Reaktive Phase (1848-1871)

Zweite Phase: Reaktive Phase (1848-1871)

Die Revolution von 1848 veränderte vieles, manches aber nicht von Dauer

Die Märzrevolution von 1848 veränderte die Situation völlig. Die Frankfurter Nationalversammlung proklamierte in ihren „Deutschen Grundrechten“ die Pressefreiheit, die später Eingang in die Reichsverfassung fand. Während der Revolution entstand eine mehr oder weniger pluralistische Presselandschaft. Es kam in Preußen zu zahlreichen Zeitungsneugründungen, die den Ideen der bürgerlichen Revolution zum (teilweisen) Durchbruch verhalfen. Die neuen Zeitungen nahmen von links bis rechts Einfluss auf das politische Zeitgeschehen. Als Reaktion darauf wurde im Sommer 1848 das Literarische Kabinett gegründet, eine Institution, die dem Staatsministerium des Innern unterstellt war. Eine der Aufgaben des Literarischen Kabinetts war es nun, die Regierungsmeinung möglichst unauffällig über die Presse in die Öffentlichkeit zu lancieren. Hauptmittel der damaligen Pressepolitik waren Subventionen für Journalisten sowie kostenlos erhältliche „Correspondenzen“ (Abdrucke) der neuesten Regierungsmeldungen.

1850 und 1851-1859 arbeitete der Schriftsteller Theodor Fontane in bzw. für die staatliche Pressestelle als Texter und subventionierter Korrespondent.1

Abb.: Nationalversammlung 1848/49. Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei).

Abb.: Theodor Fontane (ca. 1860). Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei).

In den 1850er- und 1860er-Jahren: Beobachtung & Lenkung, Korrespondenzen & Waschzettel …

Auch nach der Umbenennung und Reorganisation der Behörde, die seit 1851 „Centralstelle für Preßangelegenheiten“ hieß, bestanden die Haupttätigkeiten des Büros in der Beobachtung der Presse und der versuchten Presselenkung. Ein wichtiges Steuerinstrument war die „Sonntags-Correspondenz“ als semi-mediales Informationsangebot an die Redaktionen. Sie wurde von diesen auch nachgefragt, da der Presse häufig finanzielle Mittel fehlten, um eigene Nachrichten aus der Fremde einzuholen. Am 8. Februar 1860 wurde die Behörde erneut umbenannt und umstrukturiert.2 Von nun an hieß sie bis zu ihrer Auflösung im März 1920 „Literarisches Bureau“ – in Zeiten der Monarchie – „des Königlichen Staatsministeriums“.

Mit der Regierungsübernahme in Preußen durch den ehemaligen Journalisten Bismarck3 wurde die Presse wieder strenger kontrolliert. Bismarck griff durch und entzog auch Lizenzen. Das Literarische Büro wurde u. a. von Geheimrat Ludwig Hahn geleitet. Hahn führte das Instrument des „Waschzettels“ ein. Ziel des Waschzettels war die Verbesserung der internen Kommunikation auf breiter Basis, und das Sammeln von Informationen für die Korrespondenzen. Das „System der Waschzettel“ bestand darin, dass täglich ein Mitglied des Literarischen Büros bei den verschiedenen Lektoren der einzelnen Ministerien Mitteilungen, Anfragen und Erwiderungen einholte und diese an die eigenen Literaten zur freien Ausformulierung weiterleitete, bevor diese später an die Zeitungen gingen.

Während des preußisch-österreichischen Krieges (1866) erhielt das Büro die Aufgabe, die amtlichen Nachrichten vom Kriegsschauplatz herauszugeben. Ziel dieser Maßnahme war eine Zentralisierung und damit Beherrschung des Nachrichtenflusses. So sollte u. a. sichergestellt werden, dass nur Nachrichten verbreitet wurden, die die Einstellung des Volkes nicht „negativ“ beeinflussten. Das Literarische Büro arbeitete zu dieser Zeit eng mit dem Wolffschen Telegraphenbüro zusammen.

Autor(en): C.G.K.Z.T.L.

Anmerkungen

1 Kunczik 1997, S. 87-89.

2 Sänger 1966, S. 15.

Vgl. Kunczik 1997, S. 89ff. Zu Bismarck auch Naujoks 1968.