Journalisten im Krieg
1914 – noch vor dem Krieg – war unter Journalisten durchaus ein Bewusstsein vorhanden, dass innerhalb des – wie man heute sagen würde – publizistischen Systems die Presse (Journalismus) und die amtliche Pressearbeit (Öffentlichkeitsarbeit) unterschiedliche Rollen ausüben. Cleinow (1914, S. 287), der Herausgeber der national-liberalen Zeitschrift „Grenzboten“, hatte sich 1914 von der Nachrichtenstelle des Kriegsministeriums gewünscht, die amtliche Pressearbeit möge den Journalisten transparent und nicht bevormundend gegenübertreten:
Es müsse „an der sachlichen und freimütigen Form festgehalten“ werden, „die bis auf eine kleine Entgleisung“ bisher herrschte, und die Presse sei „ohne Ansehen ihrer politischen Richtung“ aufzuklären. Das „Bureau“ dürfe nicht zur „Verdunkelung auch gelegentlicher Unannehmlichkeiten, über die die Presse zu berichten gezwungen ist“, benutzt werden. Und der Pressevertreter müsse die Freiheit haben, „das exakte Material dem Bedürfnis seines besonderen Leserkreises entsprechend kritisch zu bearbeiten“.
Im Ersten Weltkrieg waren allerdings viele Journalisten bereit, die Presse in den Dienst der Kriegsführung und des Staates zu stellen und quasi unter diesen Ausnahmebedingungen Aufgaben staatlicher Propaganda zu übernehmen. Der Reichsverband der deutschen Presse erklärte 1915:
Die gegenwärtige ernste Zeit hat seit Beginn des Krieges die deutsche Presse vor die hohe und schwere Aufgabe gestellt, den freudigen Geist der Erhebung und Aufopferung des deutschen Volkes zu pflegen und beständig wachzuhalten. Diese Haltung der deutschen Presse hat wiederholt die Anerkennung der maßgebenden behördlichen Stellen gefunden. Die Presse ist entschlossen, in dieser Haltung zu verharren und unter Hintansetzung sonst berechtigter Interessen alles zu tun, um die Kraft und Einheit des Vaterlandes zu sichern.
(Mitteilungen RVDP 1915, zit. nach Bertkau 1928, S. 8)
Heinrich Rippler formulierte 1916 im Jahrbuch des Evangelischen Presseverbandes:
Während die Presse sonst in vielfarbigen Gewande auftritt, kennt sie jetzt nur noch eine Farbe: feldgrau.
(Zit. nach Bertkau 1928, S. 8)