Messe als wirtschaftliches und kommunikatives Phänomen

Messen als wirtschaftliche Notwendigkeiten und damit auch Orte von begleitender Marktkommunikation

Im Unterschied zu permanenten Handelseinrichtungen wie zum Beispiel Ladengeschäften in Einzelhandelszentren weisen periodische Märkte (u. a. Jahr-, Wochen- und Tagesmärkte, Messen und Ausstellungen) nicht nur eine ‚räumliche, sondern (zusätzlich) auch eine zeitliche Konzentration‘ des Marktgeschehens auf.

(Möller 1989, S. 46)

Messen, aber auch Handel generell oder Börsen etc. stellen wichtige Institutionen des Austausches und damit des Funktionierens einer marktbasierten, teilweise auch einer merkantilistischen und zentralverwaltungs- bzw. planwirtschaftlichen, Wirtschaftsordnung dar. Zugleich stellen Messen zentrale Instrumente städtischer Imagepolitik1 und Wirtschafts- bzw. Fremdenverkehrsförderung dar, sind deshalb auch Gegenstand von Raum- und Städte(system)forschung.2

Aus makroökonomischer, volkswirtschaftlicher Sicht unterscheidet „das reale Vorhandensein des Objekts oder eines Musters davon die Börse von der Messe“. „Im Gegensatz zur Börse, dem Markt für den ‚schablonisierten Großverkehr‘ kann man die Messe als Markt für den ‚individuellen Großverkehr‘ ansprechen. Die Messe erleichtert dem Kaufmann die Erkundung und Analyse dadurch, ‚dass der zum Teil unsichtbare, aber durchaus reale Markt für eine gewisse Zeit an einem bestimmten Ort in der geschlossensten Form sichtbar wird (…) in einem konzentrierten Angebot und einer konzentrierten Nachfrage“ (Pohl 1989, S. 414). Im Unterschied zu Einzelangeboten durch Handlungsreisende (Vertreter) schafft die Messe eine gleichzeitige Präsenz vieler konkurrierender Angebote.

Messen in ihren vielfältigen Kommunikationsfunktionen

Bentele 1997 (S. 146ff.) hat folgende Haupttypen bzw. Formen von Messekommunikation systematisiert:

a) die „persönliche Marktplatz-Kommunikation“ der Aussteller und Besucher miteinander und untereinander

b) die „medial vermittelte (…) Wirtschaftskommunikation (…) der Aussteller vor allem in Richtung Besucher, Medien und Öffentlichkeit“

c) „Information und Kommunikation der Messe(gesellschaft) selbst“

d) „Messe als Kommunikationsinstrument größerer sozialer Systeme bzw. Akteure“

Abb.: Faksimile aus Preil 1961, S. 31.

In den hier behandelten Zeiträumen (bis zum Umschlag der Waren- zur Mustermesse Anfang der 1890er-Jahre) dominierte eindeutig a). Ab dem 16./17. Jahrhundert gewann b) zunehmende Bedeutung, im großen Stile aber erst nach 1850. Auf der Hand liegt der Zusammenhang zwischen Warenaustausch und Austausch von Informationen – und damit von Messe und Medienentwicklung allgemein. Die Rolle der Messen für die innovative Entwicklung von Formen der Werbe- und PR-Kommunikation kann sicher angenommen werden, ist aber für die früheren Jahrhunderte vergleichsweise wenig erforscht.

Da die Messe bis Anfang der 1890er-Jahre keine zentral organisierte Veranstaltung im heutigen Sinne war, kam c) – verglichen mit den Maßstäben des 20. Jahrhunderts – nur rudimentär vor. Zweifellos wurde die Messe von der Stadt Leipzig und dem Königreich Sachsen zur Imagepflege genutzt (d), aber eher vermittelt über a) bis c) und nicht im Sinne eines strategischen Programms. Wohl war aber die Messe für verschiedenste Akteure eine wichtige Quelle der Informationsbeschaffung und damit Gegenstand von Berichterstattung und Statistik.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. dazu Liebert 1999.

2 Vgl. dazu z. B. Möller 1989.