Friedrich Mörtzsch

Einleitung

Ingenieur und Kommunikator

Abb.: Titelseite des PR-Buches von Friedrich Mörtzsch 1956.

Friedrich Mörtzsch, von Hause aus eigentlich Ingenieur, leistete einen wichtigen, bislang noch unterschätzten Beitrag zur Entwicklung deutscher Public Relations in der Nachkriegszeit. Die Zeitgenossen sahen ihn aber durchaus als „Pionier der Meinungspflege in der deutschen Industrie“ (Der Spiegel 1960). Aber auch unabhängig von seiner Rolle in der PR-Geschichte verkörperte er eine interessante Persönlichkeit. Als Techniker und Geschäftsführer, Fachautor und Schriftsteller, Journalist und Filmexperte, Verbandsvertreter und Pressearbeiter übte er einen beruflichen „Mix“ aus, der in vielen dieser Konstellationen als unvereinbar oder zumindest ungewöhnlich gilt. Über sein Leben und Werk gibt es bislang keine adäquate Abhandlung, nur kurze biografische Darstellungen und punktuelle Informationen.

Als Leiter der Presse- und Public-Relations-Abteilung – oder wie es in Der Spiegel 1960 hieß: „Prokurist und Pressechef“ – der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) und durch seine Buchpublikation von 1956 unter dem Titel Offenheit macht sich bezahlt ist es Mörtzsch gelungen, in Praxis und (Praktiker-)Theorie der PR Spuren zu hinterlassen. Komprimiert sind seine Erfahrungen u. a. in den zehn Fragen der Public Relations.

Weiterhin war Mörtzsch 1958 Mitbegründer der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) und kurzzeitig ihr Zweiter Vorsitzender. Insgesamt hat Mörtzsch wesentlich zur Etablierung moderner PR in der Nachkriegszeit in (West-) Deutschland beigetragen.1

Amerikanische Inspirationen und PR für Technik

Dabei war Friedrich Mörtzsch – wie auch Carl Hundhausen oder Albert Oeckl – stark vom US-amerikanischen PR-Vorbild geprägt. Hundhausen beispielsweise kannte die USA und die dortige Wirtschafts- und Kommunikationspraxis gut von seinem mehrjährigen Aufenthalt 1926-1931 und einer Reise 1937.2 Mörtzsch verschaffte sich „(a)uf häufigen und ausgedehnten Reisen, die ihn in aller Herren Länder führten“, einen Überblick „über die Leistungen ausländischer Industrien“ auf den Gebieten Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (Mörtzsch 1959, 4. US). Intensiv bereiste er die USA, was er als sehr „lohnend und lehrreich“ empfand (Mörtzsch 1956, S. 9). Allerdings war er sich über Grenzen der Übertragbarkeit amerikanischer Erfahrungen durchaus bewusst:

Ich habe in den USA mit dem Augen eines Deutschen viel Neues auf dem Gebiet der Vertrauenswerbung gesehen. Neues, von dem ich nicht in jedem Fall behaupten möchte, dass es, auf europäische Verhältnisse übertragen, zu den gleichen Erfolgen und Auswirkungen führen könnte.

(Mörtzsch 1956, S. 9)

Dabei machte ihn die persönlich gelebte Verknüpfung von (technischer) Schriftstellerei und Öffentlichkeitsarbeit für ein weites PR-Verständnis empfänglich, das sich nicht auf Unternehmenskommunikation zu konkret-einzelorganisatorischen Zielen verengte. Vielmehr sah Mörtzsch PR-Funktionen für ganze Branchen, den gesamten Technik-Bereich und generell eine moderne Zivilisationsweise, die auf technischen Errungenschaften und Hoffnungen basiert. Die Leitfrage seines Buches von 1956 (S. 9) lautete:

Wie haben die Amerikaner es geschafft, (…) Jung und Alt für die Probleme der Technik, der Industrie und der Wirtschaft zu interessieren? Wie betreiben sie ihre Public-Relations-Arbeit so erfolgreich, dass niemand sich ihrer Einwirkung entziehen kann?

(Mörtzsch 1956, S. 9)

Autor(en): B.G.S.M.T.L.

Anmerkungen

1 Zum allgemeinen Charakter der PR-Geschichte zwischen 1945 und 1958 siehe in: Bentele/Liebert 2005, S. 227f. Dort auch auf S. 234 zur PR-innovatorischen Rolle der Elektroindustrie in der Geschichte generell.

2 Vgl. Lehmig 1997.

 

Bildnachweis Beitragsfoto (ganz oben): Titelseiten zweier Bücher von Friedrich Mörtzsch (insbesondere links PR-Buch von 1956) aus dem Econ-Verlag.