Impressionen aus dem Berufsfeld Öffentlichkeitsarbeit/Werbung im Umkreis der Messe

(gesammelt von T.L.)

Gerade die Leipziger Messe machte in der DDR ein Berufsfeld „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ und ein Berufsfeld „Werbung“ nötig und möglich:

Die Pressebeauftragten bzw. -referenten in Ministerien, Kombinaten, Betrieben sowie Wirtschaftsräten der Bezirke:

Auf der Leipziger Herbstmesse 1973 waren insgesamt 98 sogenannte `Pressebeauftragte` der Wirtschaftsministerien des Ministeriums für Schwermaschinen- und Anlagenbau, für Chemische Industrie, für Leichtindustrie, für Glas und Keramik, für Kohle und Energie, für Handel und Versorgung, der Außenhandelsbetriebe sowie der Vereinigung Volkseigener Betriebe und Kombinate der DDR an den jeweiligen Messeständen präsent. Die Mehrheit der PR-Praktiker war männlich, 22 weiblich. Die Mehrzahl der Pressereferenten stellten die Außenhandelsbetriebe der DDR mit 29 PR-Referenten (u.a. Büromaschinenexport, Carl Zeiss Jena, Chemie-Export-Import).

(Otto 2015, S. 168. Vgl. auch S. 178 oben)

Die Kommissionen, Gremien und Besprechungen der bzw. mit den Pressearbeiter(n):

Neben der Operativkommission der wissenschaftlich-technischen Öffentlichkeitsarbeit existierte in den 1970er-Jahren ein Pressekollegium. Den Vorsitz des Pressekollegiums hatte ein Staatsekretär des Presseamts inne.

In den 1970er Jahren fanden auf der Messe im Zwei-Tages-Rhythmus `Besprechungen` mit der DDR-Presse statt. Eine Stunde vor Durchführung der Eröffnungspressekonferenz am zweiten Tag der Leipziger Messen wurden Vorbesprechungen im Büro des Außenministeriums (MfAA) durchgeführt. Jeden Tag fanden Pressekonferenzen von Ständen und Delegationen aus sozialistischen Ländern (Sowjetunion, VR Polen, Bulgarien) als auch von DDR-Kombinaten und den Ministerien sowie Fachpressegespräche mit den akkreditierten medialen Akteuren statt. Die Internationale Pressekonferenz des Presseamts auf der Leipziger Messe wurde durch eine Vorbesprechung zwischen dem Präsidium der Internationalen Pressekonferenz mit der DDR-Presse geplant.

(Otto 2015, S. 168)

Die Werbeleiter und ihre Dienstleister:

Dieter Zuchold (75), Herbert Karger (73) und Horst Hampe (73) verband in jenen Jahren, da die kleine DDR die große Leipziger Messe brauchte, um ihr Image zu pflegen, die Berufsbe-zeichnung: Werbeleiter. Zuchold für SKET Magdeburg (Schwermaschinenbau-Kombinat Ernst Thälmann), Karger für TAKRAF (Tagebau-Ausrüstungen, Krane, Förderanlagen) und Hampe für Baukema (Bautechnik, Erdbewegungs- und Straßenbaumaschinen, Beton- und Bitumen-Aufbereitungsanlagen) – die Drei von der Werbung hatten tagaus, tagein die Leipziger Auftritte ihrer Kombinate, aber auch Reisen zu ausländischen Messen vorzubereiten. (…)

(Welters 2013, S. 18)

Der ehemalige SKET-Werbeleiter konkretisiert und sein TAKRAF-Kollege nennt wichtige Kooperationspartner:

‘Der Job hat manchmal schon Nerven gekostet‘, gesteht er. ‚War dein Stand in dem einen Jahr gut, wurde vom zuständigen Ministerium oder von der Kombinatsleitung im nächsten Jahr ein noch besserer erwartet.‘ Manchmal sei es ziemlich knapp zugegangen, ergänzt TAKRAF-Experte Karger. ‚Wir waren auf etliche Kooperationspartner angewiesen, auch auf freiberufliche Grafiker und Autoren, auf private Handwerksbetriebe, auf Spediteure. Einige Male schien es nahezu unmöglich, pünktlich zum Messeauftakt fertig zu werden.‘

(Welters 2013, S. 18)

Der Gebrauchswerber und Mitarbeiter einer Werbeabteilung:

Karl-Ernst Riehl, gelernter Gebrauchswerber, fing im Oktober 1964 bei der damals neugegründeten Vereinigung Volkseigener Warenhäuser Centrum (VVW Centrum) an – und bezog mit den Kollegen Arbeitsräume im Portikus von Halle 2 (der Alten Messe) (…) 1980/81 wechselte Riehl in die Werbeabteilung des Hotel Merkur, um Anfang 1987 als Werbeleiter direkt bei der Leipziger Messe zu landen.
Damals mit dem Auftrag, die Feierlichkeiten zu 825 Jahre Messe im Jahr 1990 vorzubereiten. Als das Jubiläum nicht mehr fern war, kam der Herbst‘89. ‚Und damit wurde für uns schnell klar, dass aus der großen Feier nichts werden würde. Die wirtschaftliche Basis für ein derartiges Unterfangen brach von jetzt auf gleich weg, unsere traditionsreiche Messe verlor im Nu an Bedeutung‘, erzählt Riehl. Die letzte Universalmesse stieg im September `90 – `da wollten die für uns so wichtigen Firmen aus dem Westen schon nicht mehr kommen‘.

(Welters 2013a, S. 17)

Der Dekorateur und Mitarbeiter der DEWAG:

Als ich dann den Beruf des Polsterers und Dekorateurs erlernte, hatte ich als Lehrling und Geselle durch meinen Meister auch mit der Leipziger Messe zu tun. Zwar waren wir `Hausdekorateur` im Handelshof in der Innenstadt, aber es zog mich trotzdem immer wieder auf das Gelände der Technischen Messe. Ab 1976 arbeitete ich als Dekorateur bei der DEWAG. Das war ein Betrieb, der sich unter anderem mit dem Auf- und Abbau von Messeständen, der Gesamtgestaltung von Messehallen und mit Messe-Werbung beschäftigte. Wir hatten als Handwerker, Grafiker, Bauleiter und Architekten zu jeder Messe zu tun.

(Stein 2013, S. 17)

Der Lichtwerber zur Leuchtreklame und dazu, dass Werbung vor allem auch PR-Funktionen erfüllte:

Wozu brauchte man in der DDR eigentlich Leuchtreklame, wo doch im Arbeiter- und Bauernstaat viele Produkte kaum zu bekommen waren? Warum also meterhohe Lichtanlagen auf Dächern und an Hauswänden? `Es ging nicht vorrangig um das Bewerben der Produkte, sondern vielmehr um das Präsentieren der Betriebe, vor allem für Gäste`, macht Harry König klar. Der heute 75-Jährige leitete 26 Jahre lang die Produktgenossenschaft des Handwerks (PGH) Neontechnik und Anlagenbau Leipzig, die nach der Wende in die Neontechnik Elektroanlagen Leipzig (NEL) umgewandelt wurde und bis heute unter anderem mit der Neonröhren-Technik arbeitet.
`Eigentlich war Werbung und auch Leuchtreklame verpönt‘, erinnert sich König an die Einstellung der Funktionäre zu kapitalistischen Kaufanreizen. Doch 1953 setzt ein Umdenken ein. Man möchte die DDR-Volkswirtschaft auch international in ein gutes Licht rücken. Ein Artikel in der Leipziger Volkszeitung verkündet im Mai 1955 den Richtungswechsel: `Unsere Stadt muss als Handelsmetropole von Weltgeltung selbstverständlich ein modernes Gesicht haben, auch bei Nacht.`

(Seifert 2012, S. J 1)

Autor(en): T.L.