Ziele und Akzeptanz kommunaler Öffentlichkeitsarbeit

Grundverständnisse

Abb.: Zitat aus der Zeitschrift des Städtetages, 1928, Nr. 5, Sp. 549.

Der damalige Oberbürgermeister von Magdeburg, Ernst Reuter, offenbarte 1931 ein sehr weit gehendes Demokratieverständnis: „Eine städtische Pressestelle ist (…) heute nicht mehr nur als eine Einrichtung für die Bedürfnisse der Verwaltung geschaffen worden, sondern ist eine Einrichtung, die für die Bedürfnisse der Öffentlichkeit zu arbeiten hat (…) Eine städtische Pressestelle soll nichts anderes sein als ein Hilfsorgan für die Öffentlichkeit, damit diese jederzeit all die Informationen erhalten kann, die sie unbedingt benötigt und auf die sie einen berechtigten und legitimen Anspruch besitzt“. (Zitiert nach: Müller 1980, S. 168f.)

Demokratische Prinzipien waren in den verschiedenen Verwaltungen durchaus unterschiedlich ausgeprägt. Nach dem Sturz der Monarchie 1918 hatte die Verwaltung nicht von heute auf morgen ihre Gesinnung ausgetauscht1, zumal sie trotz veränderter Staatsform im Wesentlichen unverändert blieb. (Im traditionellen deutschen Verständnis hat Verwaltung über den Parteien zu stehen, und das starke Berufsbeamtentum baute seine Rolle sogar noch aus.2) Hier und da wirkten auf Verwaltungsseite auch schlechte Vorbilder aus der staatlichen Pressebeeinflussung der Kaiserzeit (Bismarcks Reptilienfonds, System Hammann) nach.3

Zugleich führten auf Journalistenseite Erinnerungen daran in der Revolutions- und nachrevolutionären Zeit auch zu radikalen Positionen, die Staat und Verwaltungen das Recht zu jeglicher Öffentlichkeitsarbeit absprachen.4

Redakteure und Verleger erkannten aber spätestens 1926 die kommunalen Presse- und Nachrichtenämter als zeitgemäße Vermittler zwischen städtischer Verwaltung und Öffentlichkeit an.5

Auswahl konkreter Aufgaben

Da die Reichsverwaltung ständig expandierte, ihre Zuständigkeiten ausweitete, es aber keine „ständige Gesprächsverbindungen“ zwischen Städten und Reich gab, „waren die Kommunen unbedingt darauf angewiesen, Öffentlichkeit herzustellen (…)“. Es galt, „den Bürgern die schwierige Position der Gemeinden zwischen Reich und Ländern immer wieder zu verdeutlichen.“ Auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet „ergaben sich auch wegen heftiger und durchaus wirkungsvoller städtefeindlicher Kampagnen seitens der privatwirtschaftlichen Interessenverbände und der Finanzwelt fortwährend besondere publizistische Herausforderungen. In den ersten Jahren der Weimarer Republik bemühten sich viele Kommunen, ihrer Wirtschaftsbetriebe stärker als zuvor nach ökonomischen Gesichtspunkten zu verwalten (…)“. (Bonte 1997, S. 27-29).

Den „dauernden scharfen Attacken gegen die Großstadt als Brennpunkt anhaltender wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche“ galt es konstruktiv zu begegnen. Der „merkliche Abstand zwischen professionalisierter Ortsverwaltung und Einwohnerschaft“ musste kommunikativ überbrückt werden. (Bonte 1997, S. 138) Die Kommunen nahmen eine wichtige Rolle bei der „staatsbürgerlichen Erziehung“ im demokratischen Staat ein, sie hatten „Aufklärung über volkswirtschaftliche, soziale, rechtliche, lokalhistorische, künstlerische und ähnliche Fragen“ zu leisten (Schöne 1928a, S. 150).

Aus der in den 1920er-Jahren noch zunehmenden „Stadtplanungseuphorie“ (Roth/Wollmann 1994, S. 11) ergaben sich ebenfalls viele konkrete Aufgaben für kommunale Öffentlichkeitsarbeit. Da das Lokale als Themenfeld bzw. Ressort in der deutschen Presse weiter expandierte (vgl. Jonscher 1991, S. 87f.), bedurfte es in den Verwaltungen kompetenter Pressearbeiter.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Z. B. Groth 1928/29, II-348.

2 Vgl. Kühr 1993, S. 5f.

3 Vgl. Müller 1975, S. 18; Gebhardt 1994; Schöne 1928a, S. 143.

4 Vgl. Schmidt 1921, S. 12ff.; Friede 1918/1919; Schöne 1928a, S. 141ff.; auch Cramer 1928, S. 6f.

5 Vgl. Müller 1975, S. 32.