Megatrends: Territoriale Vielfalt und Außen- bzw. Militärpolitik

Pluralität durch Kleinstaaterei

Abb.: Königreich Preußen 1818. Quelle: IEG-Maps project, Urheber: User:52 Pickup. Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de

b) Die „Vervielfältigung der Perspektiven“ und der als Kommunikatoren auftretenden Organisationen kam in deutschen Landen nicht nur binnenplural über funktionale Differenzierung, sondern schon eher und zunächst deutlicher außenplural durch die Kleinstaaterei zustande: Jedes Staatswesen (Fürstentümer, Reichsstädte, Königreiche etc.) verkörperte auch spezifische, von anderen unterschiedene politische, konfessionelle, sozialökonomische, kulturelle und medienpolitische Verhältnisse und Orientierungen. In vielen Gegenden Deutschlands unterlagen die Menschen auch dem Einfluss von Meinungsbildnern, Vorbildern und Medien aus den (häufig) nahen Nachbarterritorien.

Für den frühen Hardenberg war es eine Schlüsselerfahrung, als er in den fränkischen Enklaven Preußens erkennen musste, dass auswärtige Akteure auch als innenpolitische Player wirkten. Da „in unmittelbarer Nachbarschaft in Preußen Verbotenes gedruckt und gekauft werden konnte“, musste eine restriktive Zensur weitgehend wirkungslos bleiben und schien ihm also hier – aus rein pragmatischen Gründen – liberaler handhabbar (Kunczik 1997, S. 72).

Ausrichtung auf außenpolitische und militärische Erfolge

Abb.: Langer Kerl der Riesengarde Friedrich Wilhelms I.: Grenadier Schwerid Rediwanoff. Gemälde ca. 1718/19, von Johann Christof Merk. Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain.

c) Die seinerzeit zentrale Rolle der Außen- und Militärpolitik prägte Kommunikation wesentlich. Dynamik und Multioptionalität der beginnenden Neuzeit zeigten sich vor allem auch in den auswärtigen Angelegenheiten und Chancen. Dies bedingte zugleich ein enges Verhältnis von Diplomatie und Publizistik. Wechselnde Allianzen und Fronten in der Periode zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und den napoleonischen (Befreiungs-) Kriegen verkomplizierten Informationsgewinnung, Lageeinschätzung und Ableitung von Kommunikationsaufgaben – auch deshalb stellen wir im Folgenden wichtige militärische Vorgänge recht ausführlich vor.

Sowohl auf dem Weg Preußens zur europäischen Großmacht (Preußen als eine Armee mit angeschlossenem Staat) als auch später unter napoleonischer Fremdherrschaft lagen entscheidende Referenzpunkte für die Kommunikationspolitik und -arbeit im Ausland. Von dort benötigte man die existenziell wichtigen Informationen. Dort, bei ausländischen Gesandten, Regierungen und Publizisten, auf dem Schlachtfeld, in den militärischen Hauptquartieren bzw. Stäben oder in den Bündnis- bzw. Friedensverhandlungen mit anderen Mächten galt es Eindruck zu machen und Punkte zu sammeln. Dies schloss auch Manipulation ein, beispielsweise verdeckt die gegenseitige Wahrnehmung zwischen fremden Staaten zu beeinflussen:

So vertrat Friedrich am 2. März 1749, als ein Krieg zwischen Russland und Schweden bevorzustehen schien, die Meinung, ‚dass es von einigem Nutzen sein dürfte, wenn in ein oder der andern publiquen Zeitung ein Artikel inserirt würde, ohne dass man weiß oder erfahren könne, aus was vor Canal solches käme (…)‘

(Kunczik 1997, S. 69f., der hier Koser 1885, S. 203, zitiert)

Ein im Krieg oder in ständiger Kriegsoption stehender Staat musste sich als „geschlossene Kampfpartei“ formieren, was die Repression nach innen begünstigte und teilweise erklärt. Diese Fixierung auf externe Bedingungen sollte sich erst dann (zeitweise) relativieren, als man zur Rettung Preußens nach dem Zusammenbruch von 1806 die Mobilisierung des Volkes, seine Opfer und seine Initiativen, für die Befreiungskriege von 1813 brauchte.

Autor(en): T.L.