PR-Instrumente und ihr rennsportbezogener Einsatz bei Mercedes-Benz

Zentrale Pressearbeit

Abb.: Die Rekorde wurden durch Pressearbeit und Anzeigen begleitet. Das Foto zeigt eine Anzeige, die PR-Funktionen erfüllt. Sie thematisiert einen Rekord von Rudolf Caracciola vom 28.1.1938. Urheber: Daimler. Das historische Dokument wird auf mehreren Websites verwendet, z.B. https://www.mercedes-seite.de (Abruf am 30.4.2019), https://www.motor-talk.de u.a.

Der „Pressedienst“ einschließlich Hintergrundberichte wie auch der „Werksnachrichtendienst“ von Daimler-Benz wurden – dies legen die Quellen nahe – sehr professionell erstellt.1 Der Chef der literarischen Abteilung war im Übrigen mit mehreren wichtigen Journalisten „befreundet“. Generell wurden die Präsenz in der Hauptstadt und der persönliche – im Vergleich zum telefonischen oder schriftlichen – Kontakt zur Presse (z.B. bei Richtigstellungen) als sehr wirksam eingeschätzt. (Day 2004, S. 106f.)

Zur Wirkung der Pressearbeit von Mercedes-Benz liegen aber durchaus unterschiedliche Zeugnisse vor: Einerseits bewunderten die „Späher“ des Konkurrenten Auto Union, dass es „MB“ gelungen war, die ablehnende Haltung der Presse gegenüber der „sehr anmaßenden Art von MB“ 1935 in eine „absolut MB-freundliche Einstellung“ zu ändern. Andererseits glaubte Daimler-Benz nach der Automobilausstellung 1936 erkennen zu müssen, dass „90 % hinausgeworfenes Geld“ seien. (Day 2004, S, 106f.)

Der Autobauer versuchte auf Konzernebene, die Qualität der Pressearbeit zu erhöhen und den Aufwand dafür zu verringern. Quasi nach der Devise „Weniger ist mehr“ sollte erstens das Pressematerial reduziert und durch „Komprimierung auf wenige, einfache Information Klarheit“ geschaffen werden. Die PR-Leute waren „nicht daran interessiert, dass die Presse die fertigen Texte vollständig übernahm“. Zweitens verlegte man sich auf eine „Strategie der konzentrierten Pressepflege“, das heißt auf „wenige führende Journalisten im Sinne einer individuellen ‚Bearbeitung“ und ‚Führung‘“. (Day 2004, S. 108)

Lokale und bildliche Pressearbeit

Die lokalen Vertragshändler übergaben den örtlichen Journalisten bzw. lokalen Medien „Presseinformationen mit Lebensläufen von Rennfahrern, Beschreibungen von Rennwagen und Bildmatern – eine Methode, die Auto Union ebenfalls von Daimler-Benz abgeschaut hatte.“ (Day 2004, S. 109)

Daimler-Benz verfügte über einen „werkseigenen Fotodienst“. Dieser stellte zunächst „kostspielige(n) Bildmappen“ zur Verfügung, die dann ersetzt wurden durch „illustrierte Fotokataloge nach dem Vorbild der Maternverzeichnisse, aus denen die Journalisten eine Auswahl treffen konnten“. Die Pressearbeit der Auto Union hingegen baute bezüglich visueller Zusatzmaterialien auf Kooperation mit einer journalistischen Institution: Der Scherl-Bilderdienst machte von Trainings und Rennen Fotos und vertrieb diese „über das Agenturnetz von Scherl“. (Day 2004, S. 108)

Kommunikation der Rennsport-Siege

Abb.: Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz 1937 (Masarykův okruh). Fotograf: unbekannt. Aus: Magazine Pestrý týden, Vol. 12 (1937), No. 40 (2.10.1937), S. 10. Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei).

Am meisten hoffte jeder Autokonzern auf eigene Siege. Besonders eindrucksvoll gerieten „Doppelsiege“ wie der von Mercedes im „Großen Preis von Deutschland“ 1937 auf dem Nürburgring: „Rudolf Caracciola und Manfred von Brauchitsch an erster und zweiter Stelle“, „Mercedes vor Auto Union“ (Day 2004, S. 293).

Als zweiter Schritt ging es darum, solche Siege für das eigene Markenimage auszudeuten: wiederum mit Pressemitteilungen, Bildmatern und Fotos. Dies geschah nicht unbedingt fair, aber strikt auf die eigene Marke bezogen: „Die Konkurrenz wurde negiert, die Konturen der Markenzeichen von Auto Union oder Alfa Romeo (…) wurden verwischt.“ Alle verfügbaren Akteure und Formate hatten an einem Strang zu ziehen: Die Belegschaft der Daimler-Benz-Werke Untertürkheim wurde dazu von den Rennfahrern besucht. „Auch die Händler und Werkstätten sollten als Multiplikatoren der freudigen Botschaft fungieren“, dazu wurden Rundschreiben verschickt. (Day 2004, S. 295-297)

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Einigen Pressematerialien lagen auch „reproduzierbare Schwarz-Weiß-Matern als Druckvorlage“ und „Layoutvorschläge für den Abdruck in Zeitungen“ bei. (Day 2004, S. 104) Der Werksnachrichtendienst war offensichtlich ein Pressespiegel, denn: Er wurde von Lektoren in Stuttgart erstellt, die „täglich 50 Zeitungen“ durchsuchten. „Weitere 50 deutsche Zeitungen wurden von einem externen Ausschnittdienst ausgewertet. Gesichtet wurde nach den Kategorien Sport und Touristik, Automobilwirtschaft, gesetzgeberische und soziale Maßnahmen und Kraftfahrzeugverkehr. Erfasst wurden Aufmachung, Länge der Artikel, die Einstellung zum Konzern und die Benutzung der Texte und Fotos des Mercedes-Benz-Pressedienstes.“ (Day 2004, S. 106, unter Zitierung eines zeitgenössischen Dokumentes)