Literarisches Büro
Staat, Pressepolitik und Presse
Das Literarische Büro als Instrument des Staates gegenüber der Presse
Staatliche Pressepolitik umfasst in einem weiten Sinne alle Maßnahmen, die ein Staat gegenüber der Presse unternimmt: von der allgemeinen Rahmensetzung für das Wirken der Presse bis hin zu konkreten Kontakten mit einzelnen Zeitungen und Journalisten. Neben wahrheitsgetreuen Informationsleistungen können auch manipulative Desinformationen zum Spektrum der inhaltlich-informationellen Pressearbeit eines Staates gehören. Das Literarische Büro war ein Produkt, Instrument und Organ der preußischen bzw. deutschen Pressepolitik über viele Jahrzehnte im 19. und 20. Jahrhundert, unter der Herrschaft preußischer Könige und deutscher Kaiser.
Die Presse als Gesamtheit der drucktechnisch wiedergegebenen – periodischen, aber in einem weiten Verständnis auch einmaligen – Ausgaben von Erzeugnissen aus der „Presse“ stellt das erste Medium in der Geschichte dar, das Informationen, Meinungen sowie Belehrung und Unterhaltung an eine prinzipiell unbegrenzte Öffentlichkeit vermittelt. Es ist nahe liegend, dass in Gesellschaften, die nicht oder nur ansatzweise demokratisch organisiert sind, die Presse häufig als Sprachrohr der Politik dient (oder aus Sicht der Herrschenden dienen soll). Und es erklärt die unablässigen Bemühungen autoritärer, nicht-demokratischer Regimes, eine entstehende (wenn auch ggf. nur teilweise) unabhängige oder kritische Presse unter ihre Kontrolle zu bringen oder wenigstens zu beeinflussen.1
Staatlicher Presseapparat seit den 1840ern
Um die im 19. Jahrhundert expandierende Presse zu lenken, wurden staatliche Institutionen gegründet.2 So ist zu erklären, dass das heutige Bundespresse- und Informationsamt (BPA)3 als Behörde des demokratischen Deutschlands auf zahlreiche Vorläuferorganisationen zurückblicken kann. Deren Hauptaufgaben vor 1919 bzw. 1945 waren die Beobachtung und die Beeinflussung der Presse bzw. der öffentlichen Meinung, teilweise aber auch die Verhinderung von Informationen. 1815/16 wurde das erste Literarische Büro beim preußischen Staatskanzler Hardenberg eingerichtet, 1841 das „Ministerial-Zeitungsbureau“ im preußischen Innenministerium gegründet, 1848 gefolgt vom „Literarischen Cabinet“.
Vor allem in Kriegszeiten ist die Presse der Propaganda staatlicher Pressearbeit ausgesetzt und wird als Mittel zum Zweck, insbesondere zur Manipulation der Bevölkerung, betrachtet. Allerdings gelang dies nicht immer wie beabsichtigt, woran auch die Komplexität des politischen bzw. Verwaltungs-Apparates und Kompetenzgerangel ihren Anteil hatten.4 „Der offiziöse Presseapparat war so verschachtelt, dass man im Ausland schließlich glaubte, keine Meldung in der Presse sei ohne die Direktiven der preußischen Regierung zustande gekommen. Dies war das Ergebnis einer Pressepolitik, die sich vieler Instrumente bediente: Korrespondenzen, Subventionen oder Bezahlung von Schriftstellern“ (Nöth-Greis 1997, S. 1).
Anmerkungen
1 Zu den allgemeinen Rahmenbedingungen u. a. Goros 1998.
2 Zunächst war es nach dem Wiener Kongress von 1815 und den Karlsbader Beschlüssen zu einer Phase der Restauration und wieder verstärkten Zensur gekommen. In Preußen änderte sich die Situation erst mit dem Thronwechsel im Juni 1840 an Friedrich Wilhelm IV., schreibt Kunczik 1997, S. 83.
3 Zum Presse- und Informationsamt der Bundesregierung siehe u. a.: Kordes/Pollmann 1989.
Bildnachweis für Beitragsbild (Karte ganz oben): Königreich Preußen im Deutschen Kaiserreich. Quelle: IEG-Maps project, Urheber: User:52 Pickup. Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de