Die preußische „Ära Bismarck“ ab 1862

Bismarck wurde preußischer Ministerpräsident

Abb.: Bismarck war vor seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten Bundestagsgesandter in Frankfurt, hier 1858. Quelle: Gemälde von Unbekannt / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Die liberale Tendenz der „neuen Ära“ trat bald in den Schatten der persönlichen Ambitionen und Vorstellungen von Bismarck. Otto von Bismarck (1815-1898) führte ab dem September/Oktober 1862 das Amt des preußischen Ministerpräsidenten aus, ernannt von König Wilhelm I.1

Ursache dieser für die Zukunft Deutschlands schicksalhaften Beziehung waren die „zwei Gesichter“ des neuen Königs: Hatte dieser einerseits liberale Tendenzen begünstigt, so gründete er andererseits – „(e)ntsprechend seiner bisherigen militärischen Laufbahn“ – „(…) seine Politik auf die militärische Stärke Preußens.“ Die Finanzierung der Heeresreform uferte in einen langwierigen Verfassungsstreit aus. Der König wollte bereits abdanken, da fand er im Gesandten Otto von Bismarck die Rettung. (Naumann 2008, S. 43; vgl. auch Kunczik 1997, S. 90)

Bismarcks Vorstellungen von der Organisation staatlicher Pressearbeit: wenig Institutionalisierung in Büros

Abb.: Fürst Otto von Bismarck (1862). Foto ursprünglich: Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst – Zentralbild (Bild 183), jetzt: Bundesarchiv, Bild 183-R15449 / CC-BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Der frisch gekürte preußische Ministerpräsident stand der in Büros institutionalisierten Form von amtlicher Pressearbeit „sehr zurückhaltend gegenüber (…)“. Er unterwarf das Literarische Büro 1862, während des Verfassungskonfliktes, wieder „primär repressiven Zwecken“ (Piereth 1994, S. 37) und degradierte es damit zugleich. Spätestens seit 1866 stand es unter Leitung von Oberregierungsrat Ludwig Hahn.

Bismarcks Lösung der deutschen Frage veränderte den nationalen Bezugsrahmen auch von Kommunikationspolitik

Bismarcks Politik, die Einheit Deutschlands unter Preußens Führung zu erreichen, veränderte die Machtverhältnisse in Europa. Dies führte zu den drei Einigungskriegen von 1864 (Deutsch-Dänischer Krieg), 1866 (Deutscher Krieg) und 1870/71 (Deutsch-Französischer Krieg). Als ein Schicksalsereignis gilt die Schlacht bei Königgrätz am 3.7.1866, der preußische Sieg über Österreich. 1866 „zerbrach der Deutsche Bund, und Österreich schied endgültig als Partner auf dem Weg zur Reichseinigung aus“ (Naumann 2008, S. 44). Konsequenz war ein Staat mit dem Schwerpunkt Norddeutschland, zunächst als Norddeutscher Bund (siehe weiter hinten).

Während des preußisch-österreichischen Krieges (1866) erhielt das Literarische Büro die Aufgabe, die amtlichen Nachrichten vom Kriegsschauplatz herauszugeben. Ziel dieser Maßnahme war eine Zentralisierung und damit Beherrschung des Nachrichtenflusses. So sollte u. a. sichergestellt werden, dass nur Nachrichten verbreitet wurden, die die Einstellung des Volkes nicht „negativ“ beeinflussten. Das Literarische Büro arbeitete zu dieser Zeit eng mit dem Wolffschen Telegraphenbüro zusammen.2

Bernhard Wolff, der den Telegraphen bereits seit 1849 als Geschäftsleiter der National-Zeitung für Börsen- und Wirtschaftsmeldungen nutzte, hatte zwischenzeitlich das Telegraphische Korrespondenzbüro (B. Wolff) auch für andere Abnehmer gegründet, um die Kosten der neuen Technologie tragen zu können. „Dieses Unternehmen bildete die Keimzelle des (…) halbamtlichen ‚Wolffschen Telegraphen-Büros (WTB)‘, das 1865 unter stiller Beteiligung der preußischen Regierung zustande kam. Es wurde schließlich zu einem Hauptnutznießer des berüchtigten Bismarckschen Pressebestechungsfonds, des sogenannten Reptilienfonds.“ (Bialowons/Raue 1979, S. 96)

Autor(en): T.L.A.-M.G.C.G.K.Z.

Anmerkungen

1 Vgl. Kunczik 1997, S. 90.
2 Vgl. Kunczik 1997, S. 90.