Skowronnek 1979 (II)

Zu Begrifflichkeiten

Abb.: Verweis auf Ernst Vogel: Titel seiner Publikation (Dissertation) von 1952.

Skowronnek verweist auf die Versuche in den 1950ern, für PR „ein treffendes deutsches Wort“ zu finden. Keiner der Vorschläge habe sich durchsetzen können, „ob es sich um ‚das Vertrauen der Öffentlichkeit (Haacke), um ‚Vertrauenswerbung‘ (Jahn), um ‚öffentliche Meinungspflege‘ (Vogel) oder um ‚Meinungspflege‘ (Gross) handelt“. (S. 10). Skowronnek referiert auch kritische Einwände gegenüber diesen Begriffsvorschlägen, u.a. von Fitzlaff (1964, S. 32f.):

Ein Mangel haftet freilich dem Wort Vertrauenswerbung wie allen anderen Übersetzungen an: die eigentlichen Werbeziele werden damit im Grunde genommen nicht definiert. Das Wort Vertrauen steht für anderes. Indem um Vertrauen geworben wird, wirbt man realiter zuweilen um Billigung, zuweilen um Zustimmung, zuweilen um ideelle oder materielle Unterstützung, zuweilen schließlich auch um den Absatz von Gütern und Dienstleistungen.

(Fitzlaff 1964, S. 32f.)

Am besten habe sich bisher „Öffentlichkeitsarbeit“ durchsetzen können, „vor allem (…) für das große Gebiet der Behördenpublizistik“ (S. 11). „Fitzlaff ist zuzustimmen, dass diesem Begriff der Öffentlichkeitsarbeit die ‚Bearbeitung der Öffentlichkeit‘ (Fitzlaff 1964, S. 32 Anm. 1) anhängt – der Vorwurf des manipulativen Arrangements, der (…) viele Befürworter hat.“ (Skowronnek 1979, S. 11)

Interessenidentität und ihre Möglichkeit

Kritisch setzt sich die Promovendin mit der PR-Aufgabenzuschreibung  eines „engineering of consent“ (Bernays) bzw. „eines ‚adjustments‘, d.h. einer Angleichung oder Anpassung dieser unterschiedlichen Interessen“ (Hundhausen 1969, S, 128), auseinander. „Interessenidentität müsse erst einmal geschaffen werden“ (Skowronnek 1979, S. 12) argumentiert sie mit Schelsky, sonst blieben PR „ein bloßer Versuch des Einredens, anstatt eines Nachweises der Interessengemeinschaft und ist damit nichts anderes als die publizistisch geschickter organisierte alte politische Propaganda sozialer und wirtschaftlicher Interessengruppen (…)“ (Schelsky 1952, S. 165).1

Auch bringt sie die Kritik von Kraft (1973, S. 1039), vor der glaubhaften Herstellung von Interessenidentität stünde das Glaubhaftmachen: „nicht sich den Interessen der Öffentlichkeit gemäß zu verhalten, sondern sich den öffentlichen Erwartungen gemäß zu präsentieren“ (zit. nach Skowronnek 1979, S. 13). Es bestünden Abhängigkeiten zwischen Industrie und PR: „sie schlagen sich nieder in der neoliberalen Ideologie der Marktwirtschaft, der Sozialpartnerschaft und Interessenharmonisierung: die Public-Relations-Literatur sei voll davon, notiert Scharf“ (1971, S. 176. Zit. nach Skowronnek 1979, S. 14).

Die Diskussion um PR sei „seit fast einem Jahrzehnt“ (also in den 1970ern) „festgeschrieben“: „die eine Seite vertritt die Idee einer grundsätzlich herstellbaren Übereinkunft zwischen widerstrebenden Interessen, die andere Seite bestreitet auch dies nicht und lässt die Frage unversöhnlicher, fundamental anderer Standpunkte außerhalb der Betrachtung.“ (Skowronnek 1979, S. 17)2

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Schelsky meinte, wer PR betreibe, müsse sich zwangsläufig mit der derzeitigen Wirtschaftsordnung identifizieren. PR sichere „die bestehende Ordnung (…) gegen alle Versuche der Reformer oder gar noch radikaler Fortschrittler“. (Schelsky 1952, S. 165)

2 Dazu auch F. Fürstenberg (Stichwort Public Relations) im Wörterbuch der Soziologie, hrsg. von Wilhelm Bernsdort (Stuttgart 1969, S. 858): „Dass PR-Maßnahmen auch bei betonter Hinwendung zum ‚Gemeinwohl‘ stets Interessentenäußerungen bleiben, kann in einer pluralistisch strukturierten Gesellschaft nicht gegen sie geltend gemacht werden“.