Organisation und Aufgaben der staatlichen Pressebehörde I

Vom Innen- zum Staatsministerium

Abb.: Otto Theodor von Manteuffel. Quelle: aus dem schwedischen Buch „Illustrerad verldshistoria, sjette delen“, Stockholm 1879, S. 243 / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Als im Dezember 1850 der bisherige Innenminister Freiherr von Manteuffel zum Staats- und Außenminister von Preußen (genauer gesagt: Präsidenten des Staatsministeriums und Minister für auswärtige Angelegenheiten) aufstieg, wurde das Literarische Kabinett aus dem Innenministerium zum Büro des Königlichen Staatsministeriums überführt.1

Damit gewann die – aus damaliger Sicht – Außenpolitik gegenüber der Innenpolitik an Bedeutung für die Öffentlichkeitsarbeit. Die „umfassende Neuorganisation des ‚Literarischen Kabinetts‘ scheint doch auf die Einsicht Manteuffels hinzuweisen – und sei es nur aus Zweckmäßigkeits-Erwägungen –, dass Preußen bei der Durchführung seiner deutschen Politik ‚das deutsche Nationalgefühl, das wenigstens die oberen Schichten der Bevölkerung auch im außerpreußischen Deutschland beherrschte und in den liberalen Kammermehrheiten noch immer eine wirksame Vertretung fand‘, ein wertvoller Bundesgenosse sein könne.“ (Wappler 1935, S. 15)

Manteuffels Politik generell wird aber als streng konservativ charakterisiert, was 1858 zu seiner Entlassung führen sollte.2

Zentralstelle für Presseangelegenheiten: Überblick über ihre Aufgaben

1851 folgte unter dem Ministerium Manteuffel die erste Umbenennung in „Centralstelle für Preßangelegenheiten“. Manteuffel hatte bereits am 23. Dezember 1850 „seinem befähigten Schützling(e) Dr. Rino Quehl mit 1.200 RT. Gehalt die Leitung der Zentralstelle (…)“ anvertraut.3 „Quehl hatte die Stellung eines vortragenden Rates beim Ministerpräsidenten in allen zu dessen Geschäftsbereich gehörigen Presseangelegenheiten.“ (Wappler 1935, S. 18f.) Folgende Aufgaben wies ihm die Dienstanweisung zu:

1. ‚Das Dezernat über die Verwaltung des für die Presse ausgesetzten Subventions-Fonds‘.
2. Genaue Aufsicht über die unterstützten Blätter; denn früher hatte man Unterstützungen gezahlt, ohne sich fortwährend von der Haltung der unterstützten Zeitungen zu überzeugen.
3. Anknüpfung und Pflege von Beziehungen zu der in- und ausländischen Presse.
4. Berichterstattung an den Ministerpräsidenten bzw. die einzelnen Staatsminister über die Äußerungen der gesamten Presse.
5. Die Kuratel über das Institut des ‚Königlichen Staatsanzeigers‘ und die damit verbundene, im März 1851 aus der ‚Deutschen Reform‘ hervorgegangene ‚Preußische/: Adler:/Zeitung‘.
6. Gutachten über Gesetzesentwürfe auf Grund der faktischen und technischen Verhältnisse der Presse.

(Wappler 1935, S. 19)

Damit praktizierte die Zentralstelle sowohl „alte“ Methoden über Geld (Aufgaben 1 und 2) als auch „neue“ über Pressearbeit im modernen Sinne (Aufgaben 3 und 4). Zugleich wird die Bedeutung einer eigenen Staatspresse sichtbar (Aufgabe 5). Außerdem spielte die Behörde eine medienpolitische Rolle (Aufgabe 6).

Zentralstelle für Presseangelegenheiten: Anbindung an den Regierungschef

Behördenchef Quehl stand im engen Kontakt zum preußischen „MP“ (u. a. Aufgabe 4):

Der Ministerpräsident nahm im täglichen, unmittelbaren Vortrage des Direktors der Zentralstelle einen Bericht über die bemerkenswerten Erscheinungen in der Tagespresse entgegen und gab Anweisungen für die Regierungsorgane und durch die Korrespondenten auszuführende Besprechungen der politischen Tagesfragen. Zur Lösung der bezeichneten Aufgaben gliederte Quehl die Zentralstelle in je eine Abteilung für Berichterstattung bzw. Zeitungslektüre, für Korrespondenzen und für Regierungsorgane.

(Wappler 1935, S. 19)

Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg wirkte die Zentralstelle im Sinne der Regierung auf die Inhalte der Zeitungen ein. Prägend für diese Phase war – trotz auch informationeller Beeinflussung – der Versuch, die Presse durch Bestechung und Subventionen zu steuern. Dies war eine international gängige Praxis und gewiss nicht nur eine Eigenart Preußens. 1860 wurde die Zentralstelle für Presseangelegenheiten in das Literarische Büro umgewandelt (siehe auch weiter hinten).

Autor(en): T.L.C.G.K.Z.

Anmerkungen

1 Vgl. Wappler 1935, S. 14.
2 Vgl. Brockhaus 1991, Bd. 14, S. 168.
3 „Quehl hatte sein Theologiestudium abgebrochen (…) und war 1849 Schriftleiter des ‚Danziger Dampfbootes‘ geworden. Während der Dauer des Erfurter Parlaments leitete er im Auftrage Manteuffels im Frühjahr 1850 die ‚Preßstation‘ Erfurt, der besonders die Herausgabe der ‚Erfurter Zeitung‘ oblag (GStA., N.A.M.d.I. 23 I, 6)“ (Wappler 1935, S. 18). Wappler schreibt den Vornamen Rino, Kunczik Ryno. Quehl wurde 1853 nach Kopenhagen abberufen, einer seiner Nachfolger wurde Dr. Metzel. Vgl. Kunczik 1997, S. 86.