Ende und Ausblick

Das berufliche Ende

Abb.: Landesregierung von Niedersachsen 1947. Quelle: Zechlin 1956, S. 220a (recherchiert von S.J.).

Zechlin war unter dem Ministerpräsidenten Kopf beinahe acht Jahre als Pressechef von Niedersachsen tätig, als dieser ihm völlig unerwartet und in Form eines unpersönlichen Briefes zum 30. Juni 1954 kündigte. Anlässlich dieser Kündigung veröffentlichte die Zeitschrift Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag einen Artikel (1954, S. 427), der den Inhalt von Kopfs Brief wiedergibt und das hohe Lebensalter von Zechlin (Zechlin war damals 75 Jahre alt) als Grund für die Entlassung benennt.

Inwieweit Zechlins hohes Alter tatsächlich die Ursache für seine plötzliche Entlassung darstellte oder vielmehr andere Gründe, womöglich eine persönliche oder politische Differenz zwischen Kopf und Zechlin, hierfür verantwortlich waren, muss an dieser Stelle ungeklärt bleiben. Zechlin selbst thematisiert sein Ausscheiden aus dem Staatsdienst in seinen Memoiren an keiner Stelle.

Fakt ist, dass die Sozialdemokraten – sowohl Kopf als auch Zechlin gehörten zu ihnen – in jenen Jahren zwischen Tradition und Zukunft schwierige Entscheidungen, Positionierungen und Distanzierungen, zu treffen hatten. Enttäuschende Bundestagswahlergebnisse von 1953 (und 1957) begünstigten die auch offizielle Abkehr der SPD vom Marxismus und den Wandel von der sozialistischen Arbeiter- zur Volkspartei mit dem Godesberger Programm 1959. Die andere Arbeiterpartei KPD und ihre Presse – in der Weimarer Republik eine wichtige Größe auch für Reichspressechef Zechlin – würde in Westdeutschland 1956 verboten werden.

Vorbildfunktion

Walter Zechlin war ohne große Verstrickungen durch die NS-Zeit gekommen. Und ein Profi allemal. Für Zechlin nahm sicherlich auch ein, dass er als Sozialdemokrat in der Landes-PR nicht dem Adenauer-geprägten CDU-Mainstream auf Bundesebene entstammte. Zechlin hatte in der jungen Bundesrepublik Vorbildfunktion auch für andere publizistisch Tätige, durchaus Partei übergreifend. Fritz von Eckardt (CDU) trat, wenn auch nicht unmittelbar, in die Fußstapfen des „großen Vorbild[s]“ seiner „journalistischen Jugendjahre“ (Ullstein-Mitarbeiter v. Eckardt war Zechlin in den 1920ern bei den Pressekonferenzen begegnet) und führte von 1952 bis 1955 sowie von 1956 bis 1962 das Presse- und Informationsamt der deutschen Bundesregierung (von Eckardt 1956, S. 6).

1953 erhielt Zechlin das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 1956 schrieb er seine Memoiren.1

Der rastlose „Berufsdiplomat und Botschafter a. D.“ starb nach einem Herzinfarkt: „Walter Zechlin (…) ist nach seiner politischen Laufbahn von fast sechs Jahrzehnten am 24. Januar (1962) bei einem Vortrag vor Offizieren der Bundeswehr plötzlich tot zusammengebrochen.“ (Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag 1962. S. 212)

Zechlins Credo vom loyalen und kompetenten Regierungspressesprecher kommt in folgendem Zitat gut zum Ausdruck:

Die Politiker und Staatsmänner können Unsinn tun, schreiben und reden. [. . .] Sie haben das auch vielmals getan, denn sie sind schließlich auch Menschen und nicht unfehlbar. Aber wenn es geschieht, so ist es die Aufgabe ihrer publizistischen Vertreter, wie es im Lutherschen Katechismus heißt: ‚Gutes von ihnen zu reden und alles zum Besten zu kehren’, das ist ihre Aufgabe, ein Recht auf eigene Dummheiten steht ihnen aber nicht zu.

(Zechlin 1956, S. 97f.)

Autor(en): S.J.T.L.

Anmerkungen

1 Zechlin 1956. In der Spiegel-Ausgabe vom 27. März 1957 findet sich unter der Rubrik „Bücher: Neu in Deutschland“ eine Rezension dieser Memoiren, die Zechlins Werk kritisch würdigt: „Unprätentiöse Erinnerungen des Reichspressechefs der Weimarer Republik, der – heute Ministerialdirektor – einer der wenigen politischen Beamten in der Bundesrepublik ist, die ihre Laufbahn noch im kaiserlichen Deutschland begonnen haben. Die Nüchternheit und Genauigkeit des Buches machen es zu einer sympathischen Insel im großen Strom der Enthüllungs- und Memoirenliteratur. Das Vergnügen des Lesers wäre freilich ungleich größer, wenn der Verlag den stilistischen und orthographischen Eigentümlichkeiten des Verfassers geringere Pietät entgegengebracht hätte“ (Der Spiegel, Nr. 13/1957. S. 52).