Fazit

Anteil am Aufbau der jungen Bundesrepublik

Szyszka (1998) bezeichnet die erste Phase der Geschichte der PR in der Bundesrepublik (bis 1960) als eine der funktional gesellschaftsbezogenen „Konzeptualisierung“. In dieser war Öffentlichkeitsarbeit nicht primär Organisations-Kommunikation von konkreten Unternehmen mit ihren jeweiligen Teilöffentlichkeiten, sondern gesellschaftspolitisch ausgerichtet: Als „Sachwalter der neuen Ordnung“ ging es vor allem darum, die Wirtschafts- und Gesellschaftsform der sozialen Marktwirtschaft in den Hirnen und Herzen der Menschen zu verankern.1 Allerdings sollte dies in deutlicher Abgrenzung zur Propaganda von vor 1945 geschehen, beispielsweise durch einen nicht-aggressiven Stil.

Phaseneinteilung der westdeutschen PR-Geschichte von 1945 bis in die 1990er-Jahre nach Peter Szyszka (1998)

Abb.: Tabelle aus: Syzyska, Peter: Öffentlichkeitsarbeit – ein Kind der Zeitgeschichte. Zeitgeschichtliche Einflüsse auf die Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland. Quelle: PR-Guide, Ausgabe August 1998. Hinweis: Der Beitrag war erstmals anlässlich der DGPuK-Jahrestagung 1998 vorgestellt worden.

Im staatlich-politischen Bereich und erst recht in der Regierungskommunikation kann ein solcher Gesellschaftsbezug der PR noch deutlicher angenommen werden. Galt es doch die neue Staatlichkeit der Bundesrepublik und das Tun der Staatsspitze – kulminierend und personifiziert in dem von Konrad Adenauer – zu kommunizieren, die untrennbar mit der Implementierung der Demokratie als Staatsform, der Wiedererlangung der staatlichen Souveränität und der Westintegration als außenpolitischer Strategie verbunden sind. Damit war eine deutliche Positionierung in der Auseinandersetzung der Gesellschaftsauffassungen verbunden, die sich welt-, deutschland- und innenpolitisch ausdrückte.

Kanzler- und Auslandsorientierung

Abb.: Die Mutter eines Kriegsgefangenen dankt Bundeskanzler Adenauer nach seiner Rückkehr aus Moskau im September 1955 für die politische Leistung der Rückführung der Kriegsgefangenen. Ganz rechts Bundesaußenminister Heinrich von Brentano. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-107546, CC-BY-SA / Wikimedia Commons, Attribution Share alike 3.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Die Praxis der Regierungskommunikation wurde in vorstehender Abhandlung vor allem anhand von Hoffmann (1992), ergänzt um weitere Quellen, dargestellt. Resümierend soll hier noch einmal Hoffmann (1992, S. 389) zu Wort kommen:

Die Persönlichkeit des Kanzlers bildet [ … ] einen zentralen inhaltlichen Schwerpunkt in der regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit, wobei es das BPA mit großem Geschick verstand, Adenauer zum Symbol für die innere Stabilität und eine berechenbare Entwicklung der Bundesrepublik zu stilisieren.

(Hoffmann 1992, S. 389)

Eine Besonderheit insbesondere in den ersten Jahren nach Gründung der BRD war die Fokussierung des Kanzlers auf die auslandsgerichtete Öffentlichkeitsarbeit, die ebenfalls in dem Kontext der historischen Ausgangslage zu erklären ist. Adenauers hohes Ansehen im Ausland strahlte dabei auch auf sein politisches Ansehen in der westdeutschen Bundesrepublik ab.

Vervollkommnung der organisatorischen und normativ-juristischen Grundlagen

Kommunikation ist seit der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland ein bedeutender Faktor jedes Regierungshandelns in diesem Land. Verständnis und Funktionen des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung als „Informationsdrehscheibe zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Medien und der Bundesregierung“ (Bundesregierung 2012) haben sich allerdings in den folgenden Jahrzehnten auch weiterentwickelt.

Zur Ausgestaltung eines rechtlich-normativen Begründungszusammenhangs für staatliche Öffentlichkeitsarbeit kam er erst im Laufe der Zeit. Einen Meilenstein stellt dabei das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1977 dar. Darin wurde erstmals die Notwendigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit explizit und fundiert formuliert. Regierungen haben dabei eine besondere Informationsfunktion zu erfüllen, die durch Öffentlichkeitsarbeit verwirklicht werden soll. Der Regierungskommunikation wurde damit eine wichtige Rolle im Rahmen der pluralistischen Meinungsbildung der Bevölkerung attestiert. Zugleich wurden Grenzen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und ihre Unvereinbarkeit mit politischer Wahlwerbung formuliert.

Autor(en): A.-D.S.T.L.

Anmerkungen

1 Zum Zusammenhang von Marshall-Plan und PR-Geschichte auch in: Szyszka 1997, S. 291ff. Diesener/Gries 1996, S. 193ff.