Budget und Personal der staatlichen Pressebehörde

Finanzielle Ausstattung der Zentralstelle für Presseangelegenheiten

Im Unterschied zum österreichischen Pendant (100.000 Gulden pro Jahr, später sogar 350.000) war die preußische Zentralstelle für Presseangelegenheiten finanziell eher schmal ausgestattet: „Sie erhielt seit 1851 jährlich 35.000 Reichstaler (dies entsprach etwa 60.000 Gulden) aus dem“ – wie Piereth (1994, S. 35) schreibt – „polizeilichen Dispositionsfonds des Innenministeriums.“

Erst viel später, ab 1868, konnte Bismarck „zur verdeckten Förderung der Regierungspresse (…) Zinserträge aus dem so genannten Welfenfonds, dem beschlagnahmten Privatvermögen der 1866 abgesetzten Herrscher von Hannover und Hessen“ nutzen (Piereth 1994, S. 35f.).

Qualität des Personals der Zentralstelle für Presseangelegenheiten

Piereth (1994, S. 36) vertritt die Ansicht, dass für die amtlichen Pressebüros nur schwer geeignetes Personal zu finden war: zum einen sollte es zuverlässig, systemtreu sein, zum anderen aber auch literarisch-journalistisch befähigt. Gute Publizisten hätte es aber eher nicht in amtliche Abhängigkeit gezogen, sondern meist „unterdurchschnittlich begabte Journalisten“.

Abb.: Prof. Dr. Heinrich Wuttke (1818–1876), deutscher Historiker. Autor: unbekannt. Quelle: Richter, Otto: Lehrjahre eines Kopfarbeiters. Jugenderinnerungen. Aus seinem Nachlass hrsg. von Artur Brabant. Dresden: Buchdr. d. Wilhelm u. Bertha v. Baensch Stiftung, 1925 / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Dies klingt aus heutiger, demokratischer und vor allem radikaljournalistisch-idealistischer Sicht plausibel und wohlfeil. Und es kann sich auch auf den Zeitgenossen und Historiker Heinrich Wuttke (1875) stützen, der von einer „Schar Hungerleider“ schrieb, „unbedeutende(n), unselbständige(n) Schriftsteller(n), deren Feder käuflich war“ (Zit. nach Kunczik 1997, S. 85).

Eine solche Einschätzung verkennt nicht nur Wuttkes antipreußische, „großdeutsch-parteiische(n) Verwendung“, sondern erstens subjektiv-ehrliche Motive mancher staatsnah-konservativer bzw. die Seiten gewechselter Akteure, zweitens eine ggf. professionell-moderne Auffassung als kommunikativer Dienstleister, drittens – mindestens aus pragmatisch-opportunistischer Perspektive – die Attraktivität des Arbeitgebers „Staat“ und viertens, dass Auftragskommunikation durchaus kreativen Spielraum ermöglichen kann. Bauer (1930), hier zitiert nach Kunczik, schreibt:

Meist berief man erfahrene Journalisten, die man beamtete, und denen es oblag, ihre persönlichen Erfahrungen und Beziehungen im Sinne der Weisungen auszunutzen, wie sie ihnen von der Regierung zukamen.

(Kunczik 1997, S. 84)

Personal der Zentralstelle: Eigenschaften und Beispiele

Piereths und Wuttkes Urteile haben also gewiss nicht für jeden Mitarbeiter zugetroffen, wenigstens hat es vielen nicht an Cleverness gefehlt: Die Zentralstelle für Presseangelegenheiten beschäftigte …

(…) einen ganzen Stab von Zeitungskorrespondenten, die von der preußischen Regierung neben einem kleinen festen Honorar Informationen bezogen, so dass sie in der Lage waren, scheinbar unabhängig für andere Blätter zu schreiben und dafür von diesen noch einmal Honorar zu kassieren.

(Bialowons/Raue 1979, S. 11)

Und mindestens manche Pressestellen-Mitarbeiter waren sehr ambitioniert, initiativreich und publizistisch-literarisch und/oder verlegerisch-kommerziell begabt.

Schriftsteller Theodor Fontane (1819-1898), „der 1848 für eine demokratische Ordnung eingetreten war, bemühte sich im April 1850 um die Mitarbeit im Literarischen (K)abinet(t)“. Fontane über sich: „Ich gelte, namentlich (Pressestellenchef – T.L.) Merckeln gegenüber, für einen roten Republikaner und bin jetzt eigentlich ein Reaktionär vom reinsten Wasser.“ Von August bis Dezember 1850 las und schnitt er Zeitungen aus und ab November 1851 arbeitete er als „angestellter Scriblifax (in Versen und in Prosa)“ für die Zentralstelle. Nach 1852 war er mehrmals für den preußischen Staat auf Reisen in England, gründete und betrieb bis 1856 eine deutsch-englische (vermeintlich private) regelmäßige Korrespondenz. Bis 1859 arbeitete er noch als subventionierter Korrespondent für die Zentralstelle. (Kunczik 1997, S. 87-89)

Ein Beispiel für Innovativität, Geschäftssinn und Managementkompetenz bildet Dr. Bernhard Wolff, der „Verleger der ‚Nationalzeitung‘ geworden war und der sein ‚Wolffsches Telegraphenbüro‘ in den Dienst der preußischen Regierung stellte“ (Bialowons/Raue 1979, S. 11).

Der chronologisch folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Zeitabschnitt 1858-1871.

Autor(en): T.L.