Organisation: Reorganisation der Pressearbeit 1917

Neuorientierung unter Ausbau der Dezentralisation

Abb.: Reichskanzlerpalais in Berlin. Frühere Aufnahme von 1895 (Wilhelmstraße 77). Verlag Kunstanstalt W. Sommer. Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei).

1917 erfolgte eine Reorganisation der regierungsamtlichen Pressearbeit. Die regierungsoffiziöse Norddeutsche Allgemeine Zeitung aus Berlin – zitiert nach Hamburger (1917, S. 72) – sprach von einer „Neuorientierung“, die auch einen „Wandel in der Gestaltung der Beziehungen zwischen Regierung und Presse“ bringen solle. Der Rezensent im Verbandsorgan der deutschen Presse meinte, zu dieser Erkenntnis habe sich die Regierung „durchgerungen“, „reichlich spät“ und „nicht zuletzt unter den eindringlichen Lehren des Weltkrieges“. Die Rhetorik der Norddeutschen Allgemeinen klang gut in den Ohren, so war von einer „öffentlichen Pflicht“ der Presse die Rede und zumindest formal ein modernes Verständnis von Pressearbeit ausgesprochen. Allerdings wurden von den Journalisten auch Verantwortung gegenüber dem Staat und ggf. „sachliche(n) und vaterländische(n) Rücksichten“ eingefordert – was von vielen unter den Bedingungen des Krieges wohl nicht als Zumutung empfunden worden sein dürfte.

Die …

amtlichen Presseeinrichtungen“ seien „nicht als Organe der Beeinflussung gedacht“. Die Regierung bedürfe nicht nur „der Mitwirkung des Parlamentes“, sondern „unbedingt der Selbstkontrolle, die ihr eine unabhängige Preßkritik ermöglicht“. „Die Presse soll und muss sich frei ihr Urteil bilden, dafür ist sie der Öffentlichkeit und dem Staate verantwortlich, sie ist aber auch dafür verantwortlich, dass sie die Unterlagen ihres Urteils mit der größten Sorgfalt erforscht und prüft. Wenn die Behörden Einrichtungen schaffen, um der Presse die Kenntnis jener Unterlagen zu vermitteln und ihre Prüfung zu erleichtern, so erfüllen sie damit nur ihre durch das Gemeininteresse vorgezeichnete Pflicht; ebenso kommt aber auch die Presse nur ihrer öffentlichen Pflicht nach, wenn sie von solchen Einrichtungen den ausgedehntesten Gebrauch macht.

(Zit. nach Hamburger 1917, S. 72)

Die regierungsnahe Norddeutsche Allgemeine Zeitung interpretierte die Neuorganisation der amtlichen Pressearbeit als „grundsätzliche Dezentralisation des Pressedienstes“. Bei jeder Reichszentralbehörde soll eine Presseeinrichtung installiert werden, dabei bedürften Auswärtiges Amt, Reichsamt des Inneren, Reichswirtschafts- und Reichsschatzamt „größerer ausgebauter Abteilungen für den Presse- und Nachrichtendienst“.

Ergänzung durch Zentralisation

Magnus von Braun (vordere Reihe links) inmitten des Reichskabinetts von Papen 1932. Quelle: ADN-ZB, später Bundesarchiv, Bild 183-R1230-505, CC-BY-SA-3.0 / Wikimedia Commons https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Allerdings war man sich der Gefahr eines „preßpolitischen Ressortpartikularismus“ bewusst. Deshalb mache die Dezentralisation eine „zentrale(n) Stelle notwendig, die für die Einheitlichkeit und das Zusammenwirken des gesamten reichsamtlichen Pressedienstes Sorge trägt, die einzelnen Presseeinrichtungen überwacht und ihnen die Anweisungen des Reichskanzlers übermittelt“. Sie solle ihren Sitz in der Reichskanzlei haben und einen „Pressechef des Reichskanzlers“ zum Leiter erhalten. Erster „Pressechef“ wurde Magnus Freiherr von Braun1, ab November 1917 dann Erhard Deutelmoser. Aber: „Einen nach außen wirkenden regelmäßigen Pressedienst hat diese Stelle nicht durchzuführen“ (Hamburger 1917, S. 72; Herv. T.L.).

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Frhr. v. Braun „kommt aus der Beamtenlaufbahn, vom Landratsamte her; vor zweieinhalb Jahren wurde er mit der Leitung der neugeschaffenen Nachrichtenstelle im Reichsamt des Inneren betraut (…)“. (Hamburger 1917, S. 73) Vgl. auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Magnus_von_Braun_(Politiker)