Nach dem Zweiten Weltkrieg (vierte Lebensphase)

Wiederaufnahme der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit auf Landesebene

Die Kapitulation der Deutschen und zugleich das Ende des Zweiten Weltkrieges lagen bereits zehn Monate zurück, als Zechlin Anfang März 1946 von Spanien nach Deutschland zurückkehrte. Von den Engländern wurde er zunächst 14 Tage im Lager Neuengamme interniert.1 Dann schlug er sich in Lüneburg als Dolmetscher durch.2 Noch im selben Jahr beauftragte ihn das hannoversche Oberpräsidium mit der Leitung der Pressestelle, die damals in der Staatskanzlei des wieder eingerichteten Landes Hannover geschaffen wurde. Das Land Hannover sollte jedoch nur wenige Monate bestehen, bis es zum 1. November 1946 mit den Ländern Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe zum Land Niedersachsen zusammengefasst wurde. Als erster Ministerpräsident von Niedersachsen amtierte der Sozialdemokrat Hinrich Wilhelm Kopf, der zuvor bereits die Regierungsgeschäfte des Landes Hannover geleitete hatte. Auch in der neuen Position hielt Kopf an Zechlin als seinem Pressechef fest, womit dieser zum Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Landes Niedersachsen wurde.3

In seiner Funktion als Pressechef des Landes Niedersachsen griff Zechlin auf eine Reihe von Instrumenten der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit zurück, die er bereits als Reichspressechef der Weimarer Republik genutzt hatte. So berichtet Zechlin in seinen Memoiren, dass er bald wieder dreimal wöchentlich eine Pressekonferenz „nach einstigem Berliner Muster“ abhielt. Es handelte sich um die erste Landespressekonferenz in Nachkriegsdeutschland 1947 in Hannover.4 Bei dieser Pressekonferenz traten er und die Pressereferenten der einzelnen Ministerien als informierende Gäste vor den Journalisten auf. Zum Zweck seiner eigenen Information sowie zur Information der Regierungsmitglieder nahm er außerdem auch wieder an den Kabinettssitzungen teil und hielt dem Ministerpräsidenten Kopf Pressevorträge. Für die interne Information fanden darüber hinaus auch sogenannte Presseberichte Einsatz, die die Presseabteilung des Landes Niedersachsen unter Zechlins Leitung täglich an alle amtlichen Stellen und Staatsbediensteten verschickte.5

Kopf, die SPD und Niedersachsen

Abb.: Dr. Hinrich Kopf auf der Ministerpräsidenten-Konferenz der 3 Westzonen auf dem Berghotel Rittersturz in Koblenz 8.-10.7.1948. Quelle: Bundesarchiv, Bild 145 Bild-F046120-0016, Vollrath, CC-BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Kopf (1893-1961), in der SPD seit 1919, war bis 1932 sozialdemokratischer Landrat und wurde 1933 aus dem öffentlichen Dienst entlassen, hatte also diesbezüglich ein ähnliches Schicksal wie Zechlin. Während der NS-Zeit betätigte er sich privatwirtschaftlich, hat sich dabei als Vermögensverwalter im besetzten Polen allerdings auch der Enteignung und Aussiedlung der polnischen Bevölkerung mitschuldig gemacht. Dies veranlasste in jüngster Zeit aufgrund neuerer Forschungsergebnisse über Kopf einige Medien dazu, vom nachträglichen „Sturz einer Legende“ zu berichten.6

Nach 1946 der erste Ministerpräsident Niedersachsens, absolvierte er bis 1955 zwei Amtsperioden, zog sich dann aus der Politik zurück und ging in die freie Wirtschaft. „1957 kehrte er als Innenminister in die Landespolitik zurück, von 1959 bis zu seinem Tode amtierte er erneut als Ministerpräsident.“7 Die SPD, auf Bundesebene in der Opposition, besaß damit in Niedersachsen ein Zentrum ihrer Macht. Anlässlich des Todes von Kopf am 21. Dezember 1961 verglich ihn „Der Spiegel“ sogar mit Adenauer:

Der Patriarch von Hannover regierte ebenso zäh, so schlau und so simpel wie der von Bonn: Er war ein Praktiker der Macht und ein begnadeter Opportunist. Gelassen trottete er von der Doktrin in die Staatskanzlei, jenen Weg, auf dem seine Partei, die SPD, nicht vorankam, der sie Tränen und Genossen kostete. Sein Instinkt war klarer als die Satzung. (… Er) war ein Bonhomme der Vernunft, doch niemals farblos, ein Opportunist, doch souverän.

(Nachruf 1961)

Die Stärke der SPD in Niedersachsen hatte nicht nur Walter Zechlin einen beruflichen Neuanfang ermöglicht. Mindestens bis 1955 war auch Ernst Sodeikat als Leiter des Presse- und Informationsreferats im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr tätig. In dem Jahr (1956), in dem Zechlin seine Memoiren verlegte, erschien Sodeikats Der Verkehr mit der Presse. 1960 schrieb Pipke in „Die Zeit“: „Niedersachsen ist anscheinend ein Land, aus dem häufiger Bücher über Pressechefs und Pressearbeit zu kommen pflegen.“

Autor(en): T.L.S.J.

Anmerkungen

1 Vgl. Glombik 2009.

2 http://www.econbiz.de/Record/pressechef-bei-ebert-hindenburg-und-kopf-erlebnisse-eines-pressechefs-und-diplomaten-zechlin-walter/10000530881

3 Vgl. Zechlin 1956, S. 203ff.

4 Vgl. Wilke 2007, S. 319.

5 Vgl. Zechlin 1956, S. 212f.

6 Z. B. im NDR am 7. Juni 2013. http://www.ndr.de/geschichte/kopf121.html (Abruf am 15. Februar 2014).

7 http://de.wikipedia.org/wiki/Hinrich_Wilhelm_Kopf