Die „neue Ära“ ab 1858

Die „neue Ära“ veränderte auch zwischen 1858 und 1862 die amtliche Pressepolitik

Abb.: Wilhelm I. auf einem Porträt des Hoffotografen Wilhelm Kuntzemüller (1884). Quelle: Kabinett-Fotografie / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

1857 musste der schwer erkrankte Friedrich Wilhelm IV. durch seinen Bruder Prinz Wilhelm vertreten werden. Letzterer übernahm 1858 die Regentschaft und schließlich am 2.1.1861 als Wilhelm I. die Thronfolge. Er setzte ein „gemäßigt-liberales Ministerium“ ein (Naumann 2008, S. 43).

Diese Übergangszeit sowie weitere Ereignisse in Europa wandelten „zwischen 1858 und 1862 in fast ganz Deutschland das politische Klima und auch die Konzeptionen amtlicher Pressepolitik und ihrer Institutionen“. Sie öffneten sich „den liberalen Tendenzen“ der Zeit“. Auch in Preußen, wo – ab 1859 – „der neue Pressechef Max Duncker ausdrücklich alle gewaltsamen Unterdrückungs- und Beeinflussungsmethoden ablehnte und sich auf eine ‚offene und loyale Verteidigung’ der Regierung beschränken wollte“, zeigte sich dies zunächst. (Piereth 1994 S. 37)

Organisatorische Veränderungen: von der Zentralstelle zum Literarischen Büro, vom Staats- zum Innenministerium

Das Literarische Büro des königlichen Staatsministeriums, eine trotz ggf. wechselnder Bezeichnungen schon seit Jahrzehnten übliche Einrichtung, war im Februar 1860 – also vor Bismarcks Antritt als preußischer Ministerpräsident – aus der Zentralstelle für Presseangelegenheiten hervorgegangen.1 Diese begrifflichen und organisatorischen Veränderungen – wie auch eine personelle und finanzielle Verkleinerung – werden von Piereth (1994, S. 37) als Ausdruck zeitweiliger Liberalisierung preußischer Pressepolitik gewertet.

Ähnlich sieht dies auch Fischer (1981, S. 14f.), der aber noch auf Ressortstreitigkeiten zwischen verschiedenen Ministerien verweist, die alle „faktisch (…) eine eigene Pressepolitik“ betrieben. Manche Minister lehnten in bestimmten Fragen eine Auskunftserteilung an das Literarische Büro ab. Das Außenministerium hatte sich „immer selbstständiger in pressepolitischen Fragen gemacht“.

So habe es kaum überraschend gewirkt, „als am 19. März 1862 mittelst Allerhöchster Ordre die obere Leitung des mit dem Staatsministerium verbundenen Literarischen Bureaus dem Minister des Innern Herrn von Jagow übertragen wurde“ (Wappler 1935, S. 89).

Autor(en): T.L.A.-M.G.C.G.K.Z.

Anmerkungen

1 Vgl. Sänger 1866, S. 15; Morsey 1956, S. 177.