Kommunikation des Messeausschusses

Gegen-„Propaganda“ und Zeitschrift

Abb.: Zeitschrift des Messeverbandes, September 1894, Nr. 8, S. 89.

Der 1892 gegründete Messeausschuss organisierte und betrieb eine rege Kommunikationstätigkeit, damals unter dem noch nicht negativ konnotierten Begriff Propaganda. Zunächst wandte sich diese gegen die „drohende Gegenmesse in Berlin“. Dazu wurde u. a. 1893 eine eigene Organisation ins Leben gerufen, die fünf Jahre lange bestand: der Verband der Leipziger Messe-Interessenten (Geyer 1997, S. 116). Offiziell oblag diesem Verband die Aufgabe, den „direkten Verkehr zwischen Fabrikanten und Abnehmern“ zu fördern (nach Rodekamp 1997, S. 332). 1893 wurden die ersten Messeausweise als Mitgliedskarten dieses Verbandes herausgegeben.1

Der Messeausschuss publizierte ab Anfang 1894 (Februar) eine Zeitschrift unter dem verantwortlichen Redakteur Dr. Ludwig Pohle – Sekretär in der Handelskammer -, die über 21 Hefte lang bis 1896 oder 1897 bestand. Sie widmete sich vor allem dem Erhalt des Messeplatzes Leipzig und der Förderung des Baus neuer Messehäuser.2

Die in zwangloser Folge erscheinende Zeitschrift …

(…) erwies sich bald als ein wirksames Sprachrohr für die Interessen und die Belebung der Leipziger Messe, weil sie mit ihrer gezielten Information den Willen zur Behauptung ausdrückte und die Wege zur Neugestaltung vor der gesamten Geschäftswelt offenlegte. Gerade in der Sachlichkeit ihrer Berichterstattung war sie dazu angetan. die Gemeinde der Messeinteressenten in Deutschland und Europa zusammenzuhalten und ihr neue Mitglieder zu gewinnen.

(Blaschke 1991, S. 270; Schreibweise modernisiert)

Ausweitung des Instrumentariums

Schnell setzte eine „normale Arbeit“ des Messeausschusses ein, die nicht nur von der „Verlegungsgefahr“ bestimmt war. Es

wurde für den Besuch der Leipziger Messe allgemein geworben. Zu diesem Zweck wurden nicht nur Annoncen in den verschiedensten Zeitungen aufgegeben. Es entstand das erste Messeplakat. Die Stadt stellte die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung, Darüber hinaus übernahm der Messe-Ausschuss der Handelskammer ab 1896 die Herausgabe eines offiziellen Messeadressbuches (…).

(Geyer 1997, S. 116; Schreibweisen modernisiert)

Abb.: Messeplakat aus Heubner 1909, S. 32.

Erstmals wurde also in größerem Umfange inseriert, „wie etwa eine Messebekanntmachung in 19 führenden Inlandsblättern und in Wien (das damals noch weit in den österreichisch beherrschten Donauraum ausstrahlte).“ (Preil 1961, S. 35)

Bentele (1997, S. 152) führt zu Adressbuch und Plakat näher aus:

Das 1896 erstmals vom Messe-Ausschuss der Handelskammer herausgegebene Leipziger-Messe-Adressbuch. Verzeichnis der die Leipziger Messen besuchenden Verkäufer diente vor Beginn der Messe als Informations- und Werbematerial, während der Messe als Orientierungshilfe und nach der Messe als Bezugsquellennachweis.

Das erste – auf der Basis eines Entwurfs von Walter Illner gestaltete – Messeplakat erschien 1907/08, es erhöhte die Publizität der Leipziger Messe erheblich und wurde etwa zehn Jahre benutzt. Das historische Messemotiv das Plakats wurde – weitsichtig unter kommunikationsplanerischen Gesichtspunkten – beispielsweise auch auf Postkarten abgedruckt, die ihren Weg durch die ganze Welt zurücklegten.

(Schreibweisen modernisiert)

Aber bereits vor 1896 brachte jedes Jahr eine kommunikative Neuerung oder Steigerung:

  • 1894: Messeeinladung: „etwa einen Monat vor dem eigentlichen Messebeginn (wurde) die gedruckte, in Zirkularmanier gehaltene Messeeinladung (verschickt), die mit einer ausführlichen Darstellung der neuen Bedeutung und Stellung Leipzigs begann und dann alle organisatorischen Einzelheiten genau aufführte“;
  • 1895: „Ansätze zu einer intensiven und vorbereitenden Auslandswerbung“ mit Hilfe von Werberundschreiben. „Insgesamt gingen 36.000 Exemplare in den Versand, davon 25.000 in deutscher, 3.600 in italienischer, 2.400 in französischer, 2.100 in spanischer, 1.100 in russischer, 1.000 in schwedischer und nur 800 in englischer Sprache.“ (Preil 1961, S. 35)

Austarieren von Interessensunterschieden

Wichtig und diffizil war die Kommunikation der Messe mit den auswärtigen Messeinteressenten, also den verschiedensten Branchen. Die Interessen Leipzigs und seines Handelsbürgertums mit denen gesamtdeutscher und internationaler Wirtschaftskreise auszutarieren, gestaltete sich nicht immer einfach. War es Leipzig in den 1890ern gelungen, die kollektiven Meinungsbildungsprozesse zum eigenen Gunsten zu führen, so konnte allzu viel Einfluss der Auswärtigen auf den Standort auch gefährlich werden.

Protestpotenzial von Ausstellern und Einkäufern manifestierte sich beispielsweise in der Gründung von speziellen Organisationen, die aber teilweise – nachdem die Sorgen aufgegriffen und abgestellt wurden – wieder eingingen. So erblickten 1904 der Verein Leipziger Messe das Licht der Welt, ihm ging es um Raumnot und Mietpreise, oder 1913 der Verband der Aussteller auf den Leipziger Groß-Messen. Er wollte Reformen und prangerte die ständigen Preiserhöhungen an.3

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Preil 1961, S. 35.

2 Rodekamp 1997, S. 334. Nach Blaschke 1991, S. 270, bis 1897.

3 Geyer 1997, S. 116f.