Strukturen und Personal

Bezeichnungen der Ämter1

Abb.: Titel einer Fachpublikation von Cramer aus dem Jahre 1931.

Die Bezeichnungen der Verwaltungsdienststellen für kommunale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit waren sehr vielfältig: Nachrichtenamt/-stelle, Presseamt/-dienst/-stelle/-kommission, Literarisches Büro.2

Schöne empfahl die Bezeichnung danach zu wählen, auf welcher Entwicklungsstufe „der Organisation des kommunalen Nachrichtendienstes“ sich die Dienststelle befand:

  • Erste Stufe: „gewissermaßen nichts weiter als ein Briefkasten der Verwaltung, der die ihm übermittelten Pressenotizen aufnimmt und an die einzelnen Zeitungen übermittelt“.
  • Zweite Stufe = „Nachrichtenamt“: „es wird versucht, die einzelnen Verwaltungszweige und -betriebe zur Herausgabe von Nachrichten zu bewegen, um dem Informationsbedürfnis der Presse soweit wie irgend möglich entgegenzukommen“.
  • Dritte Stufe = „Presseamt“: Geleitet von einem journalistisch Erfahrenen, der über alle Verwaltungsfragen unmittelbar und genau unterrichtet ist, zu einem selbstständigen Urteil gelangt, als journalistischer Berater der Verwaltung auftritt und dauernde, persönliche Fühlung mit der Presse hält. (Schöne 1927, S. 1063f.; vgl. auch Groth 1928/1929, II-354f.; hingegen: Herbst 1925, S. 101)

Meist erfolgte die Benennung aber nach Gutdünken.

Die Nachrichten- und Presseämter waren allerdings nicht die einzigen Subjekte kommunaler Öffentlichkeitsarbeit in den Verwaltungen. Daneben betätigten sich vielerorts das Statistische Amt3 und vor allem das so genannte Verkehrsamt publizistisch, aus Letzterem entstand bzw. sonderte sich mitunter ein spezielles Wirtschaftsamt (Amt für Wirtschaftsförderung) für die Standort-PR (Ansiedlungswerbung u. Ä.) ab.

Personelle Besetzung

Von den 1927 in Städten über 50.000 Einwohner existierenden 65 Presse- und Nachrichtenstellen waren 52 selbstständige Ämter (also nicht mit anderen Ressorts gekoppelt). „Das Dezernat für das Presseamt wird in den meisten Fällen vom Oberbürgermeister selbst geführt.“ (Schmahl 1928, S. 33 und 36)

Die Leiter von 15 Ämtern stammten aus der Journalistenlaufbahn, die gleiche Zahl besaß volkswirtschaftliche Vorbildung, 8 waren Juristen und je 7 höhere und mittlere Verwaltungsbeamte. In den Großstädten über 200.000 Einwohnern fanden sich die Journalisten am zahlreichsten vertreten.

Eine Beachtung verdienen das Selbstverständnis und der wissenschaftliche Hintergrund prominenter kommunaler Öffentlichkeitsarbeiter aus den Zwanzigerjahren.4

  • Der Leiter des Leipziger Nachrichtenamtes Walter Schöne war zugleich ein wichtiger früher deutscher Zeitungswissenschaftler, er habilitierte 1922 in Leipzig als Zweiter seines Faches und schrieb das erste Lehrbuch der Disziplin. Schöne trat auch mit statistischen und historischen Arbeiten hervor.
  • Richard Herbst, Direktor des Erfurter Nachrichtenamtes und Gründungsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft städtischer Nachrichten- und Presseämter, hatte 1914 an der Universität Leipzig mit einer sozialstatistischen Arbeit promoviert, die u. a. auch vom Zeitungswissenschaftler Karl Bücher begutachtet worden war.
  • Conrad Schmidt, der als Erster über kommunale Öffentlichkeitsarbeit 1921 in Leipzig promovierte, arbeitete im Magdeburger Presseamt. In seiner Dissertation redete er einer gleichberechtigten Zusammenarbeit von Verwaltung und Presse bei Wahrung gegenseitiger Unabhängigkeit das Wort.5

Berufsständische Zusammenarbeit und Reflexion

Abb.: Kopf der Zeitschrift des Deutschen Städtetages.

Die kommunalen Öffentlichkeitsarbeiter organisierten sich 1921 in der Arbeitsgemeinschaft städtischer Nachrichten- und Presseämter. Dieser Verband führte mehrere Tagungen durch und tauschte Informationen sowie Erfahrungen aus. Vor allem versuchte er, eine exponierte Stellung des Presseamtes und seines Leiters innerhalb der jeweiligen Verwaltungsstruktur durchzusetzen und auf journalistische Ausbildung bzw. Erfahrung des Leiters zu dringen.6

Auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft richtete der Deutsche Städtetag – die Spitzenorganisation deutscher Kommunen – schließlich 1927 einen Presseausschuss ein7 und gab 1928 die Devise aus: „Für die Leitung des Nachrichtendienstes ist der beste Mann gerade gut genug!“ (Zit. nach: Schmahl 1928, S. 34f. Im Orig. hervorgehoben – T. L.)

Die 1920er Jahre bildeten zugleich eine „Hoch-Zeit“ der Reflexion über kommunale Öffentlichkeitsarbeit. In kommunalpolitischen und journalistischen Fachzeitschriften erschien eine große Anzahl an Artikeln darüber. Einen Höhepunkt der Diskussion bildete die Vorbereitung der Medien-Ausstellung PRESSA 1928 in Köln, an der sich der Deutsche Städtetag mit einer Sonderexposition und die Arbeitsgemeinschaft Städtischer Nachrichten- und Presseämter mit einer Kollektivausstellung beteiligten. Dazu erschien Sonderheft (1928).

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Darstellung nach Liebert 1995 und 1996/2003.

2 Vgl. Bader 1928; Schmahl 1928, S. 30; Groth 1928/1929, II-353.

3 Vgl. u. a. Herbst 1925, S. 99.

4 Vgl. auch: Städtetag 1928, S. 657f.; Cramer 1928, S. 8.

5 Vgl. Schmidt 1921, u. a. S. 83.

6 Müller 1975, S. 30f.

7 Müller 1975, S. 27ff.