Zensur II

Zensur als zentrales Element militärischer und staatlicher Kommunikation im Krieg II

Umfassende Zensur und Überwachung

Abb.: Soldaten erhalten nach der Mobilmachung den ersten Sold, Berlin 1914. Quelle: ADN-Zentralbild, dann Bundesarchiv Bild 183-R25206, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

Die Zensur erstreckte sich nicht nur auf Presse und Publikationen. Stichprobenartig wurde die Post der Soldaten durch Vorgesetzte oder Postüberwachungsstellen kontrolliert und auf Informationen und Stimmungen überprüft, die den Familien ein negatives Bild von der Front vermitteln konnten.

Auch wurden zivile Überwachungs- und Beobachtungsstationen eingerichtet. Es fuhren zum Beispiel Spitzel durch das Land und belauschten die Menschen, um herauszufinden, wie der Krieg in der Bevölkerung thematisiert wurde. Sogar Kritzeleien und Toilettensprüche in Eisenbahnzügen fanden die Aufmerksamkeit der Spitzel. Das Erzählen von Gerüchten wurde bestraft, in den Jahren 1916/1917 wurde sogar eine Anzeigepflicht dafür verhängt. Verboten wurden außerdem, Unterhaltungsfilme der Kriegsgegner zu zeigen und ausländische Presse- und Propagandaerzeugnisse zu verbreiten.1

Die Oberzensurstelle

Die Oberzensurstelle wurde im Februar 1915 von den Militärbehörden zur Vereinheitlichung der Zensurpraxis eingerichtet, geleitet durch Major von Olberg. Immerhin 57 Militärbefehlshaber im ganzen Deutschen Reich waren schwer unter einen Hut zu bekommen, zumal ihnen die endgültige Entscheidungskompetenz in individuellen Angelegenheiten verblieb. Die Oberzensurstelle entwarf Empfehlungen und allgemeine Richtlinien, veröffentlichte die wichtigsten Zensurbestimmungen in den so genannten Zensurtelegrammen und war Beschwerdeinstanz für die Presse. Nach Einrichtung des Kriegspresseamtes im Oktober 1915 wurde die Oberzensurstelle an dieses angegliedert.2

Außerdem war die Oberzensurstelle für die Erstellung von Protokollen der Pressebesprechungen zuständig. Zwei bis drei Mal in der Woche fanden die Konferenzen in Verantwortung mehrerer Akteure statt. Es nahmen Journalisten von Zeitungen aller politischen Richtungen daran teil, also auch Vertreter regierungsoppositioneller Blätter. So war sichergestellt, dass die Informationen die breite Masse erreichten und auch die regierungsferne, aus Sicht der Herrschenden „unsichere“ Seite mittels Pressepolitik beeinflusst wurde. Inhaltlich behandelten die Pressebesprechungen aktuelle Themen seitens der Regierung, Vertreter des Militärs berichteten über die Kriegssituation. Es wurden detaillierte Anweisungen gegeben, wie die Informationen in der Presse behandelt werden sollten. Die Oberzensurstelle fertigte zwei Aufzeichnungsvarianten der Besprechungen an. Eine Kurzfassung, welche an alle wichtigen Zentralstellen ausgehändigt wurde und eine ausführliche Version, die so genannten Großen Protokolle. In diesen wurde der Verlauf der Besprechungen fast wörtlich festgehalten.3

Autor(en): E.B.E.S.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Schmidt 2006, S. 71f.

2 Vgl. Creutz 1996, S. 46ff.

3 Vgl. Creutz 1996, S. 52ff. und 63. Schmidt 2006, S. 73f.