Zensur I

Zensur als zentrales Element militärischer und staatlicher Kommunikation im Krieg I

Zensur 1914-1915

Abb.: Erich von Falkenhayn, preuß. Kriegsminister bzw. deutscher Generalstabschef, 1915. Quelle: Bundesarchiv Bild 183-R09788, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

Mit der Erklärung des Kriegszustandes „ging die vollziehende Gewalt auf die militärischen Befehlshaber über“, die Vorschriften und Verbote erlassen sowie bestimmte Verfassungsartikel – so auch das Recht der ungehinderten Meinungsäußerung – aussetzen konnten. Die Publikation militärischer „Geheimnisse“ bzw. Themen war untersagt oder an die Genehmigung der Militärbehörden gebunden. „Die Zensurstellen sollten eigentlich nur die Zensur für den militärischen Bereich durchführen. Da jedoch nahezu alle politischen Themen im Zusammenhang mit militärischen Angelegenheiten standen, konnten die Zensurstellen gegen nahezu jede politische Äußerung einschreiten.“ Verbindliche Richtlinien für die Arbeit der militärischen Zensurstellen gab es allerdings nicht, so dass die „Durchführung der Zensur auch nach Schaffung der Oberzensurstelle im Februar 1915 uneinheitlich“ erfolgte. (Goros 1998/99, S. 97f.)

Viele Politiker und Journalisten erkannten die Notwendigkeit von Zensur an sich im Kriegszustand durchaus an, wenngleich Ausmaß, Ausgestaltung und Handhabung auch zu vielerlei prinzipieller oder konkreter Kritik herausforderten. Bereits am 3. August 1914, zwei Tage nach der Kriegserklärung an Russland, hatte zur Zensur eine Besprechung mit den Pressevertretern im Reichstag stattgefunden: „Als Prinzip wurde festgelegt: ‚Wir werden nicht immer alles sagen können, aber was wir sagen werden, ist wahr’“ (Koszyk 1973, S. 160). 1915 gab es eine erste Zensurdebatte im Reichstag. Die Situation verschärfte sich mit den tumultartigen Auseinandersetzungen im Reichstag im Dezember 1915. Erschwerend für die Herrschenden kam hinzu, dass die Zensur nicht nur im Reichstag kritisch besprochen wurde, sondern natürlich auch für die Presse selbst ein Thema war.1

 Zensur 1916-1918

Abb.: Theobald von Bethmann Hollweg, Reichskanzler, ca. 1917. Foto: Nicola Perscheid. Quelle: Bundesarchiv Bild 146-1970-023-03 / Wikimedia Commons (gemeinfrei).

„Im November 1916 gab Reichskanzler Bethmann Hollweg die Kriegszieldiskussion frei, wodurch die politische Zensur formal gelockert wurde“. Faktisch habe sich laut Schmidt 1982, auf den sich Goros (1998/99, S. 99) hier bezieht, aber nichts geändert. „Modernisierung“ der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hieß nicht zwangsläufig Lockerung der Zensur, von den Intentionen einer Gruppe von – nach Schmidt 2006 – Modernisten her eher im Gegenteil. Die zeitgenössische Zensurpraxis hielten diese Kritiker der bisherigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für „viel zu moderat“ und eine politische Zensur gegen die „innenpolitischen Feinde“ für unumgänglich (Schmidt 2006, S. 136).

Die durch Zensur eintretende zunehmende Uniformität der deutschen Presse zeitigte auch Wirkungen, die die Ziele der Zensur konterkarierten. Umso interessanter und relevanter wurden im Kriegsverlauf die Berichte von alliierter Seite und die Gerüchte auf den Straßen. Die „Kunst des Verschweigens“ sollte im Laufe der Jahre mit abnehmendem Kriegsglück auf deutscher Seite immer feiner werden: „Erst als sich das Kriegsglück wendete, trugen die Kriegsberichte nicht nur den Stempel der Verschleierung, sondern es kam auch vor, dass sie die Wahrheit unterdrückten und die Unwahrheit verkündeten“ (Heinrich Binder 1919, zit. nach Koszyk 1973, S. 174f.).

 

Autor(en): E.B.E.S.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Koszyk 1973, S. 159ff. und 182f.