Bauch 1963 (II)

PR und die industrielle Gesellschaft – oder doch eine USA-Erfindung?

Abb.: Edward Bernays 5. Juni 1917. Autor: Bain News Service. Quelle: Wikimedia Commons / Public Domain.

Seinen Grundlagenteil startet Bauch (S. 9) mit umfänglichen Verweisen auf Löckenhoff (1958) und dessen Argumentation, dass PR „tief in (der …) Problematik der industriellen Gesellschaft“, ihrer „Differenzierung und wirtschaftlich-technischen Eigendynamik“ sowie daraus folgender „sozialer Desintegration“, wurzele. Ein, zwei Seiten später referiert er eine Periodisierung der US-PR-Geschichte von Bernays, ehe er dann ab S. 13 die Situation in den USA und in (West-) Deutschland vergleicht. Damit greift er an prominenter Stelle in seiner Arbeit eine Leit-Frage auf, die auch mehrere andere Autoren jener Zeit umtreibt (vgl. auch S. 59):

Die Idee der Public Relations ist von der Anschauungsweise der Nordamerikaner geprägt. In einer vergleichenden Betrachtung der Verhältnisse soll nun untersucht werden, ob eventuell Bedenken gegen die Übernahme der Public-Relations-Idee erhoben werden könnten.

(Bauch 1963, S. 13)

Vergleich USA vs. Deutschland

Seinen USA-Deutschland-Vergleich beginnt Bauch (S. 13) mit einer Argumentationslinie, die auch bei Steybe (1958) vorkam: Stellung und Bildung öffentlicher Meinung würden sich unterscheiden. In den Vereinigten Staaten sei öffentliche Meinung unabhängig bzw. ein gleichberechtigter Machtfaktor neben anderen, die sich gegenseitig beeinflussen:

Diese öffentliche Meinung, getragen vom Mann auf der Straße, wird nicht angeordnet, sondern wächst. (…) Diese öffentliche Meinung baut sich aus der Erfahrung, Unterrichtung und Beeinflussung auf, am wenigsten aus traditionellen Vorurteilen, die sich in Europa auf den Prozess der Meinungsbildung noch hemmend auswirken.

(Bauch 1963, S. 13)

Unter Verweis auf Hagemann 1951 wird der Vergleich noch auf drei Länder ausgeweitet: Die öffentliche Meinung in Deutschland sei weder wie in den USA „unabhängig“, noch wie „in England von einer Elite getragen“, sondern sie blicke nach „oben“, „wo Regierungen, Beamtentum, Intellektuelle, Besitzbürger, Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre die ‚Meinungen‘ hinter verschlossenen Türen verteilen“.

Bauch korrigiert allerdings erstens aus seiner Perspektive von 1963, dass „heute hier eine Wandlung zur freien Meinungsbildung festzustellen“ sei. Zweitens – dabei ähnlich wie Gross argumentierend – sei in Nordamerika das „Vertrauen in die Marktwirtschaft (…) dort vorhandenes Allgemeingut“, wohingegen in Deutschland „zunächst die Zustimmung zu Marktwirtschaft von der Allgemeinheit“ erhalten werden müsse. (Bauch 1963, S. 13) Teilweise in Anlehnung an Gross, aber auch an Hofstätter und Rauecker, referiert und verknüpft Bauch einige interessante Thesen zur Rolle des Individuums in der öffentlichen Meinungsbildung (S. 16f.).

Autor(en): T.L.