Pressearbeit der Messe

Ziele und Formen

Abb.: Die Aussteller buhlten um Publicity: „Ein als Chinamann Gekleideter macht Propaganda für ein Kinderauto.“ Der Bilduntertitler setzte noch einen drauf: „China auf der Leipziger Messe“. Und verknüpfte damit eine zentrale Messe-Botschaft: „Trotz schwerer wirtschaftlicher Depression begann die Leipziger Frühjahrsmesse (1932) mit einem guten Auftakt für Käufer und Verkäufer aus allen Herren Länder.“ Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-13205A, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Der Direktor des Messeamtes, Dr. Raimund Köhler, formulierte 1917 seine Vorstellungen von der Pressearbeit nach Kriegsende:

Ein zu schaffendes enges Netz von Korrespondenten sollte das Messeamt, mit der Aufgabe, Bericht zu erstatten und die Propaganda einzuleiten, an allen wirtschaftlich bedeutenden Plätzen vertreten. Von besonderer Wichtigkeit sollte dabei die Aufrechterhaltung engster Beziehungen mit der in- und ausländischen Presse sein. Mit Inseraten allein, so Köhler, wäre es nicht getan. Ein ständiger persönlicher und schriftlicher Verkehr mit den Schriftleitungen erscheine unentbehrlich. Nur so könne es allmählich erreicht werden, dass in der großen Presse die Mustermessen in Leipzig als wirtschaftlicher Faktor von außerordentlicher Wichtigkeit anerkannt und dementsprechend gewürdigt würden.

(Zit. nach: Tänzler 1999, S. 472)

Der Pressedienst der Messe – in Form von „gedruckten ‚Waschzetteln‘ und Originalaufsätzen berufener Fachschriftsteller“, als Vor-, Tages-, Situations- und Nachberichte, als „Artikel“ und „Notizen“ – enthielt „Termine, Teilnahmebedingungen und dergleichen für die Messe, […] wirtschaftliche Fragen, Verschiebungen der Geschäftslage und allgemeine politische sowie wirtschaftliche Erwägungen, welche mit dem Messegeschehen im Zusammenhang standen“. Eine wichtige Rolle spielte der Neuheitendienst. Es wurden sowohl Material versandt, das der Presse als Grundlage für eigene Berichterstattung dienen konnte, als auch druckfertige Berichte. (Tänzler 1999, S. 475 und 478ff.).

Das Leipziger Messeamt (LMA) „nutzte auch die Dienste der großen Korrespondenz- und Telegraphenbüros zur Verbreitung ihrer Mitteilungen, sei es brieflich oder auf dem drahtlosem Weg. Zusammen mit den Artikeln und Notizen veröffentlichten die verschiedenen Zeitungen Bilder, besonders in den Blättern des romanischen und des lateinamerikanischen Raumes. Für die Herstellung der Bilder kamen Fotos oder Matern zur Verwendung, die das Leipziger Messeamt aus seinem Fotoarchiv bereitstellte.“ (Tänzler 1999, S. 480).

Das LMA drängte die Aussteller, ebenfalls adäquate, das heißt aufbereitete Informationen für die Journalisten bereitzuhalten, damit diese die Neuerungen im Markt erkennen und aktuell über die Messe berichten konnten.

Infrastruktur, Veranstaltungen, Resonanz

1921 wurde ein Pressezimmer eingerichtet, während der Messen fand ein Presseabend – schon 1919 hatte es einen Bierabend für Journalisten gegeben – statt.1 1936 installierte die Messeverwaltung ein neues Pressezentrum im Haus der Nationen am Markt. Ausgestattet mit Diktier-Logen, Telefon- und Telegraphen-Diensten bot das Haus den Journalisten gute Arbeitsbedingungen – außerdem gehörten gesellige Abende und Reisen durch Sachsen zum Angebot des LMA. In jenem Jahr hielten sich zur Messe gut 2.000 Journalisten aus 24 Ländern in Leipzig auf, täglich nutzten 200 bis 300 Journalisten die neue Einrichtung.2

Zum Repertoire der Arbeit mit Journalisten gehörten auch Pressekonferenzen. Diese zentralisierte Informationsweitergabe an Medienvertreter wurde hoch geschätzt. In dem weiter vorn bereits zitierten Protokoll des Propaganda-Ausschusses ist zu lesen:

3. Pressekonferenz in Leipzig, u. auch in anderen Städten

Herr Dr. Köhler schlägt vor, eine Pressekonferenz in Leipzig abzuhalten, von derartigen Veranstaltungen in anderen Städten aber abzusehen. Herr Prof. Dr. Houben und der Vorsitzende sprechen für die Abhaltung in anderen Städten (München usw.), die Herren Gerlach und Behrmann dagegen (Gerlach aber für Berlin). Herr Gerlach beantragt und der Ausschuss beschließt, Pressekonferenzen in Leipzig oder Berlin sind wichtig, in anderen Städten sollen sie dann stattfinden, wenn der Nachweis des Bedürfnisses erbracht wird. Die ständigen Pressekonferenzen sollen im Sommer gegen Anfang bis Mitte Juni, im Winter in der Zeit vom 1.-10. Januar stattfinden.

(StA-L, LMA [I], Geschäftsakten Nr. 1292, Aufnahme 6)

Nach der LMA-eigenen Analyse von 1918 informierte die Leipziger Kommunikationszentrale 350 Tageszeitungen und Fachzeitschriften. 1928 erschienen weltweit 105.000 Artikel (und auch 6.150 Anzeigen).3 Die aufmerksamkeitsstarke Präsentation der Medienresonanz als Erfolgsbeweis der eigenen Pressearbeit war offensichtlich schon damals ein Bedürfnis, wie eine Abbildung von 1926 zeigt.4

Abb.: Präsentation der Medienresonanz. Aktenbestand LMA, F 1787. Entnommen aus: Tänzler (Magisterarbeit), S. 11.

Autor(en): T.G.T.L.

Anmerkungen

1 Marhenke 1999, S. 489.

2 LMA (Hrsg.): Aus der Arbeit des Leipziger Messeamts. Nr. 2, April 1936, S. 4. Zu den Presseabenden: LMA (Hrsg.): Aus der Arbeit des Leipziger Messeamts. Nr. 4, August 1936, S. 2. Es dürfte sich hier um gesellige Runden gehandelt haben, die tatsächlich wenig Gelegenheit für kritische Fragen boten.

3 Vgl. LMA (Hrsg.): Handbuch der Leipziger Messe für Aussteller und solche, die es werden wollen.

4 Aktenbestand LMA, F 1787. In: Tänzler (Magisterarbeit), S. 11.