Organisation der Öffentlichkeitsarbeit in zwei Autokonzernen I
Organisation der allgemeinen und rennsportbezogenen PR des Unternehmens Auto Union
Institutionalisierung der PR
Was wir heute als Public-Relations- oder Öffentlichkeits-Arbeit bezeichnen, war in dem 1933 gegründeten Unternehmen „Auto Union“ gemeinsam mit kommerzieller Werbung in dem Ressort „Werbung, Nachrichten, Sport“ (WNS) in Chemnitz aufgehoben. Als Ressortchef wird „der dem Vorstand direkt zugeordnete Dr. jur. Richard Voelter“ benannt (Kirchberg 1984, S. 20).
Auch der Rennstall hatte sich dieser Abteilung unterzuordnen, was die kommunikative und absatzfördernde Funktion des Rennsports belegt. Die Rennabteilung – anfangs hieß sie „Rennwagenversuchsabteilung“ (Kirchberg 1984, S. 16) – war also insgesamt dem Sektor WNS unterstellt, bei technischen Grundsatzfragen und Finanzangelegenheiten bedurfte es allerdings der Zustimmung von Direktor Werner bzw. Dr. Bruhn. (Kirchberg 1984, S. 20, auch 156. Vgl. auch Day 2004, S. 104)
Allerdings gibt es in den Quellen eindeutige Belege dafür, dass es bei Auto Union (auch) eine „Abteilung Propaganda“ gegeben hat.
Diese Bezeichnung war im frühen 20. Jahrhundert für – heute würde man sagen: – integrierte bzw. systematische Kommunikation kommerzieller Unternehmen durchaus üblich. Die Nationalsozialisten mochten es allerdings nicht sonderlich – so die generelle Erkenntnislage –, wenn der Propaganda-Begriff von Wirtschaftsunternehmen gebraucht wurde.
Aber es gibt keinen Zweifel: In Kirchberg 1984 (S. 61), der viele Originaldokumente zitiert bzw. bildlich abdruckt, enthält eine Prämienabrechnung für den Fahrer Bernd Rosemeyer vom 29. August 1935 die im Formular eingedruckte Bezeichnung „Abteilung Propaganda“ und in der maschinenschriftlichen Unterschrift „Propaganda-Abteilung“.1 Wie sich diese zu „Werbung, Nachrichten, Sport“ positionierte, muss hier ungeklärt bleiben.
Rennabteilung und kommunikative Aufgaben
Innerhalb der Rennabteilung arbeiteten – neben den Konstrukteuren, Versuchsingenieuren, Schlossern, Handwerkern, Kraftfahrern – auch einige Kaufleute bzw. Bürokräfte sowie Ulrich Bigalke, „Reiseleiter und Reporter“. (Kirchberg 1984, S. 17-20) „Reporter“ war hier nicht im journalistischen Sinne gemeint, sondern als technisches Reporting. Bigalke verfasste seit Sommer 1935 Rennberichte, die aber nur internen Charakter trugen:
Sie dienten zur Information der Unternehmensleitung und – dies in erster Linie – als Versuchsberichte. Derlei Ausführungen waren bis dato ausschließlich dem blumigen Jargon der Sportreporter vorbehalten. Sie sind hier nun in der nüchternen Sprache des Technikers zu lesen und offenbaren sich als ein getreuer Spiegel des Standes der Kraftfahrzeugtechnik ihrer Zeit: In der Genauigkeit und Detailfülle ebenso wie im Pragmatismus und der noch der Alltagssprache verhafteten Terminologie. Statt Beschleunigung sagte man noch An- bzw. Abzug. Begriffe wie Über- bzw. Untersteuern waren noch völlig ungebräuchlich, sie gab es noch gar nicht.
(Kirchberg 1984, S. 55)
Obwohl also die eigentliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht innerhalb der Rennwagenabteilung institutionalisiert war, abonnierte man – aber im bescheidenen Ausmaß – Zeitschriften. 1935 durften es zwei sein, die von der Abteilung Propaganda der Auto Union bewilligt wurden: die Automobil-Revue aus Bern und Motor und Sport aus Pössneck. (Kirchberg 1984, S. 47)