Messe Leipzig als Mustermesse bis zum 1. Wk.

Einleitung

Von der Waren- zur Mustermesse

Abb.: Pelze als wichtige Leipziger Messeware. Pelzniederlage von H. Lomer & Co. in Leipzig vor 1906. Aus einer Veröffentlichung von 1905/06: Zobeltitz, H. v.: Rauchware. Ein Kapitel von Pelzen u. Pelzhandel. Velhagen & Klasings Monatshefte, XX. Jg., 1. Bd., S. 411. Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain.

1894/1895 reformierte Leipzig die alte Waren- zur Mustermesse und ermöglichte damit eine neue Erfolgsperiode bis zum Ersten Weltkrieg.1 Nachdem 1894 die Zahl der Musterlager in Leipzig auf 150 abgesunken war, stieg sie im Jahr darauf auf das Sechsfache an. „Dieser plötzliche Umschwung kennzeichnet den Übergang von der Warenmesse zur Mustermesse in Leipzig“ und war die Antwort auf eine „bedrohliche Krise der Leipziger Messe“ (Blaschke 1991, S. 267 und 274).

In der Messe- und Stadtgeschichte spielt das eine zentrale Rolle. Immerhin gelang es Leipzig als einziger historischer Messe der Welt, ihre ökonomische Bedeutung bis ins 20. Jahrhundert zu halten. Möller (1989, S. 307) schreibt von „erstaunliche(r) Persistenz Leipzigs als Messestandort“. „Die Leipziger Mustermesse war zwischen 1894 und 1915 die einzige in dieser Form in Europa. In den zwanziger Jahren erlangte die Leipziger Messe Weltbedeutung.“ Die Ausstellerzahl wuchs von rund 1.300 im Jahr 1897 über 8.325 im Frühjahr 1919 auf 10.106 im Frühjahr 1927 (Rodekamp 1997, S. 333).

„Zäsuren“ 1894/1895 oder 1916/1917?

Diskutiert wird unter Fachleuten, ob 1894/1895 in der Tat so Zäsur bildend oder ob die Einrichtung des Messeamtes2 für die Mustermessen 1916/1917 nicht wichtiger war. Dies soll hier messegeschichtlich nicht entschieden werden, zumal das PR-Museum auch eine Darstellung zur Zeit ab 1916 vorhält (siehe dort).

Geyer fragt:

War aber damit tatsächlich ein neuer Messetyp, die moderne Mustermesse, aus der Taufe gehoben? Man sprach 1894 vom Musterlagerverkehr. Das meinte eine Geschäftsform, bei der Nachfrager im direkten Kontakt zu Anbietern auf der Grundlage von Warenproben bzw. Mustern Bestellungen aufgaben. Nach diesem Modus kamen aber auch in den zahllosen ganzjährig geöffneten Musterlagern Hamburgs oder Berlins Geschäftsabschlüsse zustande. Solche permanenten Musterlager gab es ebenfalls in Leipzig.

(Geyer 1997, S. 114)

Umgekehrt ist aber festzuhalten dass die „Einführung von Proben und Mustern auf der Messe“ im 19. Jahrhundert an einigen anderen Messestandorten direkt verboten wurde (Pohl 1989, S. 417). Durchgesetzt hat sich die Mustermesse aber dennoch.

Aus kommunikativer Sicht spricht viel dafür, auch 1894/1895 als wichtige Zäsur zu betrachten. Messekommunikation in einem modernen Sinne, als umfangreiche und systematische publizistische und werbliche Tätigkeit, hat in den 1890ern ihren Anfang genommen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Ausbreitung von Werbung sowie der Entstehung des modernen, aktuellen Journalismus und seiner strukturellen Kopplung mit massenmedial gestützter Werbung (Generalanzeigerpresse etc.) zu sehen.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Leipziger Messe GmbH (Hrsg.) ca. 2002, S. 14. Allgemein auch: Zwahr/Topfstedt/Bentele (Hrsg.) 1999.

2 Die zeitgenössische Schreibweise war Meßamt oder Messamt. Wir modernisieren die Schreibweise im Folgenden in Messeamt.

Zum Zäsurcharakter von 1894/1895:

Preil_1961__S._32_ueber_1894ff

Abb.: Faksimile aus Preil 1961, S. 32.