Ausblick
Politische Funktion der Messe verzögerte wirtschaftliches Aus der Universalmesse
Nach 1945 – genauer nach 1947 – bezahlte Leipzig die deutsche Teilung mit dem Verlust seiner exklusiven Messefunktion für Deutschland und die Welt. Der neue Pluralismus unter den (westlichen) Messestandorten ging einher mit dem langsamen, aber unaufhaltsamen Abschied vom Konzept der großen Universalmessen.1 Indem aus letztlich politischen Gründen Leipzig eine Schaufenster- und zentrale Ost-West-Austausch-Funktion bekam, erwies sich das wirtschaftliche Auslaufmodell Universalmesse weiterhin als geeignet.2
Als 1989/90 die DDR und das gesamtes sozialistische Wirtschaftssystem implodierten, musste dies auch zum Crash der Leipziger Universalmessen führen.
Mit der Wende war innerhalb eines Jahres die Monopolstellung der Leipziger Messe im sozialistischen Lager aufgehoben. Eine erste Bestandsaufnahme unter neuen politischen und wirtschaftlichen Vorzeichen wies erhebliche Mängel auf. Sollte Leipzig auch im wiedervereinigten Deutschland Messeplatz bleiben, musste in neue Hallen und ein neues Messeprogramm investiert werden. Im September 1990 öffnete die Herbstmesse zum letzten Mal ihre Tore. Ab 1991 traten moderne Fachausstellungen an die Stelle der Universalmessen.
(Leipziger Messe GmbH ca. 2002, S. 25)
Neuer Aufbruch in den 1990er-Jahren
Das „staatlich gelenkte Leipziger Messeamt“ gestaltete sich 1991 zur Leipziger Messe GmbH aus Freistaat Sachsen und Stadt Leipzig um. „Messe“ bleibt auch in der Gegenwart – trotz Internet oder Videokonferenzen – eine notwendige und sinnvolle Veranstaltung.
Die Grundlage der Messe ist, dass Menschen bei Geschäftsbeziehungen auch den persönlichen Kontakt wollen. Das Format Messe ermöglicht diesen Austausch am besten. Daher haben Messen eine gute Zukunft. Natürlich gibt es durch die Digitalisierung auch Veränderungen. Diese wollen wir in Zukunft geschickt für das Messegeschäft nutzen.
(Messe-Geschäftsführer Buhl-Wagner in: Höhne 2015, S. 5)
1996 wurde ein neues, modernes Messegelände beim ehemaligen Flughafen Mockau im Norden der Stadt eröffnet.3 Mit der räumlichen Verlagerung des Messetrubels aus den historischen Messehäusern des Zentrums vor die Tore der Stadt und seiner zeitlichen Verteilung auf das gesamte Jahr ist Messe in Leipzig heute weniger spektakulär erfahrbar4 als vor 1990. Aber notwendiger Wandel war schon immer eine Stärke der Messestadt Leipzig.
Dabei musste Leipzig auch Niederlagen verkraften, zum Beispiel: Die „sehr erfolgreiche Computermesse Games Convention“ verlor Leipzig an die Messe Köln. Dazu Messe-Geschäftsführer Geisenberger:
In einem Wettbewerbsumfeld gewinnt man manchmal etwas hinzu und manchmal verliert man bedauerlicherweise etwas. Dies ist in allen Wirtschaftsbranchen so. Der Verlust der Games Convention hat uns geschmerzt. Die Situation ist auch eine Besonderheit in der Messebranche.
(In: Höhne 2015, S. 5)
Zum aktuellen Stand:
`Unter den Messestandorten in Deutschland hat es Leipzig jetzt unter die Top Ten geschafft`, sagte Harald Kötter, Sprecher des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (Auma).
Nach Angaben der Leipziger Messegesellschaft stieg der Umsatz von 68,9 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 88,1 Millionen Euro im Jahr 2013. Dennoch ist es nach Angaben der Auma zu den nächstplatzierten Standorten Nürnberg mit 192,8 Millionen Euro und Berlin mit 187,6 Millionen Euro noch ein großer Abstand. Spitzenreiter ist Frankfurt mit einem Umsatz von 544 Millionen Euro.(Leipziger Messe feiert Jubiläum 2015)
Die Buchstadt Leipzig konnte nicht mehr an die einstige Größe anknüpfen.
Mit dem Mauerfall verschwindet ein Großteil der Verlage, Buch-Druckereien und -Bindereien – Was bleibt?“ 2013 „liegt Leipzig mit 929 Titeln auf Rang 11 der Statistik. Auf den ersten Blick sieht das gar nicht so schlecht aus. Leider werden hier eher umsatzschwächere Titel produziert, die auf keinen großen Markt stoßen. Führend in der Buchtitelproduktion sind derzeit Berlin und München mit 8.622 und 8.244 Titeln, gefolgt von Hamburg, Stuttgart, Köln und Frankfurt am Main.
(Keiderling 2013b, S. 9)