Pressearbeit der Messe

Breite und vielfältige Pressearbeit in den 1950er- und 1960er-Jahren

Abb.: Nachtaufnahme des neuen Messeamtes am Markt zur Jubiläumsmesse 1965. Foto: Zentralbild Rainer Mittelstädt. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-D0306-0001-028, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Ab 1950 fanden die bisherigen Pressekonferenzen der Leipziger Messe nunmehr unter Regie des Presseamtes beim Ministerpräsidenten (später Ministerrat) der DDR statt.1 Die Medienarbeit war aber viel breiter, insbesondere mit dem neuen Pressezentrum der Messe ab 1954, worüber beispielsweise ein Fachbeitrag in der Journalistenzeitschrift der DDR Auskunft gibt. Der Pressedienst der Messe habe erheblich an Bedeutung gewonnen: Rund „90 Prozent aller Beiträge über Vorbereitung und Verlauf der Leipziger Messe in der Tages-, Wirtschafts- und Fachpresse des In- und Auslandes“ gingen durch diese Redaktion. Allein „rund 3.000 Organe des Auslandes und Westdeutschlands“ würden mit „Presse-Informationen“ beliefert. „Die Bereitschaft, Beiträge über Vorbereitung, Ablauf, Resultat und Auswirkungen der Leipziger Messe zu veröffentlichen, ist so groß, dass wir zurzeit nur schwerlich den Anforderungen gerecht werden können.“

Akribisch wurde die Pressedokumentation betrieben, generell war 1954 das Echo deutlich höher als in den Vorjahren: „Aus Westdeutschland liegen (1954) fast 6.000 Ausschnitte vor.“ Die Medienresonanz der westeuropäischen Länder entwickelte sich von 230 im Jahre 1952 über 810 (1953) auf über 1.500 Ausschnitte (1954). (Rummelsburg 1954, S. 18)

Das 1954 eröffnete Pressezentrum unternahm große logistische Anstrengungen, um den steigenden Journalistenbesuchen vor allem aus dem Westen gerecht werden zu können.2 Für die ausländischen Gäste organisierte man private Gespräche in Ausländertreffpunkten oder bei den Empfängen der Kammer für Außenhandel, von Institutionen und Parteien. Attraktive Konzerte des Gewandhausorchesters oder des Thomanerchors wurden gegeben und die Einweihung neuer Kultureinrichtungen in die Messezeit gelegt.3

Eine große Breite und Vielfalt der Pressearbeit ist auch für die ausgehenden 1960er-Jahre festzustellen, wie Bentele (2005 und 2008) unter Verweis auf den damaligen Leiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Messe berichtet:

Sie …

(…) setzte als wichtigstes Instrument z. B. den ‚vervielfältigten Pressedienst‘ ein, Presseinformationen, die an 3.500 Redaktionen in aller Welt versandt wurden, andere Instrumente waren in- und ausländische Pressekonferenzen, Versendung von Fotos und Matern, Broschüren, Journalisteneinladungen und -betreuung im Pressezentrum sowie Exklusivinformationen. Sogar PR-Agenturen im Ausland (England) wurden damals schon beauftragt.

(Bentele 2008, S. 424, auf Basis von Merkwitschka 1968)

Einige Schlaglichter aus der zweiten Hälfte der DDR

Abb.: Eingang zum Messegelände mit Parkplatz und sowjetischem Pavillon zur Frühjahrsmesse 1974. Foto: ADN-ZB Jürgen Sindermann. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-N0310-0003, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Es kann angenommen werden, dass die Pressearbeit der 1970er- und 1980er-Jahre keine geringeren Ausmaße hatte. Eher im Gegenteil:

„Pressemitteilungen und PR-Mittel wurden in den 1980er-Jahren vom Leipziger Messeamt in einer unübersichtlichen Fülle wie schon in den 1920er-Jahren produziert.“ (Otto 2015, S. 178)

Jeweils 600 bis 700 in- und ausländische Journalisten nahmen an den vom Leipziger Messeamt und dem Presseamt des Ministerrates organisierten PR-Events zur Eröffnung jeder Messe teil. In der Oberen Wandelhalle des Leipziger Neuen Rathauses gaben die ostdeutschen Regierungs- und Messevertreter ihre wirtschaftlichen Leistungen zum Besten und zelebrierten alte und neue und Handelsbeziehungen.4

Neben den Messe-Reports „wurden während der Leipziger Messe die Tagesinformationen in Deutsch, Französisch, Englisch und Russisch veröffentlicht, die über das aktuelle Messegeschehen berichteten. Des Weiteren wurde ein Tagesbericht herausgegeben, der jeden Tag zwischen 16-17 Uhr auf der Leipziger Messe erschien.“ Außerdem gab es Brancheninformationen, Länderberichte und Informationen über Spitzenexponate. (Otto 2015, S. 181. Vgl. auch S. 178)

Bezogen auf die westlichen Journalisten kam ein Mix zwischen Unterstützung und Bevormundung, professionellem Service und propagandistischer Beeinflussung, ggf. auch Verlocken und Schikanen zum Einsatz. Damit ist der generelle Umgang der DDR mit ausländischen Korrespondenten und kein messespezifisches Problem thematisiert. Wie diese Klaviatur konkret gespielt wurde, konnte von Messe zu Messe unterschiedlich sein, hing von der politischen Großwetterlage und wohl am wenigsten von den Messe-Öffentlichkeitsarbeitern vor Ort in Leipzig ab. 1973 beispielsweise hatte die DDR verschärfte Vorschriften für Westjournalisten erlassen. Zugleich behandelte Erich Honecker die westdeutschen Aussteller auf der Messe betont stiefmütterlich. Ein Jahr später sah alles wieder freundlicher aus.5

Gegen Ende der DDR, als gerade in Leipzig Erosionserscheinungen der SED-Herrschaft sichtbar wurden, reagierten die Ideologiewächter und Repressivorgane auch gegenüber ausländischen Journalisten zunehmend nervöser.

Die journalistische Berichterstattung der aktuellen DDR-Medien über die Messe, insbesondere auch den offiziellen Rundgang der Partei- und Staatsführung, wurde durch die üblichen Anleitungs- und Kontrollmechanismen des (partei-) journalistischen Systems geprägt.6

Während der Messezeit bot ein eigenständiges, journalistisch gestaltetes Hörfunkprogramm, die Messewelle von Radio DDR, Sender Leipzig, eine attraktive Mischung von (mehrsprachigen) Service-Informationen, Musik, Unterhaltung mit sächsischer Folklore7 und kommerziellen Werbespots (die es ansonsten im DDR-Rundfunk nicht mehr gab).

Autor(en): T.L.A.L.I.SP.

Anmerkungen

1 Bentele 1997, S. 153.

2 Vgl. Leipziger Messeamt 1958, S. 234.

3 Vgl. Leipziger Messeamt 1958, S. 234f.

4 Vgl. Leipziger Messeamt 1982, S. 34-41.

5 Schreiber 1999, S. 674 und 676.

6 Vgl. Biskupek 1994, S. 35ff. Dazu auch die einschlägige Literatur über DDR-Propaganda und -Journalismus.

7 Dazu auch Lange 1994, S. 34.