Gerhard Pfeffer

Einführung

Der lebenslange Branchenbeobachter

Abb.: Gerhard Pfeffer. Ausschnitt aus: 50 Jahre im PR-Beruf 1.4.2014. Pfeffers Jubiläumsjahr 2014. In: PR-Journal 2014.

Gerhard (A.) Pfeffer, geboren im Jahr 1944, hat viele Jahrzehnte bundesdeutscher PR mitgestaltet und heute (Stand Anfang 2024), kurz vor seinem 80. Geburtstag, noch immer sein „Ohr“ an der Branche. Zu seinem 75. Geburtstag 2019 – wie auch schon zu seinem 70. im Jahr 2014 – gingen viele Glückwünsche ein und wurden würdigende Artikel verfasst. In einem Interview, geführt 2020 vom Herausgeber des PR-Museums Günter Bentele, gibt Gerhard Pfeffer umfassenden Einblick in seine berufliche Laufbahn, seine Begegnungen mit anderen Zeitzeugen – die daraus erwachsenden Informationen können gar nicht alle in einer Abhandlung über sein Leben gewürdigt werden – und oftmals auch in konkrete Umstände des Wechsels beruflicher Stationen. Darauf gehen wir im Folgenden an vielen Stellen und auch am Schluss ein.

Ein eher kurzer, prägnanter und doch fast „vollständiger“ Lebenslauf mit den wichtigsten Lebensstationen und -leistungen erschien u.a. 2014 (Dillmann 24.02.2014). Schon daraus wird eine zentrale berufliche Stärke deutlich: Gerhard A. Pfeffer berichtet und schreibt nicht nur – vor allem ab 2004 in seinem eigenen „PR-Journal“ – über die gesamte PR-Branche. Dies hat er zudem schon zuvor in mehreren professionellen Kommunikationsrollen getan (Autor, Redakteur, Herausgeber etc.), was sicherlich seinen Erfolg als selbstständiger Branchenbeobachter und Kommunikationsunternehmer wesentlich begünstigt hat.

Der vielseitige PR-Arbeiter

Vor allem aber hat Pfeffer in allen wesentlichen Praxisfeldern selbst PR-Arbeit geleistet: in der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit (Bundestag) von 1971 bis 1976, in der unternehmerischen PR (angestellt allerdings nur kurz 1976/77, aber umso mehr als quasi lebenslanger freier Berater), im PR-Agenturgewerbe von 1977 bis 1984 und im Verbandswesen von 1964 bis 1970 (Bundesjugendring) bzw. von 1984 bis 1992/93 (PR-Verbände). Daraus erklären sich seine generalistischen und zugleich detaillierten Kenntnisse und Erfahrungen sowie seine umfangreichen Beziehungen.

Trotz dieser vielseitigen Praxisfelder sieht Pfeffer in der Öffentlichkeitsarbeit viel Allgemeines und Kontinuierliches. Der PR-Beruf habe sich in seinen Grundzügen innerhalb der letzten Jahrzehnte wenig geändert, schrieb Gerhard A. Pfeffer 2014. Das folgende Zitat aus dem Jahre 1970 könne man „fast auch heute noch so sagen“:

Alles in allem: der PR-Beruf ist vielseitiger als der journalistische Beruf. Er umfasst eine ständige unterrichtende, beratende, forschende und erzieherische Tätigkeit – wobei Gewandtheit in Wort und Schrift natürlich nicht fehlen dürfen.

(Sabine Schürer-Wagner, Pressereferentin in der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände [BDA] in Köln 1970. Zitiert nach Pfeffer 2014/12)

Kommunikativ-mediale und berufsständisch-organisatorische Entwicklung in der PR

Abb.: Branche braucht (Selbst-) Beobachtung. Und Beobachtung der Beobachtung. Über die Geschichte der PR-Branchenmedien schrieb Gerhard Pfeffer im Dezember 2014 im PR-Report 12/2014.

Aber es sei „natürlich eine Menge an neuen Aufgaben und praktischen Umsetzungen und vor allem an theoretischem Wissen hinzu gekommen. Und in den letzten Jahren gab es eine rasante Weiterentwicklung: der Quantensprung durch die Onlinekommunikation, das Internet und Social Media.“ Mittlerweile sind auch Techniken der Künstlichen Intelligenz (KI) hinzugekommen. Dadurch werde auch „das Bild der und über die Public Relations unschärfer“. Und deshalb sei es gut so – und da wären wir wieder bei der schließlichen Lebensmission von Gerhard A. Pfeffer –, dass Branche und Berufsverband „kritisch von Branchenbeobachtern in den Kommunikationsmedien ‚begleitet‘“ werden. (Pfeffer 2014/12)

Welches sind die Organisationen im Berufsfeld, die es zu „begleiten“ gelte? Über viele Jahrzehnte von Pfeffers Wirken war dies vor allem die bereits 1958 gegründete1 Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG). In der Gegenwart zeigt sich die Verbandslandschaft deutlich differenzierter:

Neben der DPRG, die von Mitte der 1990er Jahre an zunehmend ihren Brancheneinfluss verlor, heute ca. 2.700 Mitglieder (2014) bindet und auf eine wechselvolle Geschichte zurückblickt, entstand 1973 mit der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) ein Wirtschaftsverband zur Organisation und Vertretung der Interessen ‚führender PR-Agenturen‘, wie es in der Selbstdarstellung heißt, dem heute 29 Agenturen angehören (2014). Ein 1990 gegründeter Deutscher Verband für Public Relations (DVPR), der ein ‚moderner PR-Verband abseits von Gutsherrenart und überflüssigem Elitedenken‘ sein wollte, trat nie wirklich in Erscheinung. Erfolgreich entwickelt sich dagegen der 2003 gegründete Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP), der heute von seiner Mitgliederzahl her mit ca. 4.200 Mitgliedern (2014) der stärkste Branchenverband und mit einem Kommunikationskongress die derzeit wohl wichtigste Branchenveranstaltung ausrichtet. Rückläufig entwickelt hat sich demgegenüber die Zahl der PR-Leute, der Deutsche Journalistenverband (djv), Fachausschuss Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (früher: Journalisten in Wirtschaft und Verwaltung), unter seinem Dach versammelt; sie beträgt nach Verbandsangaben derzeit ca. 3.700 (2014). Zu den verbandsübergreifenden Aktivitäten gehört der Betrieb des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der PR-Leute in Deutschland, der im Dezember 2012 einen neuen Kommunikationskodex verabschiedet hat.

(Szyszka 2015, S. 499; der BdP ist heute BdKom, also Bundesverband der Kommunikatoren)

Ein Leben für die PR und der Mensch Pfeffer – ausgewählte Würdigungen

Einsatz für PR-Verbände

Die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) – der Wirtschaftsverband großer Agenturen – gratulierte Gerhard Pfeffer zu seinem 75. Geburtstag am 12. Februar 2019. Wie Günter Thiele, der am gleichen Tag 85 Jahre alt wurde, arbeitete Pfeffer im Verband „und war im gleichen Zeitraum (also 1986-1990, aber noch drei Jahre länger bis 1993 – T.L.) als Geschäftsführer tätig“.

Neben der Professionalisierung des PR-Berufsstandes war ihm vor allem die Nachwuchsförderung ein großes Anliegen – und ist es bis heute. Nicht zuletzt deswegen hat er als Herausgeber des PR-Journals gemeinsam mit diesem eine Plattform für den PR-Nachwuchs etabliert.

(GPRA 2019)

GPRA-Chairman Uwe Kohrs beschreibt die PR-Branche als sehr auseinandersetzungsfreudig und Pfeffer als einen der Protagonisten darin:

Dabei wurde sich im Infight um die zukunftsweisenden Themen nichts geschenkt und auch vor persönlichen Zerwürfnissen nicht Halt gemacht. Kurzum, die PR war über viele Jahre eine streitbare Zunft mit teilweise hohem Unterhaltungswert. (…) Einer der mit seinen Überzeugungen nie einem Streit aus dem Weg gegangen ist, dessen Stimme immer laut und deutlich zu vernehmen war und den man ob seiner Statur auch kaum übersehen konnte, ist Gerhard Pfeffer. Es gibt wenige, die über einen so langen Zeitraum die Entwicklung der Branche begleitet und mitgestaltet haben wie er. (…) Viele Initiativen und Projekte basieren auf seinen manchmal unkonventionellen Ideen, die er mit großer Verve anstößt und die Fähigkeit besitzt, dann die richtigen Köpfe zusammen zu bringen und bei Bedarf auch ausdauernd zu nerven, damit die Dinge umgesetzt werden. (…) Aber viele notwendige Kämpfe sind eben bestanden, die PR ist heute eine anerkannte Disziplin, die schwarzen Schafe sind an den Rand gedrängt, die Standards in der Ausbildung sind hoch und viele in der Vergangenheit geschlagene Wunden sind verheilt. Wir alle profitieren von dieser Entwicklung, für die Gerhard Pfeffer mit Erfolg gestritten hat.

(Kohrs 2019)

Die Persönlichkeit Gerhard Pfeffer

Viele seiner Gesprächspartner – wie hier ein Berliner Akademieleiter – zeigen sich „beeindruckt von so viel Insiderwissen, so viel Gesamtüberblick und so viel Meinungsstärke“. Und auch als Mensch, als Schwabe im Rheinland, kann Pfeffer von sich einnehmen. Der hauptstädtische Akademiechef auf „Antrittsbesuch“ beim „Pfeffer“:

Hatte ich geahnt, dass der Nabel der PR-Welt im beschaulichen Siegburg liegt? Nie und nimmer. (…) Dort wurde ich mehr als belohnt: Anhand eines (ungemein leckeren!) Stücks Apfelkuchen erklärte mir Gerhard Pfeffer im Innenhof eines malerischen Ausflugslokals sowohl die PR-Szene als auch gleich ihre Geschichte inklusive sämtlicher Verwerfungen.

(Arns 2016)

Ein PR-Kollege schreibt über Pfeffer als Menschen mit „Ecken und Kanten, mit Leidenschaft für die PR und große Offenheit für Themen jenseits der PR“. Er erinnert sich an seine Erstbegegnung mit Gerhard Pfeffer in Leipzig vor einer Veranstaltung, „weil sie mit einer spezifischen Atmosphäre verbunden“ war.

Wir nutzten die verbleibende Zeit für einen Besuch der nahen Thomaskirche. Beim Austausch über die Verbindung von Musik und Kommunikation, inspiriert durch die Wirkungsstätte des berühmten Thomaskantors Johann Sebastian Bach, lernten wir rasch, welche Werte und Haltungen den anderen jenseits der PR-fachlichen Expertise ausmachen, was ihn antreibt und welche Themen und Lebenserfahrungen uns verbinden.

(Griepentrog 2019)

Auf weitere Stimmen zu Pfeffer insbesondere anlässlich seiner persönlichen bzw. professionellen Jubiläen gehen wir am Schluss der Abhandlung ein.

Autor(en): T.L.G.BE.

Anmerkungen

1 Vgl. dazu Szyszka 2015, S. 498 oder Tebrake 2019, S. 184ff.

 

Bildnachweis für Beitragsfoto (ganz oben): Gerhard A. Pfeffer 2020. Foto: Gerhard Pfeffer (bearb.). Quelle: PR-Journal-Newsletter 15.6.2020.