 Vgl. Lau 2003, S. 198.

4 Vgl. Lau 2003, S. 271.

5 Vgl. Lau 2003, S. 13.

6 Lau 2003, S. 89.

7 Vgl. Lau 2003, S. 30.