Staatszeitung II (Konzept und Realisierung)
Konzept und Realisierung
Unter Staegemann
Das unmittelbare Konzept für die Staatszeitung 1819 erstellte Friedrich August von Stägemann (oder Staegemann; 1763-1840), der ähnlich wie Varnhagen von Ense ein enger und publizistisch versierter Vertrauer von Hardenberg und der Reformer war.
Allerdings wurde die Staatszeitung nun enger an die Reformverwaltung angebunden, als das Varnhagen 1815 in seinen Konzepten skizziert hatte. Der künftige Leiter des Ministerialblattes Stägemann differenzierte in einen offiziellen (Chronik der Ereignisse, Verordnungen und Bekanntmachungen) und einen nichtoffiziellen Teil (Artikel über In- und Ausland, Verwaltung, Kunst und Wissenschaft). Während die offizielle Abteilung und die Auslandsinformationen rein nachrichtlich gehalten werden sollten, sah der Chefredakteur für die Rubrik Inland auch analytische und Meinungsartikel vor.1
Unter Heun: mehr Journalismus
Nach zwei Jahren holte Hardenberg Stägemann wieder näher zu sich und die Leitung des Blattes ging an Carl Heun (1771-1854), „der unter dem Pseudonym Heinrich Clauren zu den erfolgreichsten Schriftstellern seiner Zeit gehörte“. Damit wechselten die Prioritäten: Stägemann hatte als überzeugter Reformbeamter primär politisch gedacht, Heun hingegen rückte „journalistische Aspekte in den Vordergrund“. Die Administration war aber nicht im erforderlichen Maße bereit, sich journalistischen Eigengesetzlichkeiten unterzuordnen. (Dittmer 1992, S. 79f.)
Das machte es für Heun nicht leichter. Allerdings unternahm Hardenberg 1822 noch einmal letzte Versuche, die Widersprüche zwischen Bürokratie und Zeitung im Sinne eines Kompromisses produktiv zu lösen. Erstens (23. April 1822) schränkte er den offiziellen Teil ein und forderte von den Ministerien mehr aktives Zugehen auf die Redaktion, mehr Bereitwilligkeit zur Information. Zweitens (21. Oktober 1822) wurde nun wieder der „Amtscharakter“ des Blattes betont: Zwar sollten die Tatsachen unverfälscht mitgeteilt werden, aber in ihren Grundsätzen dürfe die Staatszeitung nicht neutral sein.
Hardenberg ging es darum, das Blatt enger an „seine“ Reformverwaltung im Kanzleramt zu binden, um es dem Einfluss der innerbürokratischen Opposition in anderen Behörden zu entziehen. In Bezug auf die Vertretung der Reformpolitik wollte er der Redaktion sogar mehr Offensivität und Entscheidungsspielraum zugestehen.2 Wie schon oft in seinem politischen Leben entschied sich Hardenberg dafür, das Öffentlichkeitsprinzip seinen für richtig befundenen Reform-Zielen unterzuordnen.
Ausblick auf die weitere Entwicklung
Nach Hardenbergs Tod 1822 blieb Heun noch bis Ende 1823 Chef des Regierungsblattes. Sein Nachfolger Karl Ernst John, ein ehemaliger Zensor, tat der Zeitung nicht gut. Erst als diesem 1830/31 Johann Karl Heinrich Philipsborn zur Seite gestellt wurde, ging es dem Blatt bald wieder besser – obwohl es zwischenzeitlich auch aufgrund pressepolitischer Meinungsverschiedenheiten Einstellungsversuche gab.3
Generell sollten die revolutionären Unruhen 1830 und die Revolutionen von 1848/49 die mit dem Namen Metternichs verbundene europäische Restaurationsperiode überwinden und auch für Publizistik sowie staatliche Öffentlichkeitsarbeit neue Chancen eröffnen.
Als weitere Beiträge im PR-Museum empfehlen wir die Darstellungen über Varnhagen von Ense und das Literarische Büro. Insbesondere letzterer Beitrag setzt die chronologische Betrachtung der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit Preußens – konzentriert auf eine wichtige Einrichtung – fort.