Staatlich-medienpolitisches Instrumentarium I
Gesetze und Institutionen aus den Karlsbader Beschlüssen wurden 1824 verstetigt
Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 waren von Österreich und Preußen zu Gesetzesentwürfen ausgearbeitet und vom Frankfurter Bundestag zunächst provisorisch angenommen worden. Das gesetzliche und institutionelle „Paket“ bestand neben einem Universitätsgesetz und der Exekutionsordnung (eine Ermächtigung des Deutschen Bundes zum Militäreinsatz in einzelnen Bundesstaaten) aus einem Pressegesetz und einem Gesetz zur Errichtung einer Zentraluntersuchungskommission in Mainz. Dieses „Paket“ wurde 1824 vom Bundestag „auf unbestimmte Zeit verlängert“ (Geschichte 1977, S. 14).
Das Pressegesetz sah auch ein Beschwerderecht der Bundesstaaten untereinander über missliebige Druckschriften vor, von dem „vor allem Österreich und Preußen reichlich Gebrauch machten“ (Geschichte 1977, S. 27).
Der reaktionäre und repressive Zweck der Mainzer Kommission ging schon aus dem Beschluss-Titel hervor: „Bestellung einer Centralbehörde zur näheren Untersuchung der in mehreren Bundesstaaten entdeckten revolutionären Umtriebe“. Aufgabe war die …
(…) gemeinschaftliche, möglichst gründliche und umfassende Untersuchung und Feststellung des Tatbestandes, des Ursprungs und der mannigfachen Verzweigungen der gegen die bestehende Verfassung und innere Ruhe, sowohl des ganzen Bundes, als einzelner Bundesstaaten, gerichteten revolutionären Umtriebe und demagogischen Verbindungen.
(Huber, E.R.: Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte. Stuttgart, 1961. Bd. 1, S. 90. Zit. nach: Geschichte 1977, S. 14)
Staats-Journalismus
1819 war die offiziöse Allgemeine Preußische Staatszeitung gegründet worden. Über sie, die Gründungsmotive und schon seit 1809 währende konzeptionelle Diskussionen sowie ihre Entwicklung bis 1822, haben wir bereits an anderer Stelle im PR-Museum geschrieben. Relevant dafür ist außerdem der Beitrag über Varnhagen von Ense.
Nach Hardenbergs Tod 1822 blieb Carl Heun (1771-1854) noch bis Ende 1823 Chef des Regierungsblattes. Sein Nachfolger Karl Ernst John, ein ehemaliger Zensor, tat der Zeitung nicht gut. Erst als diesem 1830/31 Johann Karl Heinrich Philipsborn zur Seite gestellt wurde, ging es dem Blatt bald wieder besser.
Das Abtreten von Hardenberg machte es Vertretern des Staatsapparates mit anderen medienpolitischen Vorstellungen leichter, das Blatt in Frage zu stellen. Kritik bezog sich vor allem auf außenpolitische Verwicklungen oder vermeintliche journalistische Mängel.
Im Januar 1832 beschlossen die Minister eine Einstellung der Staatszeitung. Der König folgte dem aber nicht und die Zeitung blieb bestehen. Ab Juli 1843 firmierte das Regierungsblatt als Allgemeine Preußische Zeitung – „Staat“ war also aus dem Titel getilgt worden. Im Mai 1848 kam der „Staat“ wieder hinein: als Preußischer Staats-Anzeiger.1 Letztlich dürfte das Hin und Her um die Staatszeitung auf die prinzipielle Frage nach der Sinnhaftigkeit eines eigenen journalistischen Regierungs-Organs und pragmatisch auf ihre Zweckmäßigkeit für die Kommunikation bestimmter politischer Themen zurückzuführen sein. Im Zweifel hat man sich aber dafür entschieden, auf dieses Organ zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung nicht zu verzichten.