Binnenorganisation der Kommunikation

Abteilungen für Kommunikation

Innerhalb des neuen Messeamtes wurde schon wenige Monate nach seiner Gründung eine Literarische Abteilung eingerichtet. Diese löste die Kaufmännische Abteilung „in der Herausgabe der Messezeitung Die Leipziger Mustermesse ab, kümmerte sich um die Werbedrucksachen, um die Schaltung von Anzeigen und gestaltete die Pressearbeit. Hier begegnet uns die Perfektionierung der […] Kommunikation, die anderen Funktionszusammenhängen als denen einer kaufmännischen Abteilung folgte.“ (Marhenke 1999, S. 487)

Die am 20. Juni 1917 gegründete Literarische Abteilung war zunächst in der Gerberstraße 3 ansässig und zog 1922 in die Alte Waage am Markt um. Anfangs von H. Behrmann geleitet, wurde sie 1920 umstrukturiert (Einrichtung des Pressedienstes) und von Prof. Dr. H. H. Houben geführt. 1921 ging der Chefposten an Paul Voß.1 Zur Abteilung gehörten nun auch Bibliothek und Archiv. „Später war die Literarische Abteilung auch für Anweisungen betreffs der Werbung im Ausland, die Herstellung notwendiger Drucksachen und die Erteilung der Werbeaufträge im Inland zuständig.“ (Peter 1999, S. 704)

Abb.: Messeorganisation in Frankfurt am Main. Faksimile aus: Müller 1919, S. 5.

1921 entstand im Messeamt eine Verlagsabteilung, die ab 1923 als selbstständige GmbH betrieben wurde. Diese errichtete nach der Herbstmesse 1924 auf der Technischen Messe eine eigene Druckerei. Seit 1921 wirkte auch eine Werbedienst GmbH. 1934 wurden die Verlagsanstalt und Werbedienst GmbHs vom Messeamt übernommen.2 Ob eine bestimmte – vor allem operative – Funktion innerhalb der „Verwaltung“ bzw. öffentlich-rechtlich realisiert oder ob – wie man heute neudeutsch sagen würde – privatrechtliches „Outsourcing“ betrieben wird, war auch damals Wandlungen unterworfen.

Im städtischen Verwaltungsbericht der Kriegsjahre 1914-18 ist von der „literarische[n] (Propaganda-) Abteilung“ die Rede.3 Ein Indiz dafür, dass die Arbeitsaufgaben der Literarischen Abteilung weitgehend mit Propaganda im damaligen Sinne gleichgesetzt wurden. Auch Messeamtschef Köhler (1917/18, S. 9) sprach in einer Quelle vom „Propaganda-Bureau“ für die Messe. In Leipzig pflegte man offensichtlich von Anfang nicht nur ein integriertes Kommunikationsverständnis, sondern setzte es auch institutionell um. Dies zeigt sich am organisatorischen Unterschied zur Messe in Frankfurt am Main: Dort gab es einerseits, so für „Anzeigenpropaganda“, das „eigentliche Propaganda-Bureau“ und andererseits, für die „literarische Werbearbeit“ das „Literarische Bureau“. (Müller 1919, S. 5)

Ausschüsse und internationales Netzwerk

Dem Messamt waren Ausschüsse angegliedert, über die externer Sachverstand in dessen Arbeit einfließen sollte. Protokolliert ist u. a. eine Sitzung des Propaganda-Ausschusses vom 29. Juni 1921. Daraus wird deutlich, dass die persuasive Kommunikationsarbeit (Propaganda hier als zeitgenössischer Begriff für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung) in der Hierarchie der Aufgaben des Messamts weit oben stand:

1. Aussprache über die Kompetenzen des Propaganda-Ausschusses

Herr Dr. Köhler [als Vorsitzender des Messeamts, Anm. d. Verf.] erläutert die Stellung des Messeamts zum Propaganda-Ausschuss dahin, dass die Beschlüsse des Letzteren als sehr maßgeblich vom Messeamt behandelt werden und bisher nach auch seines Wissens immer ausgeführt worden seien, soweit der finanzielle Rahmen dies zuließe. Der Ausschuss wurde zumeist in allen Propagandafragen gehört. […] Vorsitzender Goldfreund […] betont, dass die großen Fragen der Propaganda zu den Hauptaufgaben des Ausschusses gehören müssen.

(StA-L, LMA [I], Geschäftsakten Nr. 1292, Aufnahme 5)

Abb.: Werbung auf der Leipziger Messe 1930: Die wandelnde Uhr im Reklameumzug der Messe. Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-09297, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Weltweit richtete das Messeamt „ein Netz von Geschäftsstellen und ehrenamtlichen Vertretern“ ein. Erstere kamen Ende der 1920er-Jahre auf 11 und Zweitere auf 199 in 86 Ländern. Diese Auslandsmitarbeiter arbeiteten für die Presseschauen und Lageberichte zu. (Peter 1999, S. 707) 1930 existierten ebenfalls 11 Geschäftsstellen und zusätzlich 209 ehrenamtliche Vertretungen in 84 Ländern. Diese Vorposten der Messe hatten den Auftrag, Aussteller und Einkäufer zu werben, Kontakte zu lokalen Firmen, Verbänden sowie Medien zu etablieren und zu pflegen, Plakate zu verteilen und Reisehilfe für Interessenten anzubieten. Je nach Einsatzort war auch politischer Lobbyismus ihre Aufgabe.4

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Stadt Leipzig für kommunale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stadtwerbung sowie Fremdenverkehrs-PR eine eigene Organisationsstruktur schuf5 – so dass insgesamt für den Standort Leipzig ab den 1920er-Jahren eine schlagkräftige und arbeitsteilige Kommunikations-Logistik existierte.

Autor(en): T.L.T.G.

Anmerkungen

1 Zu Voß: „Geboren am 13. Dezember 1884 in Hamm/Westfalen. Seit über 25 Jahren im Dienst des Leipziger Messeamtes. Übernahm im Frühjahr 1948 nach dem Rücktritt Dr. Seidels die Direktion des Städtischen Messeamtes.“ (In: Der Spiegel 37/1948. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44418832.html)

2 Peter 1999, S. 704f.

3 Stadt Leipzig (Hrsg.): Verwaltungsbericht 1914-18, S. 28. Runde Klammern im Original.

4 Vgl. StA-L LMA (I), Geschäftsakten Nr. 507, Aufnahme 17.

5 Liebert 1999, S. 690.