Bundeswehr/Wiederbewaffnung
Gründungsgeschichte der Bundeswehr
Ursachen der westdeutschen Wiederbewaffnung nach dem Zweiten Weltkrieg
1945 wurde Deutschland von den Besatzungsmächten im Potsdamer Abkommen eine strikte Entmilitarisierung auferlegt. Bei den Deutschen selber war die Akzeptanz von eigenen Streitkräften unter dem Eindruck des verlorenen Kriegs fast auf den Nullpunkt gesunken. „Nie wieder Krieg!“ und „Nie wieder Militär!“ lauteten die Parolen.1
Doch die welt- und deutschlandpolitische Lage änderte sich.2 Ab 1946/47 entstanden unter den Siegermächten über Hitlerdeutschland zunehmend Spannungen, die zum „Kalten Krieg“ zwischen den Westalliierten und der UdSSR – und damit zum die nächsten Jahrzehnte prägenden Ost-West-Gegensatz – führten. 1948 forderten die Amerikaner und Briten erstmals einen westdeutschen Beitrag zur Verteidigung Westeuropas. Auch in Deutschland selbst bröckelte der katastrophenbedingte Konsens von 1945, weltanschaulich-politische Gegensätze brachen auf und die deutsche Teilung vertiefte sich. Die westliche Trizone, also die amerikanische, englische und französische Besatzungszonen, formierte sich am 23. Mai 1949 zur Bundesrepublik Deutschland. Der Kanzler der westdeutschen Bundesrepublik Konrad Adenauer sprach bereits 1949 über NATO-Beitritt und Wiederbewaffnung.
Zu Beginn des Koreakrieges (25. Juni 1950) griff Adenauer die Idee, eine „Europa-Armee“ zu schaffen, auf. Über die Beteiligung der Bundesrepublik an der westeuropäischen Verteidigung sah er die Chance, zu einem gleichberechtigten Partner in einem integrierten Westeuropa zu werden. Adenauer war der Meinung, eine neue (west-) deutsche Armee sei notwendig, um den Westen und seine Demokratie zu schützen, so vor tatsächlichen und vermeintlichen Militarisierungsbemühungen in der ostdeutschen DDR3, und damit mehr Stabilität und Stärke der Demokratie zu erreichen.
Aus dieser Idee entstand ein westdeutscher Verteidigungsbeitrag. Am 26. Oktober 1950 berief Adenauer Theodor Blank4 zum Beauftragten des Bundeskanzlers für „die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“, wie es verschleiernd hieß.5 Aus diesem so genannten Amt Blank entstand am 7. Juni 1955 das Bundesministerium der Verteidigung. Die Arbeit des Amts Blank diente der Aufstellung westdeutscher Streitkräfte und somit der Wiederbewaffnung. Die NATO-Staaten, zunächst mit Ausnahme Frankreichs, stimmten einer Rekrutierung westdeutscher Soldaten zu. Damit stand Westdeutschland der Weg zur Wiederbewaffnung offen.6
NATO-Beitritt und Aufbau der Bundeswehr
Die Londoner Neunmächtekonferenz beschloss den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Westeuropäischen Union und damit zur NATO sowie die Aufstellung eigener deutscher Streitkräfte. Im Rahmen der Pariser Verträge wurde Deutschland zum 9. Mai 1955 neues Mitglied der NATO. Damit war eine wesentliche Rahmenbedingung geschaffen, die die Bundeswehr bis heute prägt: Die Integration in internationale Bündnisse, wie z. B. die NATO und die EU, ist ein wesentliches politisches und militärisches Strukturmerkmal der Bundeswehr. Von Anfang an wurde sie als Armee in Bündnissen konzipiert und strukturiert.
Nach dem NATO-Beitritt begann der eigentliche Aufbau der Bundeswehr, die bis dahin noch keinen Namen trug. In zeitgenössischen Dokumenten wurde sie als „neue Wehrmacht“ bezeichnet. Der 12. November 1955 gilt als Gründungstag der Bundeswehr. Dieser Tag wurde bewusst gewählt, denn es war der 200. Geburtstag des großen preußischen Heeresreformers Gerhard von Scharnhorst, der sich um die preußische Heeresreform von 1807 bis 1813 verdient gemacht hatte. An diesem Tag überreichte Theodor Blank den ersten 101 freiwilligen Soldaten ihre Ernennungsurkunde. Anfang des folgenden Jahres 1956 wurden die ersten drei Standorte in Betrieb genommen und insgesamt 1.000 Soldaten dort stationiert.
Schwerpunkte der folgenden Darstellung
Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Pressetätigkeit und die Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der eigenen, bundesdeutschen Bevölkerung. Akzeptanz für die Wiederbewaffnung zu schaffen, war ein politisch, moralisch und sozial gewagtes wie einschneidendes Vorhaben. Ähnlich wie die PR für die Soziale Marktwirtschaft handelte es sich um Kommunikationsarbeit mit gesellschaftspolitischer Zielrichtung, was für die PR-Geschichte der frühen Bundesrepublik typisch war.7
Außer Betracht bleiben im Folgenden die „Psychologische Kampfführung“ (PSK) der Bundeswehr insbesondere gegen die ostdeutsche NVA und verwandte Aktivitäten gegenüber der DDR-Bevölkerung, wie Flugblattaktionen mit Ballons, getarnte Zeitungen, Weihnachtskarten mit politischen Botschaften u. Ä.8
Anmerkungen
2 Vgl. dazu u. a. Molt 2007, S. 19ff.
3 Dazu u. a. Molt 2007, S. 22.
4 Zur Biografie von Blank: http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/BlankTheodor/index.html
5 U. a. Molt 2007, S. 92. Und: http://www.dw.de/dw/article/0,,1604620,00.html
6 Dieses Kapital fußt auf allgemein- und militärgeschichtlichen Darstellungen, u. a. im Internet, z. B.: http://www.hdg.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/JahreDesAufbausInOstUndWest/Wiederbewaffnung/ ; http://www.wurzelzieher.de/Geschichte_der_Bundeswehr/Die_ersten_Jahre__38_358211_59_Jahre_des_Aufbaus.aspx
8 Zur PSK Diesener/Gries 1996, S. 213-234, insbesondere 215. Vgl. auch S. 113ff. und 235ff. Auch Schindelbeck 1998.
Bildnachweis für Beitragsfoto (ganz oben): Verteidigungsminister Theodor Blank (in Zivil) vor dem ersten Düsenjäger der Bundeswehr am 26. September 1956. Foto: Zentralbild. Quelle: Bundesarchiv Bild 183-41611-0001, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/