Pressekonferenz

Eine scheinbar selbstverständliche Veranstaltung mit sehr komplexem Hintergrund

Abb.: Eine gesamtdeutsche Pressekonferenz am 21.12.1972 nach der Unterzeichnung des Berliner Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD. Im Festsaal des Hauses des Ministerrates der DDR fand ein Pressegespräch statt. Der Staatssekretär beim Ministerrat der DDR Dr. Michael Kohl (r.) und der Bundesminister für besondere Aufgaben Egon Bahr beantworten Fragen der Journalisten. Dass die Journalisten stehen und nicht sitzen, ist allerdings eher unüblich. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-L1221-0020 / Link, Hubert / CC-BY-SA. http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

Die Pressekonferenz – und ihr „kleiner Bruder“: das Pressegespräch – gelten seit Jahrzehnten je nach professioneller Perspektive als Standardinstrument der Public Relations bzw. als Informationsquelle im journalistischen Alltag.1 Trotz heutiger Selbstverständlichkeit und Allgegenwärtigkeit2 einer solchen Veranstaltung von Öffentlichkeitsarbeitern und Führungspersonen einer (wirtschaftlichen, politischen etc.) Organisation für Journalisten scheint sie nicht unproblematisch zu sein. Der 1923 geborene amerikanische Schriftsteller und Pulitzer-Preisträger Norman Mailer soll einmal gesagt haben: „Journalisten sind Leute, die fragen, ohne Antworten zu bekommen. Politiker sind Leute, die antworten ohne gefragt zu sein.“3 Und jene Journalisten und Politiker treffen sich deshalb auf Pressekonferenzen.

Was passiert nun aber, etwas ernsthafter betrachtet, auf einer Pressekonferenz (von Insidern häufig als „PK“ abgekürzt): Eine PK ist eine Veranstaltung zu einem besonders wichtigen, aktuellen Thema, über das vornehmlich Journalisten schnell und direkt informiert werden. Die Teilnehmer an der PK teilen sich in diejenigen, die Auskünfte geben und damit eine Organisation, eine politische Partei, ein Unternehmen, eine Interessensgemeinschaft vertreten, und in diejenigen, die diese Auskünfte erhalten sollen/wollen, also die Journalisten.

PR-Veranstaltung und Service für Journalisten

Trotz des Charakters einer Pressekonferenz als PR-Veranstaltung ist sie auch ein Service für Öffentlichkeit und Journalisten. Auf PR-Seite besteht in unserer heutigen Mediengesellschaft prinzipiell kein Interesse an einer „Manipulation“ der Journalisten, denn die teilweise diskursive Form der Pressekonferenz (Journalisten stellen Fragen) bietet auch der PR Chancen. So kann beispielsweise ein komplexer Sachverhalt für die Journalisten und damit die Öffentlichkeit umfassend und authentisch dargestellt und erläutert werden. Außerdem bringt eine Pressekonferenz den Vorteil, Probleme, Streitigkeiten und Kritik zu diskutieren. So erhält der Auskunftgebende bereits ein erstes Feedback auf seine Mitteilungen und kann diese noch erläutern, ergänzen oder korrigieren. Auf der anderen Seite kommt der Journalist so auch an Hintergrund- oder atmosphärische Informationen, zum Beispiel über die eventuelle Divergenz des Themas oder die fehlende Kritikfähigkeit der Auskunftgebenden.

Damit wiederum sind für die PR-Seite Unwägbarkeiten verbunden, die durch eine gute Vorbereitung möglichst in Grenzen gehalten werden sollen.4 Eine Möglichkeit für den PR-Treibenden, nicht gewünschte Publikations-Effekte zu vermeiden und dennoch mit Journalisten ins Gespräch zu kommen, ist das Hintergrundgespräch – gewissermaßen eine Sonderform der Pressekonferenz. Darin erfolgen vertrauliche Mitteilungen, die nicht oder nicht zum aktuellen Zeitpunkt für die Öffentlichkeit, sondern nur für die Journalisten bestimmt sind. Klare Vertraulichkeitsregeln sind gerade zwischen politischen Repräsentanten und Journalisten festgelegt. Zwar werden von manchen Journalisten, insbesondere von Anhängern radikaler Öffentlichkeitsverständnisse, solche Hintergrundgespräche kritisch gesehen oder abgelehnt, der Journalismus an sich erkennt aber die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit solcher vertraulichen Beziehungen an.5

Organisatorisches zur PK in Wirtschaft und Politik

Die Organisation und Leitung der PK obliegt bei einem Unternehmen, einem Verband etc. der PR-Abteilung, die die Journalisten einlädt. Institutionalisierte (meist turnusmäßig stattfindende) Pressekonferenzen im staatlich-politischen Bereich funktionieren häufig – jedenfalls formal-organisatorisch – anders: Bei der Bundespressekonferenz beispielsweise laden die Journalisten die politischen Akteure bzw. Pressesprecher der Regierung ein. Damit wird der demokratietheoretisch wichtigen Rolle des Journalismus vor allem gegenüber dem Staat Rechnung getragen. (Trotzdem bereiten sich auf staatlicher Seite „Kommunikations-Profis“ strategisch und operativ gut vor.)

Quantitativ wird heute die Mehrzahl der Pressekonferenzen wohl von Unternehmen veranstaltet, deren PR-Abteilungen dieses spezielle Ereignis organisieren, um ein neues Produkt, die Jahresbilanz, eine technische Neuerung etc. vorzustellen. Die Geschichte der Pressekonferenz ist aber – jedenfalls nach bisherigem Kenntnisstand – eher mit der Pressegeschichte und vor allem der Pressepolitik seit dem deutschen Kaiserreich 1871 verbunden. Vor allem aus diesem (presse-)politischen Blickwinkel wird im Folgenden die Pressekonferenz geschichtlich eingeordnet und verfolgt – beginnend mit ihrem Aufkommen bis zur Gründung der Bundespressekonferenz (e. V.).

Autor(en): P.S.T.L.

Anmerkungen

1 Obwohl heute auf „Presse“-Konferenzen in der Regel auch Vertreter von Hörfunk, Fernsehen und Online-Medien teilnehmen, konnte sich der modernere Begriff „Medien“-Konferenz nicht durchsetzen – wohl auch, weil Letzterer als Tagung über Medien missverstanden werden kann.

2 Peter Szyszka charakterisiert die Pressekonferenz als „rituelles Ereignis“ (Bentele, Günter; Fröhlich, Romy; Szyszka, Peter [Hrsg.]: Handbuch der Public Relations. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 2. Auflage 2008. S. 615).

3 Von Mailer werden im Internet auf einschlägigen Zitate-Plattformen viele Sprüche zu allen möglichen Themen kolportiert, vgl. u. a. http://zitate.net/norman%20mailer:2.html (Abruf am 8.11.2011)

4 Das Kritik- und Konfliktpotenzial von Pressekonferenzen (damit möglicherweise auch die Bedeutung von PKs an sich) hat aber nach Aussagen von Branchenkennern in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Die zunehmende Konkurrenz zwischen den journalistischen Medien führt dazu, dass die einzelnen Journalisten brisante Themen eher nicht vor der versammelten Kollegenschar abhandeln möchten und exklusive Zugänge zu Organisationsvertretern bzw. Öffentlichkeitsarbeitern vorziehen.

5 Der Pressekodex des Deutschen Presserates (Selbstkontrollorgan) enthält dazu explizite Festlegungen. Insbes. Ziffer 5 und Richtlinie 5.1. http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html (Abruf am 8.11.2011)

 

Bildnachweis für Beitragsfoto (ganz oben): Saal der Bundespressekonferenz am 27.8.2006. Foto: Anton Schubert, Berlin. Quelle: Wikimedia Commons Attribution Share alike 2.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.en