Bauch 1963 (I)
Vorbemerkungen
Der Kaufmannssohn Hansjoachim Bauch1 hat 1963 eine „betriebswirtschaftliche“ Dissertation vorgelegt, die aber von Inhalt, Struktur oder Wording keinen Ansatz verkörpert, den man sich aus heutiger Sicht unter einem typischen BWL- oder gar Marketing-theoretischen Ansatz von PR vorstellen würde. Das wohl meistverwendete Wort im Inhaltsverzeichnis der Kapitel A bis D lautet „Beziehungen“ bzw. „Beziehungspflege“. Die Arbeit dreht sich um Öffentlichkeit, das Industrieunternehmen, die Arten der (marktorientierten und standortsbedingten) Beziehungen des Unternehmens, die Mittel, Planung, Realisation und Kontrolle der Beziehungspflege (Bauch 1963, Inhaltsverzeichnis). Sein „Kritik-Kapitel“ C gerät eher harmlos.
Gleich zu Beginn der Einleitung seiner knapp 100-seitigen, gedruckten Dissertation verweist der Promovend auf die Pionierrolle Hundhausens 1937/38 bei der Einführung des PR-Begriffes in Deutschland (S. 7). Bauch selbst verwendet im Haupttitel seiner Schrift „Öffentliche Beziehungspflege“ und setzt „Public Relations“ nur in Klammern. Ähnlich wie Steybe (1958) fokussiert Bauch auf PR in (Industrie-) Unternehmen, also auf PR in der Wirtschaft.
Öffentliche Beziehungspflege bzw. Public Relations
Das PR-theoretisch relevanteste Kapitel lautet (im Teil A) „V. Das Wesen der öffentlichen Beziehungspflege im Industrieunternehmen“ (S. 20ff.). Das grundsätzlich immer angestrebte Ziel sei es, „das Vertrauen der die Unternehmung umgebenden Öffentlichkeit zu gewinnen bzw. zu erhalten“. Solange ein Interessensausgleich zwischen öffentlichen Bestrebungen und Unternehmung noch nicht vorhanden ist, liege „ein Erziehungsanspruch an den Unternehmer vor, die gesamtgesellschaftliche Verpflichtung in der Leitung und Politik der Unternehmung zu stärken, worauf vor allem Schelsky hinweist“ (S. 20). Im Übrigen verweist Bauch auf Löckenhoff und Gross. Innerhalb des Ziels der Vertrauensgewinnung wird unter Bezug auf Löckenhoff eine Dreiteilung der Aufgabe in Form „einer überbrückenden, einer Ausgleichs- und einer Kontakt-Funktion“ vorgenommen (S. 20).
Bauch wendet sich – wie viele andere auch – Definitionen und möglichen Übersetzungen des PR-Begriffes zu (S. 21ff.).
Unter Verweis auf sehr viele andere Autoren versucht der Promovend eine Abgrenzung der PR zu „Werbung und Publizität“ (S. 22ff.). Heraus sticht hier die Problematisierung eines tatsächlichen oder vermeintlichen Sinneswandels des PR-Nestors Hundhausen. Dieser habe früher behauptet, dass „öffentliche Beziehungspflege kein neues Mittel sei, sondern nur eine Verlagerung des Akzents werblicher Äußerungen“. Jetzt meine er, dass die verurteilungswürdige Gleichsetzung von Wirtschaftswerbung und Public Relations darin liege, „dass die Mittel zum Zwecke der Unterrichtung als das Wesentliche angesehen werden“ (Bauch 1963, S. 23). Wir meinen: Abgesehen von einem möglichen Erkenntnisfortschritt zwischen den 1930er- und 1950er-Jahren ist bezüglich der ersten Sichtweise auch eine gewisse äsopische Ausdrucksweise in der NS-Zeit zu berücksichtigen.
Anmerkungen
1 Der 1931 geborene Hansjoachim Bauch wurde kriegsbedingt evakuiert und setze ab 1945 seine Schulzeit in Berlin fort und schloss 1950 mit dem Abitur ab. 1956 wurde er nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium in Berlin Diplom-Kaufmann. Danach war er Doktorand und arbeitete gleichzeitig in der väterlichen Unternehmung. Nach der Promotion war er in der Wirtschaftsprüfung tätig. Vgl. Bauch 1963, S. 93, Lebenslauf.
Dr. Bauch verstarb nach unseren Recherchen 2012.