Normativ-ethische Problemzonen
Intransparente Finanzierungen
Ein Thema konnte allerdings auch der erfolgreiche Amtsleiter von Eckardt nicht entkräften: Die Frage, ob die Arbeit des BPA die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigte, rückte immer wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses.1 Diese Problematik hatte mindestens zwei Aspekte:
- a) intransparente Geldflüsse und
- b) die Verquickung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit mit Parteien-PR.
Zu a): Hintergrund war die Finanzierung zahlreicher Aktivitäten des BPA, wie z. B. die Arbeit der ADK, über einen geheimen Haushaltstitel, den sogenannten Reptilienfonds mit dem offiziellen Titel Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Nachrichtenwesens. Der Reptilienfonds wuchs beträchtlich an: 1949/50 betrug er noch 450.000 DM, 1955 waren es schon 11,25 Mio. DM.2 Mittel aus diesem Fonds konnten vergeben werden, ohne dass die Posten einzeln ausgewiesen werden mussten. Deshalb wurde die Regierungspartei in Wahlkampfzeiten häufig von der Opposition verdächtigt, die Mittel des BPA für eigene Zwecke instrumentalisiert zu haben. Eine Kritik, die das Image des BPA lange Jahre belastete.3
Parteipolitische Einflüsse
Zu b): Mindestens bei von Eckardt ist eine „enge Verquickung seiner Tätigkeit als Regierungssprecher und als politischer Berater des Bundeskanzlers wie auch die Verwobenheit des Parteiapparates der CDU mit dem Regierungsapparat“ festzustellen, wie aus seinen Memoiren hervorgeht.
Im Jahre vor der Bundestagswahl 1953 traf sich im Kabinettsaal regelmäßig der Wahlkampfstab der CDU. ‚Außer dem Kanzler, Staatssekretär Otto Lenz, Dr. Globke und mir (v. Eckardt), die wir zum persönlichen Stab des Kanzlers gehörten, nahmen meistens Gerstenmeier, v. Brentano, Ehlers, Tillmanns, Blank, Jakob Kaiser, Krone und die leitenden Personen aus der Geschäftsstelle der Partei und der Fraktion sowie dieser oder jener Public-Relations-Fachmann teil‘.
(Zit. nach: Walker 1982, S. 30)
Adenauer vermochte es, „‘über der vorgegebenen organisierten Partei eine zweite Identität, einen zweiten Machtkomplex und ein zweites Wahlbild‘ zu installieren und dadurch den ,Kanzlereffekt‘ zu mobilisieren.“ Dabei habe „Eckardts mit den Mitteln des BPA betriebene Öffentlichkeitsarbeit sicherlich nicht an letzter Stelle“ gestanden, meint Walker (1982, S. 30). So nutzte „Eckardt die Bedeutung der öffentlichen Meinung des befreundeten Auslands als ‚sekundäre Wahlresonanzgebiete‘“.
Die Informationsarbeit der Bundesregierung hatte auch die Landtagswahlkämpfe im Blick. So befürchtete von Eckardt, dass die Kampagne Kampf dem Atomtod der SPD 1958 in Vorbereitung der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sehr wohl einen „Einbruch in die öffentliche Meinungsfront“ schaffen könnte. „Daraufhin startete die Bundesregierung mit rund einer Million DM eine massive informationspolitische Gegenoffensive unter der Parole: ‚Kampf dem Atomtod in allen Ländern! Durch kontrollierte Abrüstung‘.“ (Walker 1982, S. 31)