Organisation: Personelle und organisatorische Wandlungen 1916
Wechsel der Hauptfiguren
1916 – militärisch zunächst mit einer Offensive begonnen, dann aber mit ungeheuren Verlusten und Misserfolgen konfrontiert – „änderten sich die Debatten über amtliche Kommunikationspolitik“. „Verständlich wird die kommunikationspolitische Neuorientierung (…) vor dem Hintergrund der problematischen militärischen und politischen sowie sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die im Sommer 1916 schließlich zu einer Ablösung der bisherigen Militärspitze führten“. (Schmidt 2006, S. 113) Durch einen personellen Wechsel in der Obersten Heeresleitung – Paul von Hindenburg wurde neuer Chef des Generalstabs und Erich Ludendorff sein Stabschef – erhoffte man sich mehr Zuspruch im deutschen Volk, denn die beiden waren zu der Zeit schon populär im Deutschen Reich.
Doch für die wachsenden Probleme an der inneren und der äußeren Front des Deutschen Reiches machte man auch die Kommunikationspolitik verantwortlich. Hammann, von der Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amtes und Kanzler-Vertrauter, „musste unter dem Druck der militärischen Führung am 27. Dezember 1916 demissionieren, weil er sich der Aufgabe nicht gewachsen zeigte, die Stimmung der kriegsmüden deutschen Bevölkerung zu heben“ (Koszyk 1973, S. 158). Auf ihn folgte Oberstleutnant a. D. Deutelmoser.
Außerdem setzte konsequenterweise ein Wandel in der amtlichen Öffentlichkeitsarbeit ein: „Für eine Modernisierung amtlicher Öffentlichkeitsarbeit machte sich zunächst eine Gruppe ranghoher Offiziere des Generalstabs stark. Dazu zählte Erich Ludendorff, der sich spätestens seit Ende 1916 für eine kommunikationspolitische Wende einsetzte“ (Schmidt 2006, S. 115).
Militärische Stelle im Auswärtigen Amt auch mit Bildkommunikation
Die „modernistische“ (im Sinne von Schmidt) Öffentlichkeitsarbeit ging vor allem von der im Juli 1916 eingerichteten Militärischen Stelle des Auswärtigen Amtes unter Leitung von Oberstleutnant Hans von Haeften (1870-1937)1 aus. Hier wurde anfangs hauptsächlich deutsche Öffentlichkeitsarbeit im Ausland betrieben, später auch im Inland. Ende des Jahres zählte die Stelle bereits über 100 Mitarbeiter. Bis Kriegsende wurde hier über militärische Öffentlichkeitsarbeit entschieden.
Die Militärische Stelle des Auswärtigen Amtes richtete am 30. Januar 1917 – unter Nutzung von Vorformen – das Bild- und Film-Amt (BuFa)2 ein, welches hauptsächlich für Auslandsaufklärung eingesetzt werden sollte: Das Kriegsgeschehen sollte an allen Fronten festgehalten werden. Auch war es eine Aufgabe des BuFa, alle vorhandenen und zweckdienlichen Film- und Fotomaterialien aus den vergangenen Kriegsjahren zu beschaffen. Das BuFa setzte Teams an allen Fronten ein, die sich aus einem Offizier, einem „Kinooperateur“, einem Fotografen, einem Fotografengehilfen und einem „Trainsoldaten“ (Transporteur) zusammensetzten. Die Fotos wurden unter anderem in Schaukästen ausgestellt, um sie der Öffentlichkeit zu zeigen und auch bis in die kleinsten Bezirke des Reiches vorzudringen.
Ein weiteres neues Medium waren graphische Karten, welche in einer eigens dafür eingerichteten graphischen Abteilung der Militärischen Stelle des Auswärtigen Amtes erstellt wurden. Diese Karten fanden großen Zuspruch in der Bevölkerung, was sich auch an dem Erfolg der sechsten Kriegsanleihe bemerkbar macht. In der Besetzung der Abteilung fand man namhafte Künstler, darunter auch Zeichner der Satirezeitschrift Simplizissimus, die vor Kriegsbeginn ganz klar zur politischen Opposition gehörten.
Weitere Einrichtungen
Auch wichtige Angehörige des Kriegspresseamtes nahmen den (im Sinne von Schmidt 2006, S. 116) modernistischen Kurs auf.
Im Inland bildeten die Kampagnen für die Kriegsanleihen – also für einen möglichst hohen Beitrag der Bevölkerung an der Finanzierung des Krieges – einen eigenständigen Bereich strategischer und operativer Kommunikation. Er wurde hauptsächlich vom Banken- und Finanzsystem getragen bzw. von der Reichsbank koordiniert, die dafür Ende 1916 ein spezielles Nachrichtenbüro einrichtete.3
Anmerkungen
1 Zu von Haeften: Schmidt 2006, S. 115, und http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0021/adr/adrhl/kap1_1/para2_18.html und http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_von_Haeften
2 Vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Propagandafilm