Die 2010er-Jahre – Zeit familiärer Rückbesinnung und des Einstellens auf die Zukunft III

Kontinuität und Veränderung

Als Dietrich Schulze van Loon 1979 in die Agentur eintrat und 1989 seinen Vater Reiner an der Agenturspitze ablöste, brachte er neue Ideen und moderne Denkweisen ein. Die Entwicklung seitdem schritt weiter voran, das Tempo der Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Medien erhöhte sich.

40 Jahre Agentur-Arbeit von Dietrich Schulze van Loon

Inzwischen (Stand 2019) kann Reiners Sohn Dietrich auf vier Jahrzehnte Erfahrung in der Kommunikations- und Beratungstätigkeit zurückblicken. Als PR-Manager, Agenturchef und GPRA-Präsident hat er das Berufsfeld der strategischen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland wesentlich mitgeprägt. Gründe genug, mit ihm über sein Verständnis von Auftragskommunikation als Dienstleistung und seine zentralen professionellen Einsichten zu reden. Günter Bentele und Tobias Liebert befragten ihn Anfang 2019 dazu. Der Videoausschnitt beginnt mit Dietrich Schulze van Loons PR-Verständnis.

Neue Zeiten bringen neue Herausforderungen – sie prägen den Nachwuchs und bedingen Team-Arbeit

Seit 2005 befindet sich das deutsche PR-Berufsfeld – so beschreibt Szyszka (2015, S. 502, vgl. auch S. 506f.) dies – in einer Phase der „Ausdifferenzierung“. Das Internet verändert(e) Mediensystem und öffentliche Kommunikation, woraus neue Chancen und Risiken für alle Kommunikationsakteure erwachsen. Dies erhöht den „unternehmenspolitische(n) Stellenwert“ von Organisationskommunikation. Die „Suche nach einem Operationsmodus für die ‚neue‘ Öffentlichkeit“ bringt neue, digitale Kommunikationsweisen mit sich, führt aber zugleich zu Verunsicherung und Entgrenzung.

Für Bentele (2013, 2017), der mittlerweile acht historische Perioden der deutschen PR-Geschichte seit Beginn des 19. Jahrhunderts unterscheidet, liegt das Jahr 2005 an der Schnittstelle zwischen der siebten Periode (1995-2005) und der achten Periode (2005 bis heute). Während die siebte Periode u.a. durch die globale Entwicklung des Internet und die damit einhergehende Internationalisierung der Kommunikation von Organisationen gekennzeichnet ist, zeichnet sich die achte Periode durch den starken Einfluss, den die Social Media auf die Gesellschaft und auch auf das PR-Berufsfeld haben, aus.

Die Orca-Gruppe verarbeitet diese Konstellation kreativ in ihrem neuen Imagefilm: „Keine Angst vorm schwarzen Loch“ lautet sein Titel. Das Team aus „Spezialisten verschiedenster Kommunikationsdisziplinen“ will „ihre Kunden tatkräftig dabei unterstützen, ihren Markenkern und ihre Authentizität auch im rasanten Wandel der Zeit beizubehalten.“ Deshalb der neue Claim: „Die kollektive Kraft der Intelligenz“.

Eintritt der dritten Generation in die Agentur

Für den Generationswechsel bei den „Orcas“ stehen insbesondere Friederike Meister (Orca Affairs) und Hendrik Schulze van Loon (Orca van Loon). (Orca 2018)

Aus dem Lebens- und Bildungsweg von Hendrik Schulze van Loon – Dieters Sohn bzw. Reiners Enkel

Abb.: Hendrik Schulze van Loon. Foto: Orca van Loon Communications.

Nunmehr in dritter Generation setzt Hendrik Schulze van Loon – neben seinem Vater Dietrich – die in den 1950er-Jahren begonnene Agenturtradition fort. Der Enkel von Agenturgründer Reiner wurde am 26. Januar 1979 geboren und konnte 2019 seinen 40. Geburtstag begehen.1

Er studierte an der Leuphana-Universität Lüneburg „Angewandte Kulturwissenschaften“ mit den Schwerpunkten BWL, Sprache und Kommunikation sowie Medien und Öffentlichkeitsarbeit und schloss 2012 mit dem Magister-Titel ab. Das Thema seiner wissenschaftlichen Abschlussarbeit lautet „Krisenkommunikation im Web 2.0“ und passt damit genau zum Anforderungsprofil heutiger Auftragskommunikatoren.

Hendrik Schulze van Loon seit 2015 in der Agentur tätig – Verantwortungsübernahme 2017

Am 1. Januar 2015 trat er in die väterliche Agentur Orca van Loon Communications ein. Zunächst und bis November 2015 arbeitete er im Digital-Team des Beratungsunternehmens.2 Dann wechselte er in das Team Unternehmenskommunikation.3

Seit November 2016 ist er Prokurist und beschäftigt sich deshalb auch mit der Gesamtgeschäftslage der Firma und Controlling. Ab September 2017 leitet er – seinerzeit 38-jährig – als Geschäftsführer mitverantwortlich die Geschicke der Agentur. Zum Jahreswechsel wurde er auch Teilhaber bzw. Gesellschafter.4

„Hendrik Schulze van Loon freut sich auf seine neue Aufgabe, wenngleich er Respekt davor hat. ‚Ich sehe die Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, dem Namen.‘ Schulze van Loon – irgendwo steckt da alter Adel drin – verpflichtet eben auch. Zu Qualität im Sinne hanseatischer Kaufmannstradition, aber auch zu Weltoffenheit, Engagement, Erfindergeist.“ Dabei wolle er auch „neue Schwerpunkte“ setzen. (W&V Nr. 32, S. 51)

Vater Dietrich bleibt „Partner und Gesellschafter“ (Horizont 10.8.2017, S. 10). Geschäftsführende Gesellschafter sind aktuell (Stand 2019) Dietrich und Hendrik Schulze van Loon.5 Beide treten auch im öffentlichen Leben der Hansestadt auf.6

Standpunkte und Einschätzungen des jungen Schulze van Loon

Digitale Medien – wichtiger Schwerpunkt

Der Vertreter der dritten Generation, Hendrik Schulze van Loon, bringt viel Wissen und Know-How vor allem im Digitalen mit. Generationsgemäß als „digital native“, dazu noch studiert, ist er mit der Digitalisierung aufgewachsen, die auch in der Agentur und im Beratungsgeschäft insgesamt einen immer größeren Anteil einnimmt.

Auf die Zukunft der Unternehmenskommunikation angesprochen, sieht Hendrik im Fortgang der Branche viele neue Herausforderungen: Märkte, Medien, die gesellschaftliche Kommunikation insgesamt haben sich schon geändert und werden sich weiter ändern. Auf der Website von Orca van Loon stellt die Agentur fest:

Das Internet hat alles verändert. Kommunikation ist nicht nur schneller geworden, sondern auch fragmentierter. Aber vor allem eines: direkter. Unzählige digitale Plattformen und Kanäle haben zu einer neuen Form des Dialogs geführt: Mit gänzlich neuen Wegen für ein gezieltes, unmittelbares Management von Reputation. Doch gleichzeitig macht er sie auch angreifbarer denn je.

(Orca van Loon: Website, Abruf 2019)

Demgemäß bietet die Agentur als eines ihrer Portfoliobestandteile auch digitale Krisenkommunikation an – das Thema, worüber Hendrik auch seine Abschlussarbeit in Lüneburg geschrieben hatte.

Hendrik Schulze van Loon zur Zukunft von Kommunikation von Organisationen und Gesellschaft

Hendrik sieht zukünftig verstärkt die Notwendigkeit, dass die unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen in den Organisationen noch besser und stärker integriert arbeiten. Die integrierte Kommunikation war dabei schon bei seinem Großvater eine Leitidee. Auf die Frage, ob eher die Kommunikation oder das Marketing den „Lead“ beanspruchen sollte, antwortet er: Trotz mancher Trends (z.B. Content Marketing) bei großen Unternehmen, sollte das Kommunikationsmanagement den „Lead“ haben und oft genug habe es das auch schon.

Der „gesunde Menschenverstand“, der ja auch in der Philosophie eine Renaissance erlebt habe, bleibe zentraler Bezugspunkt und was die Berufsethik anbelangt, so beruft sich Hendrik auf seinen Großvater Dr. Reiner Schulze van Loon „Vor der Wahrheit gibt es keine Flucht“. Dieser Alltagsrealismus schütze vor allzu großen Verschiebungen innerhalb der Markenkommunikation:

Das langfristige Ziel muss ja sein, dass Reputation aufgebaut und gestärkt wird.

(HSvL Interview)

Wie sieht Hendrik Schulze van Loon die Zukunft der Kommunikationsbranche generell? Spannendes Umfeld, Veränderungen von Märkten, Branchen und Journalismus – lauten die Stichworte. Schulze van Loon diagnostiziert ein stärkeres Zusammenwachsen von Journalismus, PR und Marketing. Und: Der „emotionale Bestandteil“ werde ein Grundpfeiler der zwischenmenschlichen Kommunikation bleiben. Möglicherweise haben Social Media den Zenit schon überschritten.

Agenturmarkt im Wandel

Vor allem aber, so der junge Schulze van Loon, weiter: Das Geschäftsmodell der Agenturen, des Agenturmarktes werde sich ändern, habe sich schon zu einem Teil verändert. Chancen der zukünftigen Agentur lägen eher in der Beratungsleistung, nicht in der Abarbeitung von Pressemeldungen. Die Agentur Orca van Loon sei bei ihren Kunden eher an den Kommunikationsverantwortlichen bzw. an den CEO „angedockt“, nicht so sehr an die Marketingverantwortlichen.

Hendrik Schulze van Loon prognostiziert eine Differenzierung in der Agenturlandschaft: Einerseits gebe es jetzt schon strategisch orientierte, beratungsintensive Agenturen, bei einigen größeren Agenturen werde auch oft auch auf Vorstandsebene beraten. Andererseits existierten viele mittelständische und kleine Agenturen, die bisher vor allem operativ im Bereich Pressearbeit, des Corporate Publishing etc. zu verorten seien. Generell sieht Hendrik aber einen Trend zu kleineren, agileren, gleichwohl aber strategischen Beratungsagenturen. Die Zeit der großen Agenturen werde eher zu Ende gehen. (HSvL Interview)

Schulze van Loons Aussagen über die Zukunft des Agenturmarktes und der Öffentlichkeitsarbeit/PR aus seinem Gespräch mit Günter Bentele und Tobias Liebert im Januar 2019 dokumentieren wir im folgenden Videoausschnitt.

Anforderungen an Ausbildung und künftige Mitarbeiter/innen

Weil das Beratungsgeschäft komplexer, schneller, vernetzter und digitaler geworden sei, besäße die Ausbildung für den Beruf ein sehr großes Gewicht. Positiv bezüglich der Ausbildung sieht Hendrik, dass es schon eine Reihe von guten, auf PR und Kommunikationsmanagement spezialisierten Universitätsstudiengängen gibt. Wichtig seien aber auch „kulturell ausgebildete“ Nachwuchskräfte, die eher selbstverständlich zwei Fremdsprachen gut sprechen; die „über den Tellerrand“ schauen können, Auslandserfahrung haben, vielleicht außergewöhnliche Charaktere sind. (HSvL Interview)

Ausgehend von bereits heute sichtbaren Trends äußert sich Hendrik Schulze van Loon im nächsten Videoausschnitt zum Anforderungsprofil für in einer Agentur tätige Kommunikationsfachleute.

 

Autor(en): T.L.G.BE.

Anmerkungen

1 Die nachfolgenden biografischen Angaben vor allem aus: HSvL Interview.

2 Dabei begleitete er verschiedene Projekte, z.B. für Unilever (Blog, Facebook-Kampagne usw.). Vgl. HSvL Interview.

3 Dabei hatte er gleich verschiedene Kundenkontakte: Redwell Infrarotheizungen und Internatsgymnasium Schule Marienau sowie teilweise schon die Stadtwerke Uelzen; 2016 dann Mercedes-Benz, Forsthaus und Klostermühle Heiligenberg. Aktuell betreut er die Stadtwerke Uelzen sowie Forsthaus und Klostermühle Heiligenberg, ein Resort, komplett. „Wir haben das in unserer Agentur nach Kunden aufgeteilt.“ (HSvL Interview)

Dietrich Schulze van Loon behielt beispielsweise das Mandat des Mineralwasseranbieters Hansa-Heemann. Vgl. W&V Nr. 32, S. 51.

4 Vgl. HSvL Interview. Timo Lommatzsch schied zum Jahresende 2017 aus. Vgl. dazu HSvL und DSvL Interviews.

5 Vgl. Unternehmenswebsite https://orcavanloon.de/#koepfe (Letzter Abruf am 12.3.2019).

6 Dietrich Schulze van Loon ist beispielsweise Beirat der Business Club Hanse Lounge. Vgl. Welt, 17.5.2013, Nr. 113, S. 35.