PR und nationale sowie ideologische Propaganda der deutschen Rennmannschaft im Ausland

Kommunikativer Wettstreit in und mit den USA aus ökonomischen und politischen Motiven

Strategische kommerzielle und propagandistische Botschaften

Im Ausland traten die Konzerne mit ihren Werksteams als „deutsche Rennmannschaft“ mehr oder weniger gemeinsam auf.

Abb.: Bernd Rosemeyer gewinnt das Vanderbilt-Rennen in den USA (5.7.1937/Herausgabe 12.7.). Quelle: ADN-Zentralbild, jetzt Bundesarchiv Bild 183-2007-1205-501 / Wikimedia Commons, Attribution-Share Alike 3.0 Germany license (CC-BY-SA 3.0) https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode

Die Teilnahme an Rennterminen in den USA verfolgte „auch das konkrete Ziel, auf dem amerikanischen Automarkt Fuß zu fassen“. Zugleich ging es darum, eine „Parade teutonischen Fleißes“ abzuhalten sowie Überlegenheit der „deutschen Moderne“ gegenüber der amerikanischen Zivilisation zu zeigen. Industrielle und Rennsportler „traten als Expeditionskorps der NS-Verkehrsmoderne auf, das mit den neuesten Transportmitteln über den Globus hetzte“.1

Die Deutschen hofften in den USA „auf einen symbolischen Triumph“, den sie beim Vanderbuilt-Cup 1937 mit dem Sieg des Auto-Union-Piloten Bernd Rosemeyer auch bekamen.

Medial-kommunikative Strategie war es, einen „Mythos ‚Deutsche Technik‘“ über den Atlantik zu tragen, zugleich aber auch die „deutsche Kulturnation“ – einschließlich „gehobener Fahrkultur“ der Rennsportler – gegenüber den sensationalistisch-materialistischen und ‚kulturlosen Amis‘ herauszukehren.

„Hetz“-Vorwürfe gegen US-Presse – Vorfeldkommunikation zur Vermeidung von Zwischenfällen

Der „Presseaufwand um die deutschen Abordnungen im Juli 1937“ war „enorm, wenngleich die Sorge groß war, dass eine ‚politische Verhetzung in den amerikanischen Zeitungen‘ das Medien-Event überschatten könnte“. (Day 2004, S. 149-153, unter Nutzung interner Materialien von Auto Union)

Zwischenfälle gab es durchaus, als die Deutschen – mit dabei auch Ferdinand Porsche – im New Yorker Hafen „mit Protesten empfangen“ wurden: „faule Kohlköpfe klatschten beim Entladen auf die Silberpfeile“. Die Polizei griff ein und zwang „die Demonstranten, das Gemüse zu entfernen“ (Osteroth 2004, S. 192f.).

Was mit der „Verhetzung“ gemeint war, geht aus dem von Kirchberg 1984 (S. 91f.) zitierten Protokoll vom 19. April 1937 einer Besprechung mit amerikanischen Auto-Repräsentanten hervor. Auch wenn möglicherweise nicht alles exakt so gesagt wurde (es handelt sich um eine Niederschrift von deutscher Seite), zeigt es, auf wie viel Entgegenkommen die NS- und Konzernvertreter aus Deutschland in den USA generell und mit ihrer antisemitischen Propaganda rechnen konnten:

Mr. Abbott“ (Präsident der Motor Development Corporation of New York) „erklärte, dass die Deutschen von dem Veranstalter und von den christlichen Kreisen, besonders von den Deutsch-Amerikanern, zweifellos mit großer Begeisterung empfangen werden würden und auf einen festlichen Empfang zu rechnen hätten. Im Übrigen würde er alle Vorsichtsmaßregeln über die Polizei treffen lassen, dass von der Landung bis zur Anfahrt der Deutschen alles geschehe, um jeden Zwischenfall zu vermeiden. Zwischenfälle könnten nur von Seiten der durch die Presse gegen Deutschland aufgehetzten Juden New Yorks kommen. Die guten Amerikaner würden sich aber von dieser jüdischen Mache genauso absetzen, wie sie dies bislang getan hätten. Er und seine Gesellschaft und alle, die mit dem Rennen zu tun hätten, hätten sich gegen die jüdischen Machenschaften schärfenstens eingestellt. Dasselbe wurde auch von Herrn Sparkow“ (Vertreter der American Automobile Association A.A.A. für Europa) „bestätigt, der die Verhetzung durch die Presse schärfstens verurteilt.

(Zit. nach Kirchberg 1984, S. 92)

Konkurrenz und Kooperation der Konzern-Rivalen im Ausland

Rege Pressearbeit der Konzerne fand auch bei anderen Rennteilnahmen im Ausland statt. Die Konzerne untereinander beobachteten sich dabei, hier schrieb die Auto Union über ihren Konkurrenten anlässlich des Doningtonpark-Rennens in England:

Mercedes Benz ging mit besonderer Siegeszuversicht in das Rennen und war demzufolge auch zahlenmäßig wesentlich stärker vertreten wie wir. Vom Vorstand der Daimler Benz A.G. war zugegen Herr Dir. Werlin. Am Freitag vor dem Rennen wurde ein besonderer Presseempfang in London veranstaltet. Die Presseabteilung von M.B. war ebenfalls stark vertreten. Mercedes gab sehr viel Pressematerial aus und verteilte gleichzeitig außerordentlich viel Reklamematerial, so dass alle prominenten Leute des Klubs, der anwesenden Presse mit Mercedes-Benz-Abzeichen, Anstecknadeln, Bleistiften usw. versehen waren. Auch in ihren Fahrzeugen trat Mercedes sehr repräsentativ auf (…).

(Zit. nach Kirchberg 1984, S. 94)

Beide Konzerne arbeiteten aber zusammen, wenn es um die Durchsetzung der gemeinsamen „deutschen Interessen“ im Ausland ging. Dabei wurden sogar gemeinsame Medienstrategien vereinbart. Um international eine für Deutschland günstige „neue Rennformel“ 1938-40 zu bekommen, wurde der sperrige französische Automobilclub medial unter Druck gesetzt:

Die Artikel, die sich mit dieser Formel-Frage befassen, müssen absolut tendenziös in großer Aufmachung – evtl. in Folgen – erscheinen. Es wird dabei an folgende Schlagzeilen gedacht:

– Sprengt Frankreich die AIACR?

– Das Ende der Automobilrennen?

– Die deutschen Rennerfolge ein Dorn im Auge der französischen Automobil-Industrie?

– Haben die Franzosen Angst vor den deutschen Rennerfolgen?

– Der Fortschritt deutscher Automobil-Konstruktionen kann derzeit von Frankreich nicht aufgeholt werden!

(Verständigung zwischen Daimler-Benz und Auto Union im Januar 1937. Aktennotiz von Dr. Feuereisen für den Vorstand der Auto Union. Zit. nach Kirchberg 1984, S. 101)

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Die Rückreise war als „Expressflug mit dem Zeppelin“ geplant, um „Propaganda für die Schnelligkeit einer Reise mit dem Zeppelin“ zu machen. Dies wurde allerdings durch die Katastrophe um das Luftschiff „Hindenburg“ in Lakehurst 1937 vereitelt. (Day 2004, S. 150f. Vorher schon Kirchberg 1984, S. 91)