In der Weimarer Republik (zweite Lebensphase)

Bewährung in der neuen demokratischen Republik

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Gründung der Weimarer Republik kehrte Zechlin im Jahr 1919 aus Spanien nach Deutschland zurück. Die Aufgabe, die man dem Staatsbediensteten hier übertrug, nahm er mit großer Freude an. So schreibt Zechlin in seinen Memoiren von 1956: „Auf Grund meiner Beschäftigung mit der Presse während der Kriegszeit lag es nahe, dass ich der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes zugeteilt wurde, womit mir ein langjähriger Wunsch erfüllt wurde.“ (auch Nachrichtenabteilung genannt; Zechlin 1956, S. 10, vgl. auch S. 22) In der Presseabteilung arbeitete Zechlin zunächst als Auslandsreferent, als der er für rund 20 spanisch- und portugiesischsprachige Staaten zuständig war.

Während des Ruhrkampfes im Jahr 1923 wurde er dann als Sonderbeauftragter ins Ruhrgebiet geschickt, um die Interessen der Reichsregierung vor den dort anwesenden internationalen Journalisten zu vertreten. Sein Agieren vor Ort musste derart erfolgreich und zugleich unliebsam für die Franzosen gewesen sein, dass ihn die französische Geheimpolizei am 30. März 1923 verhaftete. Erst auf Drängen der ausländischen Pressevertreter hin wurde er nach einer einwöchigen Inhaftierung wieder freigelassen.1 Nicht zuletzt aufgrund seiner Verdienste für das Ansehen der Reichsregierung während des Ruhrkampfes und des Zuspruches, den er bei den Journalisten fand, erhielt Zechlin im August 1924 die Beförderung zum Dirigenten (stellvertretenden Leiter) der Vereinigten Presseabteilung.

In dieser Position lernte Zechlin nun auch die Verwaltungsaufgaben kennen, die die Abteilung betrafen. Der Dirigent, der dem Außenministerium angehörte, verkörperte die „Verwaltungsspitze der Pressestelle“ und nahm – jedenfalls routinemäßig – keine pressepolitischen Aufgaben wahr (Bauer 1962, S. 45). Im Falle der Abwesenheit der damaligen Reichspressechefs Karl Spieker (Amtszeit: 4. Dezember 1923 bis 16. Januar 1925) und Otto Kiep (Amtszeit: 16. Januar 1925 bis 4. November 1926) übernahm er als Dirigent stellvertretend deren Aufgaben in Berlin, „was bei den dauernden Konferenzen in dieser Zeit nicht selten war“ (Bauer 1962, S. 74).

Verantwortung für die staatliche Öffentlichkeitsarbeit

Abb.: Heinrich Brüning (Zentrum), der letzte Reichskanzler (1930-1932), dem Zechlin diente. Foto: ADN-ZB. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1989-0630-504, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Unter dem Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum) wurde Dr. Zechlin dann am 4. November 1926 zum siebenten Leiter der Vereinigten Presseabteilung und zugleich zum Ministerialdirektor ernannt.2 Er übernahm den Staffelstab von Dr. Kiep, der in den diplomatischen Dienst übertrat. „Es war aus der engen Amtsstube ein Sprung ins kalte Wasser, aber er konnte schwimmen, alle Konkurrenten schlagend. Unter den Presseleuten aller Welt fühlte er sich gleich heimisch. Mit Witz und Humor, immer schlagfertig, war er in den täglichen Pressekonferenzen jeder Situation gewachsen.“ (Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag 1959, S. 1367)

Die Ernennung von Zechlin begrüßten schon seinerzeit auch die Journalisten. So schrieb die Zeitschrift des Reichsverbands der Deutschen Presse, die Deutsche Presse (1926, Nr. 45, S. 6), über ihn: „Er bringt für sein Amt gute und langjährig gepflegte Beziehungen zur Presse aller Schattierungen mit. Seine bisherige Tätigkeit in der Presseabteilung lässt mit Bestimmtheit erwarten, dass auch er ernsthaft bemüht sein wird, die Zusammenarbeit zwischen Presse und Regierung nach allen Richtlinien hin zu pflegen und nach dem hier einzig möglichen Grundsatz: Vertrauen gegen Vertrauen!“

Zechlin amtierte nicht nur unter dem Zentrums-Politiker Marx, sondern auch unter den nachfolgenden Reichskanzlern Hermann Müller (SPD) und Heinrich Brüning (Zentrum). Er verließ das Amt des Reichspressechefs nach fünfeinhalb Jahren schließlich auf eigenen Wunsch „infolge des Kabinettswechsels“ (Zeitungswissenschaft 1932, S. 261f.). Als die Regierung Brüning zurücktrat, beantragte auch er seine Entlassung zum 1. Juni 1932. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Rechtskonservativen bereits stark an Einfluss im Parlament gewonnen und Zechlin war angesichts seiner politischen Überzeugung nicht mehr bereit, der neuen Regierung zu dienen.3

Autor(en): S.J.

Anmerkungen

1 Vgl. Zechlin 1956, S. 41, 45ff. Man warf Zechlin damals Mittäterschaft bei den blutigen Krupp-Unruhen des vorangegangenen Tages vor, bei denen 13 Menschen ihr Leben verloren hatten (vgl. ebd. S. 47f.). Zechlin jedoch attestierte diesbezüglich „ein ganz reines Gewissen“ (ebd. S. 48). Vielmehr dürften die haltlosen Anschuldigungen der Franzosen als Vorwand gedient haben, um Zechlin festnehmen und ihn somit vorübergehend wirkungslos machen zu können.

2 Zeitungswissenschaft 1926, Nr. 12, S. 12.

3 Zechlin 1956, S. 124ff.