PR-Büro mit kreativer Besetzung

Reklame- und Pressebüro

Abb.: Frank Wedekind. Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei, Public Domain).

Bereits früh hatte Julius Maggi erkannt, dass es nicht reicht, die Produkte steril und sachlich zu beschreiben. Vielmehr ging es ihm darum, eine persönliche Beziehung zwischen Käufer und Produkt zu schaffen. Die dafür nötige Kommunikation sollte ein „Reclame- und Pressebureau“ leisten, das er 1886 gründete. Bei der Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit für dieses „Büro“ stieß Maggi auf einen damals unbekannten, aber begabten 22-jährigen Mann: den späteren großen Dramatiker Frank Wedekind (1864-1918).

Wedekind – der damals sein Jurastudium abgebrochen hatte und durch einen Streit mit seinem Vater in finanzieller Not geraten war – wurde im November 1886 als Leiter des Pressebüros von Maggi eingestellt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Verfassen von 12 bis 18 Reklametexten in Prosa oder Vers pro Woche. Außerdem hatte er dafür zu sorgen, dass seine Texte tatsächlich in der Presse veröffentlicht wurden und die Beziehung der Firma zu Zeitungen und Journalisten aktiv blieb. Wedekind musste nicht lange warten, bis er auch seine erste wichtige „Außenmission“ erhielt. Im Januar 1887 repräsentierte er die Firma bei der I. Internationalen Ausstellung für Kochkunst und Volksernährung in Leipzig. Dabei sollte er Verbindungen mit Reportern anknüpfen und sicherstellen, dass Maggi in den Ausstellungsberichten erwähnt wurde. Außerdem wurde er mit „Konkurrenzanalyse“ beauftragt: Er hatte die PR-Maßnahmen anderer Firmen zu registrieren und zu beobachten.1

Wedekinds Reklameverse

Wedekind war trotzdem nicht wirklich zufrieden mit seiner Tätigkeit bei Maggi. Er empfand seine Arbeit dort als Pflicht und Einschränkung seiner Persönlichkeit. Er traf deswegen die Entscheidung, seinen Vertrag aufzulösen. Bei Maggi blieb er jedoch als freier Mitarbeiter noch bis Juli 1887 tätig und hat dann noch Reklametexte verfasst. Seine Texte wurden von Maggi selbst beurteilt, wie dieser Vers, der den Kommentar „vortrefflich“ erhielt:

  • „Vater, mein Vater!
  • Ich werde nicht Soldat
  • Dieweil man bei der Infantrie
  • Nicht Maggi-Suppen hat!
  • Söhnchen, mein Söhnchen!
  • Kommst du erst zu den Truppen
  • So isst man dort auch längst nur Maggi’s
  • Fleischconservensuppen.“

(Zit. nach Kunczik 1997, S, 220)

Nicht nur Maggi griff auch später wieder auf Dichter, Erzähler und Romanschriftsteller zurück, auch andere Unternehmen beschäftigten gern solche Leute für ihre Werbung und PR.2

Autor(en): E.V.T.L.

Anmerkungen

1 Vincon (Hrsg.) 1992; Sinh 1995; Kunczik 1997, S. 217-221. Kunczik schreibt, dass es auf der Leipziger Ausstellung zu Kompetenzstreitigkeiten mit dem ebenfalls anwesenden Maggi-Verkaufschef Suter kam. Das ist sozusagen ein früher Beleg für den „Kampf der Funktionen“ PR und Marketing.

2 Vincon 1992, S. 240.