Ernst Sodeikat

Einleitung

Abb.: Die zwei Publikationen von 1953 und 1956. Recherchiert von J.L.

Ernst Sodeikat (1899-1970) war ein PR-Akteur der 1950er-Jahre in der westdeutschen Bundesrepublik, der bis heute in der PR-Geschichtsforschung noch nicht substanziell beachtet wurde. Die Beschäftigung mit ihm im Seminar Geschichte des Kommunikationsmanagements an der Universität Leipzig unter Leitung von Günter Bentele konnte damit nicht auf elaborierte Vorarbeiten zurückgreifen.

 

Pressestellen-Profi mit Evaluations-Interesse

Sodeikat war Pressestellenleiter des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr. Angelehnt an seine dortige Arbeit und die gewonnenen Erfahrungen veröffentlichte er zwei Buchpublikationen: „Sind Pressestellen notwendig?“ (1953) und „Der Verkehr mit der Presse. Der Presse-Knigge“ (1955/56, 1958 nochmals aufgelegt). Zuvor verfasste er den Zeitschriftenartikel „Die Auswertung schriftlicher Presseinformationen durch die Presse“ (1952), danach „Aufgaben und Praxis der Pressestellen“ (1958).

Mit diesen Publikationen stellte Ernst Sodeikat nicht nur eine eigene „Praktikertheorie“ auf, sondern zeigte auch ausführlich, wie die Arbeit der Pressestelle eines Ministeriums sein sollte und war. Sein Wirken unterschied sich damit von bekannteren Arbeiten der damaligen Zeit, die vor allem aus dem Blick von großen Unternehmen, wie z. B. BASF (Oeckl) oder Krupp (Hundhausen), entstanden waren.

Sodeikat führte eine Medienresonanzanalyse für die von seinem Ministerium 1952 veröffentlichten Presseinformationen durch und konnte damit nicht nur die Notwendigkeit von Pressestellen, sondern auch den Wert der eigenen Arbeit nachweisen. Die entsprechende Publikation „Sind Pressestellen notwendig? …“ von 1953 enthält Geleitwörter von Karl d’Ester, Ahrens, Fricke, Hans J. Sachsze und Zechlin.1 Prof. d’Ester von der Universität München bezeichnete die Arbeit als „einen wertvollen Beitrag zur Zeitungswissenschaft“, die „auch dem Praktiker wertvolle Dienste leisten“ kann. Er lobte außerdem, dass Sodeikat die Notwendigkeit von Pressestellen nachweist und „in klarer und übersichtlicher Darstellung alle wichtigen Fragen behandelt, die sich aus dem Betrieb einer Pressestelle ergeben“ (in Sodeikat 1953: 5). Dr. Sachsze meinte, dass die „zeitungswissenschaftliche(n) Beweisführung (…) methodisch einwandfrei und überzeugend ist“ (in Sodeikat 1953, S. 8).

Nachhaltige Wirkungen?

Schon allein, weil Sodeikat nur sehr selten in einschlägigen Darstellungen zur PR2 auftaucht, lassen sich derzeit keine sicheren Schlüsse darüber ziehen, ob seine Erkenntnisse und Erfahrungen nachhaltig in Fachkreisen und der PR-Branche wirkten. Es ist aber anzunehmen, dass dies geschah. 1960 schrieb Pipke in „Die Zeit“: „Niedersachsen ist anscheinend ein Land, aus dem häufiger Bücher über Pressechefs und Pressearbeit zu kommen pflegen.“ Ernst Sodeikat („Der Verkehr mit der Presse“, 1956) wird dabei in Reihe gestellt mit Walter Zechlin („Pressechef bei Ebert, Hindenburg und Kopf“, 1956) und Klaus Müller3 („Die Kunst, gehört zu werden – Aufgaben und Möglichkeiten des Pressechefs“, 1960).

Mindestens kurzfristig kann von einer Inspiration anderer Akteure durch seine Medienresonanzanalyse sicher ausgegangen werden, denn Sodeikats Auswertung der Zwischenergebnisse des ersten Halbjahres 1952 in dem bereits erwähnten Zeitschriftenartikel hatte offenbar hohe Erwartungen an seine eigentliche Publikation von 1953 geschürt. In einem Geleitwort heißt es, dass „schon der erste Teil dieser Untersuchung ein starkes Interesse bei Zeitungswissenschaftlern, Politikern, Wirtschaftlern, Journalisten und Pressestellenleitern fand“ (Ahrens in Sodeikat 1953, S. 6).

Personen- und zeitgeschichtlich wichtig sind noch weitere Artikel von Sodeikat, insbesondere „Der Nationalsozialismus und die Danziger Opposition“ (1966). 1953 ist er Mitautor einer Schrift über Niedersachsens Wirtschaft.4

Autor(en): J.L.T.L.

Anmerkungen

1 Karl d’Ester (1881-1960) war ein namhafter Zeitungswissenschaftler.

Otto Fricke gehörte zu den Mitbegründern der CDU in Niedersachsen. Fricke war ab 1948 Minister für Wirtschaft und Verkehr. Mit dem Rückzug der CDU-Minister schied er 1950 wieder aus der Landesregierung aus und wurde als Wirtschaftsminister durch den SPD-Politiker Alfred Kubel abgelöst. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Fricke_(CDU)

Hermann Ahrens war in zwei niedersächsischen Kabinetten Wirtschaftsminister, ab 1951 und 1955 bis 1957. Ahrens war Mitglied der Partei Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten. Diese Partei koalierte bis 1955 mit SPD und Zentrum, nach 1955 mit DP, CDU und FDP. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtdeutscher_Block/Bund_der_Heimatvertriebenen_und_Entrechteten

Für Sachsze ergibt eine bibliografische Recherche einige Treffer nach 1945 vor allem im Zusammenhang mit dem Blindenverband Niedersachsen bzw. den Problemen blinder Menschen. Vor 1945 ist ein „film journalist Hans Joachim Sachsze“ nachweisbar. Vgl. Hoffmann, Hilmar: The Triumph of Propaganda: Film and National Socialism, 1933-1945, Band 1. Berghahn Books. S. 109.

2 Köhler/Schuster (2006, S.) führen ihn als Beleg an, dass die Bundesländer der Nachkriegs-BRD PR betrieben. Sodeikat habe nachgewiesen, dass 1952 95 Prozent der von einem Länder-Ministerium herausgegebenen schriftlichen Presseinformationen von der Presse genutzt worden seien. Auch Schönhagen 2008, S. 10.

3 Müller war jahrelang Pressechef der CDU in Niedersachsen.

4 Heider, Hans; Sodeikat, Ernst (1953): Die Wirtschaft Niedersachsens. Entwicklung, Wandlung, Möglichkeiten. Hannover: Eberlein.

 

Bildnachweis für Beitragsbild (Grafik ganz oben): Initiative bei der Herausgabe der Presseinformationen des Ministeriums, in Sodeikat 1953, S. 24 (recherchiert von J.L.).