Instrumentarium der breiten Öffentlichkeitsarbeit

Umfragen

Seit 1950 ließ sich das BPA regelmäßig vom Allensbacher Institut für Demoskopie über die Einstellung der Bevölkerung zu aktuellen politischen Themen informieren oder sich ein allgemeines Stimmungsbild übermitteln. Adenauer beobachtete Umfragen sehr genau und korrigierte seine Äußerungen dementsprechend oder griff negativ bewertete oder unbekannte Themen im Rahmen der Teegespräche auf.1 Vor allem Otto Lenz hatte „enge Beziehungen zu E. P. Neumann und seinem Institut in Allensbach angeknüpft, der ihn ständig auf dem Laufenden hielt. So konnte er, wenn im Kabinett jemand von der Bevölkerung sprach, die angeblich dieses oder jenes wünschte, mit konkreten Daten aus den Befragungen sogleich gegenhalten“ (Köhler 1990).

Umfrageergebnisse waren außerdem Ansatzpunkt für die breite Öffentlichkeitsarbeit: Das Ergebnis, dass über drei Viertel der Bevölkerung nichts über die Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) wussten, war z. B. Anlass für die Entwicklung der Broschüre Das Europäische Wörterbuch.2

Publikationen und PR-Agenturen

1951 wurde eine eigene Publikationsstelle der Bundesregierung innerhalb des BPA geschaffen. Die ersten Broschüren beschäftigten sich mit der Frage der Wiederbewaffnung, aber auch z. B. mit der Aufarbeitung der Geschehnisse im Dritten Reich und wurden auf Anfrage aus der Bevölkerung sowie gezielt an Multiplikatoren verteilt.3

Aufgrund der großen Nachfrage startet das BPA ähnliche Bemühungen auch im Ausland, insbesondere in den USA. Dabei holte man sich mit der Public-Relations-Agentur Roy Bernard seit 1951 auch Unterstützung vor Ort, ebenso wie in Großbritannien mit der Agentur Walter Thompson.4

Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise (ADK)

Die Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise wurde auf Initiative von Otto Lenz im Jahr 1951 gegründet, als Reaktion auf die – wie man einschätzte – mangelnde Anerkennung der Politik Adenauers. Nach außen trat sie als überparteilicher Verein auf, wurde aber tatsächlich vom BPA über den Reptilienfonds mitfinanziert.

Abb.: Hans Edgar Jahn (Dritter von rechts), rechts neben ihm Wirtschaftsminister Martin Bangemann, auf einer Pressekonferenz zu den Europawahlen 1979. Foto: Engelbert Reineke. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F055340-0015, Engelbert, Reineke, CC-BY-SA / Wikimedia Commons, Attribution Share alike 3.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Neben Otto Lenz profilierte sich Hans Edgar Jahn (1914-2000) als zentrale Figur und langjähriger Leiter der ADK. Der evangelische Jahn, im Dritten Reich Marinesoldat und Führungsoffizier, war bereits im Sinne des NS-Regimes publizistisch-propagandistisch tätig gewesen.5 1947 trat er der CDU bei. Als Journalist, publizistischer Herausgeber und PR-Berater wurde er 1954 Mitglied des Institute of Public Relations (IPR) in London. 1956/57 zählte er zu den Mitgründern der Studiengesellschaft Public Relations e. V., die später Aufgaben der ADK nach deren Auflösung in den 1960ern übernahm und selbst bis 2001 bestand6.

Jahns Aufgabe war es, die Ansichten der Regierung durchzusetzen und die Stimmung in der Bevölkerung zu erfassen. Jahn setzte dabei insbesondere auf den persönlichen Dialog und die Schaffung von Gemeinschaftserlebnissen.7 Die Tätigkeiten der ADK reichten von Networking-Aktivitäten über Vorträge, Broschüren-Verteilung, Ausstellungsorganisation, Generierung journalistischer Berichterstattung bis hin zu Filmvorführungen. Ein eigenes Mitteilungsblatt erschien seit 1952 ebenfalls.8

Die wichtigste Aufgabe in den ersten Jahren war die psychologische Vorbereitung der Wiederbewaffnung. Bis zum Inkrafttreten der Pariser Verträge im Mai 1955 führte die ADK 4.100 Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit über 300.000 Teilnehmern durch und verteilte fast drei Millionen Broschüren zu dem Themenkomplex. Insgesamt organisierte die ADK eine enorm große Anzahl an Veranstaltungen: Zwischen 1951 und 1963 fanden über 500.000 Tagungen und Diskussionsveranstaltungen statt.9 Um diese Arbeit bewältigen zu können, baute die ADK rasch einen großen Personalapparat auf. Nach Angaben von Jahn (1987, S. 232) beschäftigte die ADK schon 1953 17.000 Mitarbeiter zuzüglich Multiplikatoren und Referenten. Damit war die ADK gewiss eine wichtige Säule der Regierungskommunikation.

Autor(en): A.-D.S.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Hoffmann 1992, S. 140ff.

2 Vgl. Hoffmann 1992, S. 147; Jahn 1987, S. 246f.

3 Vgl. Hoffmann 1992, S. 233ff., 246f.

4 Vgl. Hoffmann 1992, S. 289; von Eckardt 1971, S. 129.

5 U. a.: Jahn, Hans-Edgar: Der Steppensturm – der jüdisch-bolschewistische Imperialismus. Leipzig, 1943. Zu Jahn: Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. 2014a und Jahn (, Bruno!) 2005, S. 497.

6 Zur Studiengesellschaft und zur ADK siehe auch unter: Konrad-Adenauer-Stiftung 2014.

7 Vgl. Jahn 1987, S. 95; Hoffmann 1992, S. 257; Kunczik 1999, S. 554; Rosumek 2007, S. 56.

8 Vgl. Rosumek 2007, S. 56; Hoffmann 1992, S. 260ff., 269.

9 Vgl. Rosumek 2007, S. 56; Kunczik 1999, S. 554; Hoffmann 1992, S. 381.