Kriegs- und Befreiungspublizistik aus dem Ausland und bei der kämpfenden Truppe I

Literarisch-publizistische Begleitung des Feldzuges von Russland Richtung Westen

Einzelinitiativen und im Dienst der Russen

Abb.: Garlieb Merkel. Quelle: lv.wikipedia / Wikimedia Commons, Public Domain.

Zunächst waren es wohl Einzelinitiativen von Männern wie Merkel und anderen, die mittels Flug- und Zeitschriften die öffentliche Meinung gegen Napoleon aufstachelten.1 Garlieb Merkel (1769-1850), ein deutsch-baltischer Publizist, war und ist nicht ganz so bekannt wie Arndt, Cölln, Kleist oder Görres. Trat er zunächst vor allem als Literaturkritiker und (Weiter-) Entwickler des deutschen Feuilletons auf, so politisierte sich seine publizistische Tätigkeit nach 1805/06. Er ging nach Riga, um von dort aus 1807 seinen intellektuell-kommunikativen Kampf gegen Napoleon fortzusetzen.

Dabei stellten sich er und andere freiwillig auch in den Dienst der russischen Armee, weil diese seinerzeit die militärische Speerspitze im Befreiungskampf darstellte und die größte Erfolgschance bei der Verbindung von (publizistischem) Wort und (militärischer) Tat bot.

So gab

(…) Merkel auf Aufforderung des Oberkommandierenden der russischen Truppen in Livland, Generalgouverneur Paulucci, den ‚Zuschauer‘ heraus, der den preußischen Truppen zugeleitet und von York nach Berlin gesandt wurde. Dieses Blatt unterrichtete die preußischen Truppen, ‚die von jeder Nachricht über Napoleons Katastrophe (in Russland – d. Verf.) abgeschnitten waren, ständig ausführlich über die militärische und politische Situation‘ (…)

(Bialowons 1976, S. 210).

 

Erfolge und Verstetigung

Dass solcherart Kriegspublizistik offensichtlich durchschlagende Wirkung hatte – heute würde man wohl auch von psychologischer Kriegsführung (PSK) reden –, bestärkte die militärisch und politisch Verantwortlichen, sie auszuweiten. Dazu Merkel:

Die Wirkung, die der ‚Zuschauer‘ im preußischen Lager machte, muss meine lebhafte Erwartung übertroffen haben, denn der Kriegsgouverneur brach einmal, wie mir der Generalsuperintendent Sonntag erzählte, in dessen Gegenwart, nach Eröffnung einer Depesche, in die Worte aus: ‚Merkel hat mir größere Dienste geleistet, als ein Korps von 20.000 Mann!‘

(Zit. nach: Bialowons 1976, S. 210f.).

Durch Kommunikationserfolge und Förderung von Seiten der Militärs begünstigt, verfestigte und verstetigte sich die „literarische Bewegung“, die den Truppen vorauseilte bzw. sie begleitete.

In Russland ist diese Bewegung groß geworden, die mit den Russen nach Königsberg hineinflutete, dann nach Breslau, Berlin, Dresden etc. drang. Immer sind es dieselben Schriftchen und Aufrufe, die als Pioniere der sich nun erhebenden literarischen Bewegung vorauseilen, die vor allem zuerst gratis verteilt, dann im Lande neu aufgelegt werden, woran sich neue durch den in den Orten entfachten neuen Geist hervorgerufene anschließen.

(Czygan, I, S. 76, zit. nach Bialowons 1976, S. 239)

Autor(en): T.L.P.ST.

Anmerkungen

1 Vgl. Groth 1929: 71ff.