Megatrends: Funktionale Differenzierung und Institutionalisierung

Wandel des Differenzierungstyps

Abb.: Auszug aus: Liebert, Tobias (1999): Historische Phasen und Typen von Öffentlichkeit und die Entwicklung von Öffentlichkeitsarbeit. Entwurf eines Modells. In: Szyszka, Peter (Hrsg.): Öffentlichkeit. Diskurs zu einem Schlüsselbegriff der Organisationskommunikation. Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 93-111.

a) Angelehnt an den Systemtheoretiker Luhmann lässt sich feststellen, dass sich die Gesellschaft in einem langwierigen Wandel auf funktionale Differenzierung „umstellte“. Sich verselbstständigende, schließlich autonome Funktionssysteme wie Politik, Wirtschaft, Recht, Religion, Wissenschaft usw. generier(t)en neue Möglich- und Notwendigkeiten von Selbst- und Fremddarstellung, medialer Vermittlung und kommunikativen Beziehungen.1

Der neue Typ von

(…) Differenzierung geht einher mit einem Wandel der ‚gesellschaftlichen Semantik‘, d. h. der Art und Weise, wie die Gesellschaft sich selbst beobachtet und beschreibt. Durch die funktionale Differenzierung kommt es zu einer Vervielfältigung der Perspektiven; eine einheitliche Repräsentation der Gesellschaft als ganzer (vormoderne ‚Ordo‘-Vorstellung) wird unmöglich.

(Stollberg-Rilinger 2003)

Dies führte schließlich auch zum Streben nach freier Entfaltung öffentlicher Meinung(en). Pressefreiheit war „bereits eine der zentralen Forderungen der beiden großen Revolutionen des Westens in Amerika (1776) und Frankreich (1789)“ (Birkner 2011).

Die Pressefreiheit wurde in der amerikanischen Bill of Rights und der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte als eine Idee der Aufklärung formuliert. Zumindest jenseits des Atlantiks meinte sie aber bereits mehr, als die bloße Abwesenheit von Zensur, sondern erklärte eine freie Presse zum Wesensmerkmal der Demokratie.

(Birkner 2011)

Vervielfältigung von Organisation und Kommunikation

Abb.: Auszug aus: Liebert, Tobias (1999): Historische Phasen und Typen von Öffentlichkeit und die Entwicklung von Öffentlichkeitsarbeit. Entwurf eines Modells. In: Szyszka, Peter (Hrsg.): Öffentlichkeit. Diskurs zu einem Schlüsselbegriff der Organisationskommunikation. Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 93-111.

Da die „Vervielfältigung der Perspektiven“ und der Drang nach Informations- und Kommunikationsfreiheit nicht nur Individuen, sondern auch politische bzw. soziale Vereinigungen, wirtschaftliche oder kulturelle Organisationen etc. betraf, ist darin eine wichtige gesellschaftshistorische Ursache für Öffentlichkeitsarbeit, also professionelle Kommunikation von Organisationen mit (Teilen) der Öffentlichkeit, zu sehen.

Dies erstreckte sich zum einen auf den Staat als Institution selber, der sich vor allem in Form der Verwaltung(en) organisatorisch ausdifferenzierte. Wir werden später u. a. am Beispiel von Karl August von Hardenberg sehen, dass in Preußen wesentliche Kommunikationsimpulse aus Erfordernissen (der Reform) von Verwaltung erwuchsen. Zum anderen formierten sich außerhalb und letztlich auch unabhängig vom Staat alle möglichen Organisationen als neue Kommunikationsakteure, zu denen sich der Staat irgendwie in Beziehung setzen musste (z. B. in Form seiner Kommunikations- und Medienpolitik, von Wirtschafts- und Kulturförderung etc.).

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. dazu Liebert 1999. Auch Bentele/Liebert 2005.