Adressaten: Medienlandschaft

Staatliche Pressearbeit unter den Bedingungen einer stark weltanschaulich-politisch strukturierten Presse

Abb.: Hörfunk wird zum neuen Massenmedium. Grundsteinlegung für das neue Funkhaus in Berlin durch den Reichsfunkkommissar Dr. von Bredow im Mai 1929. Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-07834, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Obwohl Film und Hörfunk in der Weimarer Zeit eine rasante Entwicklung erlebten, behielt die Presse unter den Massenmedien die Spitzenstellung. 1928 erschienen 3.356 verschiedene Tageszeitungen, wobei allerdings nur 26 in mehr als 100.000 Exemplaren gedruckt wurden.1

Heute wird Journalismus – jedenfalls nach dem vorherrschenden Leitbild – als nicht nur vom Staat, sondern auch von politischen Parteien unabhängige Institution begriffen, die die Gesellschaft neutral und distanziert beobachtet. Die modernen Massenmedien wollen breiteste Publika erreichen und sich nicht auf bestimmte soziale Schichten, weltanschauliche Gruppierungen etc. beschränken. Traditionell war die deutsche Presse „Meinungspresse“, also – abgesehen von den tatsächlich oder vermeintlich unpolitischen „Generalanzeigern“ – nach Gesinnungen strukturiert, damit also weltanschaulich-politisch bzw. nach sozialen Milieus organisiert.

Für die Pressearbeit von Regierungen in der Weimarer Republik bedeutete dies: Ihre journalistischen „Partner“ fand sie in der Presse, die der politischen Richtung entstammten, die die Regierung stellte. Ihre journalistischen „Gegner“ stellten die Medien dar, die die jeweilige Opposition unterstützten. Daraus folgte, dass Journalisten mit zweierlei Maß gemessen wurden.

Jede Regierung hat ihre eigene Gesinnungspresse, PR vor allem für den Rest

Abb.: Alfred Hugenberg von der Deutschnationalen Volkspartei, ein rechtskonservativer Medienmogul, wurde unter den Nationalsozialisten 1933 Reichsminister für Wirtschaft und Ernährung. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-2005-0621-500, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/ licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Der „eigenen“ Presse konnte sich die regierungsamtliche Pressestelle sicher sein und um diese musste sie sich nicht sehr bemühen. Mit wenig Aufwand sorgten die Mitarbeiter der Pressestellen für den Abdruck der Regierungsnachrichten in den Zeitungen. Meistens konzentrierte sich die Pressearbeit dabei auf die Hauptstadtblätter, wobei die der Opposition mit einbezogen wurden, denn größere Zeitungen abonnierten die Korrespondenzen der Gegenpartei und werteten diese aus.2

Offensive Selbstdarstellung der eigenen politischen Position besorgte schon die jeweilige Gesinnungspresse, von Regierungsinstitutionen war sie eher nicht akzeptiert. Die Pressestellen der Länder verlegten sich deshalb auf einen defensiven Kurs der Schadensbegrenzung oder Prävention. Sie konzentrierten sich darum auf den Gegner. Das Ziel war es, Redakteure, die für Oppositionsblätter schrieben, vom Regierungskurs zu überzeugen und Veröffentlichungen in ihren Zeitungen zu erwirken.3 In der Regel konnten die Pressechefs jedoch schon froh sein, „[…] wenn es ihnen gelang, die Stellungnahmen zur Regierungspolitik zu kanalisieren und die ablehnende Haltung der Oppositionspresse zu dämpfen.“ (Lau 2003, S. 196) Lau beschreibt die Vorgehensweise der sächsischen Pressestelle folgendermaßen:

Die Nachrichtenstelle gab Meldungen weiter, die Beamte in Ministerien oder Behörden verfasst hatten. Sie sprach Anregungen und Warnungen aus; selten verfassten die Mitarbeiter selbst längere Artikel.

(Lau 2003, S. 199)

Mehr Dialog, weniger Kontrolle

Doch zog auch schon ein neuer Geist auf, der auf Zusammenarbeit und Dialog setzte. „Neben der traditionellen Taktik, Informationen zu verschweigen, unliebsame Journalisten zu isolieren oder die Obstruktionspresse radikaler Parteien zu unterdrücken, nutzten die Pressechefs in der Weimarer Republik ihre vermittelnde Funktion […].“ (Lau 2003, S. 368) Das Ziel war eine breite Basis für Kooperationen. Um diese Grundlage zu schaffen, bemühten sich die Pressestellen, die informelle Zusammenarbeit mit den Journalisten auszubauen, um Mehrheiten für sich zu gewinnen und somit „[…] den Eindruck von deutlicher öffentlicher Unterstützung des Regierungskurses zu verstärken.“ (Lau 2003, S. 368)

Auf die im Krieg gängige Kommunikationskontrolle wurde weitgehend verzichtet. Trotzdem gelang es den Pressereferenten nicht, sich von dem im Krieg bevorzugten Verfahren der Tabuisierung unliebsamer Themen gänzlich zu lösen. In den Pressestellen ging es in erster Linie darum, die öffentliche Gemütslage zu erkennen und diese für eine Unterstützung des Regierungskurses zu nutzen. Gleichzeitig sollte aber auch ein Klima gestärkt werden, in dem es Menschen mit abweichender Gesinnung schwerer hatten, ihre Meinung zu artikulieren.4

Autor(en): K.W.T.L.

Anmerkungen

1 Sturm 1998, S. 44.

2 Lau 2003, S. 196.

3 Lau 2003, S. 15.

4 Lau 2003, S. 270.